Schluss mit lustig – Pflege in München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 22.8.2019
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
In Ihrem Antrag vom 22.8.2019 wird das Referat für Gesundheit und Umwelt gebeten, seine Zuständigkeiten im System und die Ergebnisse seiner Prüfungen in den letzten drei Jahren bei den über 50 Münchner Kliniken und auch die der Pflegesituation in den einzelnen Krankenhäusern darzustellen und zu berichten.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zur Ihrem Antrag Folgendes mit:
Das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) ist für die im Stadtgebiet angesiedelten Kliniken ausschließlich für die im Infektionsschutzgesetz (IfSG) festgelegte infektions-hygienische Überwachung und bei Privatkliniken auch für die Konzessionierung nach § 30 Gewerbeordnung zuständig.
Infektionshygienische Überwachung
Im Rahmen der infektionshygienischen Überwachung nach § 23 IfSG erfolgen durch das RGU sowohl regelhaft als auch anlassbezogen Begehungen der Kliniken im Stadtgebiet, bei denen die Einhaltung der gesetzlichen Hygienevorschriften überprüft wird.
Es existierte bislang keine Instanz, die die Aufgabe bzw. Befugnis einer regelmäßigen Überwachung der Kliniken in Bezug auf die Ausstattung mit qualifiziertem Pflegepersonal hätte.
Gemäß der neuen Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung vom 28.10.2019 besteht zukünftig eine Mitteilungspflicht für Krankenhäuser nach § 7 dieser Verordnung gegenüber den Vertragsparteien nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus. Diese gilt momentan allerdings nur für acht sog. pflegesensitive Bereiche. Eine Unterschreitung der geforderten Personalausstattung kann dann mit Vergütungsabschlägen sanktioniert werden (§ 137i SGB V).
Konzessionierung von Privatkliniken
Die Konzessionierung von Privatkliniken ist in § 30 Gewerbeordnung festgelegt.
Die Erteilung einer solchen Konzession setzt neben anderen Voraussetzungen auch eine ausreichende medizinische und pflegerische Versorgungder Patientinnen und Patienten voraus. Das RGU trägt dieser Anforderung durch entsprechende Auflagen Rechnung und fordert eine hinreichende Ausstattung mit qualifiziertem Pflegepersonal „rund um die Uhr“. Da nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Gewerberecht lediglich Mindestanforderungen beauflagt werden können, sind weitergehende Auflagen insoweit nicht möglich. Der erforderliche Fachstandard sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich wurde durch den Gesetzgeber im sog. Patientenrechtegesetz (§ 630a Abs. 2 BGB) verankert. Ergeben sich objektivierbare Anhaltspunkte für eine Patientengefährdung durch Unterschreitung der Anzahl unabdingbar notwendiger Pflegefachkräfte, werden die erforderlichen Maßnahmen durch das RGU getroffen, sofern der Betreiber selbst keine Abhilfe schafft. Dies kann durch nachträgliche Auflagen geschehen, die beispielsweise den konkretisierten Nachweis des Einsatzes qualifizierten Pflegepersonals in zuvor gefordertem Umfang einfordern, oder durch Eingrenzung des konzessionierten Leistungsspektrums der jeweiligen Klinik, bis hin zu einem Widerruf der Erlaubnis, der im Extremfall ebenfalls möglich ist.
Bayerisches Krankenhausgesetz
Der Vollzug des Bayerischen Krankenhausgesetzes liegt im Zuständigkeitsbereich der dort bezeichneten Staatsministerien und regelt Fragen der Bedarfsnotwendigkeit zu den erforderlichen Krankenhäusern, der staatlichen Förderung und Finanzierung. Hierzu zählt beispielsweise auch die Prüfung des bedarfsgerechten und zweckgebundenen Einsatzes der Fördermittel. Zudem sind im Bayerischen Krankenhausplan besondere „Fachprogramme“ mit strukturellen Qualitätsvorgaben festgelegt, die von den Klinikträgern zu erfüllen und entsprechend nachzuweisen sind. (Fußnote: Derzeit bestehen solche Fachprogramme für die stationäre Versorgung von Risiko-Neugeborenen, die Palliativversorgung in Krankenhäusern, die Akutgeriatrie sowie Zentren und Schwerpunkte in der stationären Versorgung.
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern hat in den Krankenhäusern u.a. den Auftrag, die Qualitätsvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie die Dokumentation zu prüfen (§ 137 Abs. 3 SGB V). Der G-BA hat für bestimmte Bereiche im Krankenhaus (Fußnote: Behandlung des Bauchaortenaneurysmas, Kinderherzchirurgie, minimalinvasive Herzklappeninterventionen, Positronenemissionstomographie zur Behandlung des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms, Protonentherapie beim Rektumkarzinom, Versorgung von Früh- und Reifgeborenen, Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit hämato-onkologischen Krankheiten), die besonders qualifiziertes Personal und eine bestimmte Ausstattung erfordern, Qualitätsvorgaben bzw. Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festgelegt. Nur Kliniken, die entsprechend ausgestattet sind und vorgehen, dürfen die betreffenden Leistungen auch weiterhin erbringen. Diese Prüfungen durch den MDK finden sowohl angekündigt, als auch unangekündigt statt.
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz
Mit dem „Pflegepersonal-Stärkungsgesetz“, das zum 1.1.2019 in Kraft getreten ist, hat das Bundesgesundheitsministerium mit einer Rechtsverordnung verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen zunächst für vier pflegesensitive Bereiche der Intensivmedizin, Geriatrie, Unfallchirurgie und Kardiologie festgelegt. Die dort getroffenen Festlegungen gehen bereits über die im Rahmen der Konzession möglichen Mindestforderungen hinaus. Ab 2020 sollen für vier weitere Bereiche Personaluntergrenzen gelten: Herzchirurgie, Neurologie, Stroke-Units sowie für die Neurologische Frührehabilitation. Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege soll ferner ein wissenschaftlich fundiertes Pflegepersonalbemessungsinstrument entwickelt werden, das künftig den Pflegepersonalbedarf eines Krankenhauses für die unmittelbare Patientenversorgung auf allen bettenführenden Stationen ermitteln und die notwendige Pflegepersonalausstattung festlegen soll. Inwieweit hierin künftig auch behördliche Überwachungsaufgaben verankert werden bzw. welchen Behörden diese dann zugewiesen werden, ist derzeit noch nicht abzusehen.
Weiterhin muss bis zur Kenntnis der künftigen Fassung des Gesetzes offen bleiben, ob dessen Regelungen zumindest in den Konzessionsbescheiden für Privatkliniken für eine weitere Konkretisierung der Konzessionsauflagen herangezogen werden können.
In jedem Fall wird der Erlass des „Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes“ als Verbesserung in der stationären Versorgung gesehen und seitens des RGU ausdrücklich begrüßt.
Landesamt für Pflege
Das im Jahr 2018 gegründete Landesamt für Pflege (LfP) hat keine Prüfzuständigkeit für die Kliniken. Das Landesamt bündelt Aufgaben, die bisher auf verschiedene Stellen verteilt waren und nimmt neue Aufgaben wahr.
Aufgaben des Landesamtes für Pflege sind z.B.:
-Vollzug des Bayerischen Landespflegegeldgesetzes (BayLPflGG)
-Förderung und Koordinierung der Hospiz- und Palliativversorgung, Aufbau eines Zentrums für Hospiz- und Palliativversorgung
-Umsetzung der Bayerischen Demenzstrategie mit Demenzagentur und Demenzfonds
-Unterstützung der Umsetzung des Pflegeberufereformprozesses. Hierzu gehören Themen wie Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Pflege sowie Fragen der hochschulischen und nicht-hochschulischen Ausbildung
-Verfahrensbeteiligung in den Verhandlungen zu den Pauschalbudgets der Pflegeschulen sowie der Träger der Praktischen Ausbildung nach§ 30 Pflegeberufegesetz (PflBG). Einrichtung der Geschäftsstelle der Schiedsstelle nach § 36 PflBG am LfP.
-Fachliche Steuerung der Entbürokratisierung in der Pflege (im Zuge des „Bayerischen Aktionsprogramms Arbeiten in der Pflege“) -Förderung und Konzertierung pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse -Förderung von Innovationen, Projekten sowie Digitalisierung
Das Landesamt für Pflege ist z.B. für verschiedene Förderverfahren und Förderprogramme zuständig:
-Investitionskostenförderung in Kurzzeit- und Langzeitpflegeplätze, Förderrichtlinie Pflege (WoLeRaF)
-Bayerischer Hebammenbonus
-Bayerische Hebammen-Niederlassungsprämie
-Förderverfahren Pflegestützpunkte
-Förderung der Angebote zur Unterstützung im Alltag
-Fachstellen für pflegende Angehörige
-Förderung des Aufbaus und Einrichtung regionaler Fachstellen für Demenz und Pflege
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.