Kreislaufwirtschaft 4: Kunststoffbeschaffung bei der LH München
Antrag Stradtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 20.11.2019
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Antrag vom 20.11.2019 fordern Sie, dass die Stadt künftig bei der Beschaffung von Kunststoffartikeln und Artikeln mit Kunststoffverpackungen darauf achtet, dass Kunststoff grundsätzlich vermieden wird, Artikel mit weniger oder ohne Kunststoffverpackung, wie zum Beispiel PET, bevorzugt und Produkte mit oder aus Mischplastik vermieden werden.
Sie beantragen die Umsetzung verschiedener Vorschläge und Forderungen und formulieren Anliegen an die Verwaltung, die sich auf Zuständigkeiten und Ausführungen bei der Beschaffung sowie auf das Zusammenwirken von dezentralen Bedarfs- und zentralen Vergabestellen beziehen.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Zu Ihrem Antrag vom 20.11.2019 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Die Landeshauptstadt München muss als öffentlicher Auftraggeber das engmaschige öffentliche Vergaberecht beachten. Dies speist sich aus vielfältigen Quellen vom Unionsrecht bis zu Verwaltungsvorschriften. Dazu gehören u.a. verschiedene EU-Richtlinien, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV), die Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) und die Vergabe- und Vertragsordnungen.
Gemäß § 97 Absatz 3 GWB können soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe des Vergaberechts, insbesondere im Rahmen der Leistungsbeschreibung, als Zuschlagskriterien oder als Ausführungsbedingungen berücksichtigt werden. Alle Anforderungen müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und zu dessen Auftragswert und dem verfolgten Beschaffungsziel verhältnismäßig sein. Allgemeine Anforderungen an die Unternehmenspolitik sind nicht zulässig.Die Landeshauptstadt München sieht in ihren Vergabeverfahren je nach Ausschreibungsgegenstand eine Vielzahl an sozialen Kriterien und umweltbezogenen Aspekten vor. Die Warenbeschaffung aus Kunststoffen ist unter dem Blickwinkel der umweltfreundlichen Beschaffung zu betrachten. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass für viele Beschaffungen die Auszeichnung mit anerkannten Gütezeichen wie „Der Blaue Engel“, „Nordic Swan“, FSC-Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft etc., gefordert wird. Bei der Warenbeschaffung wird produktorientiert auch verstärkt auf die Vermeidung von Kunststoffen geachtet. Dazu gehören z.B. bei der Vergabestelle 1 (Direktorium) u.a. folgende Regelungen:
-Bei der Beschaffung von Möbeln wird vorgegeben, dass bei der Herstellung kein PVC Verwendung finden darf. In die Vertragsunterlagen wird deshalb explizit die Mindestanforderung aufgenommen: „Die angebotenen Produkte dürfen keine PVC-Bestandteile oder Bestandteile, die unter Verwendung von FCKW hergestellt werden, enthalten.“
-Seit einigen Jahren werden ausschließlich Getränkeautomaten beschafft, die mehrwegfähig sind. Kaffeeautomaten sind grundsätzlich auch zur Benutzung mit „eigener Tasse“ vorgesehen. Der Einkauf von Kapselautomaten wurde bereits vor vielen Jahren eingestellt.
-In Beratungsgesprächen werden die Bedarfsstellen auf die Einsatzmöglichkeiten von Produkten aus recycelten Materialien oder – bspw. im Bereich des Büromaterials – auf Produkte mit Nachfülloption (Textmarker, Korrekturmäuse etc.) hingewiesen. Dadurch ist gewährleistet, dass der Lebenszyklus der Produkte verlängert wird.
Zum Thema der Warenverpackung finden sich bei den Vergaben in den Vertragsunterlagen entsprechende Regelungen, die je nach Warenart die Vermeidung oder zumindest Mehrwegfähigkeit des Verpackungsmaterials zum Ziel hat: „Für die Verpackung der Waren wird die Verwendung umweltfreundlicher Materialien vorgegeben. Folien und entbehrliche Umverpackungen sind zu vermeiden. Die Materialien sollten mehrfach verwendet werden können.“
Sofern sich Einwegverpackungen aus bestimmten Gründen nicht vermeiden lassen, stellen die Vergabestellen Anforderungen an das Verpackungsmaterial: „Sollten Einwegverpackungen aus besonderen Gründen notwendig sein, müssen diese umweltfreundlich (z.B. recyclingfähig) sein.“
Bei der Kunststoffbeschaffung bzw. Verwendung von gut recycelbaren Kunststoffen im Rahmen der Müllgefäßbeschaffung beim Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) geht es nicht nur um Plastikvermeidung, sondern auch um Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Lärmemissionen.Mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 23.11.2005 wurde die Änderung der Abfallsatzungen beschlossen. Im Rahmen der Änderung der Hausmüllentsorgungssatzung wurde beschlossen, dass im Laufe der nächsten Jahre schrittweise die alten Großbehälter aus Stahl durch solche aus Kunststoff ersetzt werden. Begründet wurde diese Maßnahme einerseits durch eine preisgünstigere Beschaffung der neuen normierten Behälter, zudem wird den Bedürfnissen des Arbeitsschutzes besser Rechnung getragen, da die Kunststoffbehälter ein deutlich geringeres Gewicht haben (ca. 67 kg pro statt 150 kg) und leichter zu handhaben sind. Die Gefahr von Verletzungen für das Abfuhrpersonal und von Beschädigungen an fremden Rechtsgütern ist wesentlich geringer als bei den alten schweren Stahlbehältern. Außerdem handelt es sich hierbei auch um eine effektive Lärmschutzmaßnahme, da sowohl beim Bewegen als auch bei der Entleerung geringere Lärmemissionen auftreten. Neben den reinen Beschaffungskosten besteht ein weiterer Vorteil der DIN-Behälter aus Kunststoff darin, dass bei den Mülleinsammelfahrzeugen eine in der Anschaffung und im Unterhalt preiswertere, weil weniger störanfällige und vom Gewicht leichtere DIN-Tonnenschüttung eingesetzt werden kann.
Defekte bzw. altersbedingt ausrangierte Müllbehälter werden über einen bestehenden Rahmenvertrag mit externen Firmen einer stofflichen Verwertung zugeführt.
Bei der Neubeschaffung von grauen Restmüllbehältern aus Kunststoff wird in den künftigen Vergabeunterlagen ein Recyclatanteil von mindestens 80 Prozent aufgenommen. Bei den braunen Biomülltonnen und blauen Papiertonnen kann aufgrund der noch nicht einzuhaltenden Farbechtheit derzeit noch kein Recyclatanteil gefordert werden. Dies wird jedoch weiterhin vom AWM beobachtet.
Plastikvermeidung und Plastikreduzierung bei der Warenbeschaffung beginnt bei der Bedarfsprüfung. Um Optimierungspotenzial ausschöpfen zu können, findet ab März 2020 in regelmäßigen Abständen ein Schulungsangebot zum Thema „Nachhaltige Beschaffung“ statt. Zielgruppe der Schulung sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bedarfs- und Vergabestellen aller städtischer Referate, die für die Bestellungen von Verbrauchsgütern des täglichen Dienstgeschäftes verantwortlich sind. Ziel der Schulung ist es, den Beschäftigten Wissen und Kompetenz zu vermitteln, um zukünftig ökologische und soziale Aspekte beim städtischen Einkauf stärker berücksichtigen zu können.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.