Was unternimmt die Landeshauptstadt München gegen Raser und PS-Poser?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Prof. Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (FDP-Fraktion) vom 14.1.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Zwischen Odeonsplatz und Münchner Freiheit (Ludwig-, Leopold-, Brienner Straße) so
wie entlang des Mittleren Rings, auf der Chiemgaustraße, gibt es das Phänomen der ,Autoposer‘. Lautstarke Beschleunigungsvorgänge von offensichtlich getunten Fahrzeugen stören Fußgänger und Anwohner. Ein Großteil dieser Kfzs verfügt über Auspuffanlagen mit Klappentechnik und Steuerungsgerät, die bei offenen Klappen extrem laut sind. Für neue Fahrzeugtypen gelten seit 2016 strengere EU-Geräuschgrenzwerte. So soll das Fahrgeräusch bis zum Jahr 2026 schrittweise auf eine Lautstärke von 68 Dezibel gesenkt werden. Der TÜV prüft bei seinen Hauptuntersuchungen nicht das Fahr-, sondern nur das Standgeräusch vgl. https://www.merkur.de/lokales/muenchen/maxvorstadt-ort43329/muenchen-ferrari-porsche-maserati-autoposer-odeonsplatz-muenchner- freiheit-luxusautos-laerm-13430212.html.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen zu den angefragten Bereichen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des in München für die Kontrolle des fließenden Verkehrs zuständigen Polizeipräsidiums sowie des Referats für Gesundheit und Umwelt wie folgt:
Frage 1:
Wurden im Bereich zwischen Odeonsplatz und Münchner Freiheit (beziehungsweise Ludwig-, Leopold-, Brienner Straße) sowie entlang des Mittleren Rings, auf der Chiemgaustraße, Radar- und Lärmmessungen vorgenommen?
Antwort:
Neben den auf dem Mittleren Ring an zahlreichen Stellen (unter anderem Luise-Kiesselbach-Tunnel, Richard-Strauss-Tunnel, Petueltunnel) installierten stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen wurde auch die Geschwindigkeit in der Chiemgaustraße, am Odeonsplatz sowie in der Ludwig- beziehungsweise Leopoldstraße von der Polizei überwacht. Ins-gesamt wurde im Jahr 2019 in der Chiemgaustraße 28 Mal die Geschwindigkeit gemessen, am Odeonsplatz, der Ludwig- und der Leopoldstraße wurden im gleichen Zeitraum insgesamt 160 Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Für allgemeine Lärmmessungen ist die Polizei nicht zuständig.
Zur Beurteilung der Lärmbelastung durch Straßen- und Schienenverkehr werden grundsätzlich Berechnungen durchgeführt. Messungen des Verkehrslärms führen zu nicht reproduzierbaren und nicht repräsentativen Ergebnissen (Witterungsbedingungen, Verhalten der Autofahrer, Störgeräusche usw.). Mit Messergebnissen können keine nachvollziehbaren Vergleiche erstellt werden. Das Bundesverkehrsministerium hat deshalb bereits vor vielen Jahren, unter anderem auch wegen der Vergleichbarkeit und bundesweiten Gleichbehandlung, für die Beurteilung von Verkehrsgeräuschen die Berechnung der Schallimmissionen nach den Richtlinien „Lärmschutz an Straßen (RLS-90)“ beziehungsweise „Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwe gen – Schall 03“ je
weils auf der Basis von Verkehrsmengen vorgeschrieben.
Die Richtlinien zur Berechnung der Schallimmissionen gehen hinsichtlich der Schallausbreitung von leichtem Wind (ca. 3 m/s) vom Verkehrsweg zum Immissionsort und von Temperaturinversion aus. Dies führt in der Regel zu höheren Beurteilungspegeln als bei Messungen, das heißt die berechneten Schallimmissionen liegen hier zugunsten der Betroffenen auf der sicheren Seite.
Ergänzend ist hier anzumerken, dass zur Beurteilung von Geräuschen über die Zeit gemittelte Beurteilungspegel herangezogen werden und nicht die Spitzenpegel, die bei der Vorbeifahrt einzelner Fahrzeuge erreicht werden. Auch dies ist gesetzlich so vorgeschrieben.
Da Lärmpegelmessungen – wie oben ausgeführt – nicht zu Ergebnissen führen, die aus rechtlicher Sicht geeignet sind, nachvollziehbare Vergleiche zu erstellen und Ansprüche gegenüber Dritten geltend zu machen, werden vom Referat für Gesundheit und Umwelt grundsätzlich keine Verkehrslärmmessungen durchgeführt.
Frage 2:
Wird unnötiger Lärm bei der Fahrzeugnutzung und Lärmbelästigung durch Hin- und Herfahren von PS-Posern innerorts geahndet?
Antwort:
Fahrzeugführer, die durch starkes Beschleunigen beziehungsweise hochtouriges Fahren in niedrigen Gängen Lärm verursachen, werden von der Polizei im Rahmen des Opportunitätsprinzips beanstandet.
Frage 3:
Wie viele Autos wurden in den Jahren 2017, 2018, 2019 sichergestellt, um ein entsprechendes technisches Gutachten einzufordern?
Antwort:
2017: 280 Fahrzeuge
2018: 204 Fahrzeuge
2019: 218 Fahrzeuge
Frage 4:
Welche weiteren Maßnahmen sind in Kooperation mit dem TÜV und dem deutschen Kraftfahrt-Bundesamt geplant, um PS-Posern Einhalt zu gebieten?
Antwort:
Die Kfz-Zulassungsstelle vollzieht Gesetze im übertragenen Wirkungskreis. Sie kann daher nicht eigenmächtig oder eigenständig Maßnahmen ergreifen. Hierzu bedarf es immer einer Gesetzesgrundlage.
Die Zulassungsbehörde der LHSt München ist verantwortlich für die Einhaltung aller gesetzlichen Grenzwerte die Lärmemissionen bei Kraftfahrzeugen verursachen, welche in der Betriebserlaubnis der Fahrzeuge vorgegeben sind oder im Rahmen einer technischen Änderungsabnahme neu beschrieben werden. Hierzu findet im Rahmen der Zulassungsantragsbearbeitung ein reger Austausch mit den technischen Sachverständigen und Prüfern der Über
wachungsorganisationen statt. Insbesondere bei techni-
schen Änderungen an Auspuffanlagen sind die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter hoch sensibilisiert. Die gesetzlichen Vorgaben des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), wonach die Betriebserlaubnis erloschen ist und somit die Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeuges nicht mehr gegeben ist, wenn sich das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert, werden konsequent umgesetzt.
Sollte im Rahmen einer Polizeikontrolle mit anschließender technischer Prüfung in einer Prüfstelle festgestellt werden, dass durch eine technische Veränderung die Grenzwerte nicht mehr eingehalten werden, wird nach vorheriger Anhörung der Betrieb des Fahrzeuges gem. § 5 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) untersagt. Als letztes Mittel kann die angeordnete Betriebsuntersagung zwangsweise, durch Ersatzvornahme durch die Polizei, vorgenommen werden.In den letzten Jahren wurden einige gesetzliche Vorschriften verschärft, die jedoch erst in der Zukunft sukzessive zu einer Reduzierung des Straßenlärms beitragen werden. Näheres dazu kann der Antwort vom 25.3.2019 zum Antrag „Kampf dem Straßenlärm – Stadt soll Initiative gegen laute Auspuffanlagen und Soundgeneratoren ergreifen!“ (Antrag Nr. 14-20/ A04165) entnommen werden.
Darüber hinaus ist in der aktuell diskutierten sogenannten StVO-Novelle eine deutliche Anhebung der Bußgelder für unnötigen Lärm vorgesehen.