Werden auch in München Arztpraxen von Investoren aufgekauft?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 12.2.2020
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Zunächst bitte ich die verspätete Beantwortung zu entschuldigen.
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„(…) Bundesweit arbeiten bereits ca. 19% der Fachärzte, die Kassenpatienten versorgen, als Angestellte von medizinischen Versorgungszentren. Hinter vielen dieser Versorgungszentren stehen Investorenfirmen, teils mit Sitz in Steueroasen. Zahnarztzentren im Besitz von Investoren rechnen ca. ein Drittel höhere Kosten als Praxen in Arztbesitz ab. Die Gefahr ist deshalb groß, dass bei Festpreisen für Gesundheitsleistungen durch ‚Masse‘ Gewinnmaximierung angestrebt wird. Hier geht es aber nicht um ein Produkt, sondern um kranke und pflegebedürftige Menschen. Richtschnur muss es dabei immer sein, zu heilen, zu lindern und nicht zu schaden. (...)
Die AOK fordert Einschränkungen für die Praxisverkäufe, zumindest Transparenz über die Eigentümerstrukturen und deren wirtschaftliche Verflechtungen.
Das Gesundheitsministerium wird zeitnah ein Gutachten zur Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Auftrag geben. Es soll Klarheit über Zusammenhänge zwischen Trägerstrukturen und Versorgungsqualität bringen.
Diese Transparenz und Klarheit zu den Eigentümern und wirtschaftlicher Verflechtungen im Gesundheitswesen ist auch insbesondere in München durch die Stadtverwaltung zu beobachten und darzustellen.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfene Frage beantworte ich wie folgt:
Frage:
Hat die städtische Verwaltung Erkenntnisse über die Trägerstrukturen und deren Auswirkungen auf Qualität und Kosten im Münchner Gesundheitswesen?
Antwort:
Das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) ist sich der Problematik bewusst, die durch die Übernahme von Gesundheitsdienstleistungendurch Privatinvestoren entstehen können. Laut einer Studie wird seit wenigen Jahren in mehreren europäischen Ländern, insbesondere auch in Deutschland eine deutliche Zunahme der Übernahmen von Krankenhäusern, Arztpraxen, medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Pflegeheimen/-diensten durch Investoren beobachtet (Christoph Scheuplein, Michaela Evans, Sebastian Merkel (2019): Takeovers by Private Equity in the German Health Sector. An Assessment for the Years 2013 to 2018. IAT Discussion Papers, 19/1, January 2019).
Der Studie entsprechend sind die von Investoren betriebenen Einrichtungen meist regional stark konzentriert und siedeln sich vor allem in Großstädten, Ballungsräumen und einkommensstarken Regionen an. Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung auch auf München zutrifft.
Auf Anfrage wurde dem RGU sowohl von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) als auch von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB) bestätigt, dass ihnen die Problematik bekannt ist. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt.
Aufgrund nicht zugänglicher Informationen kann das RGU keine Aussage zu Trägerschaften der Münchner Praxen und MVZ und zu den Auswirkungen der Trägerstruktur auf die Qualität und Kosten im Münchner Gesundheitswesen treffen. Das RGU wird die Entwicklung aber aufmerksam beobachten. Nach Bewältigung der Corona-Krise wird auch dieser Bereich einer Überprüfung bedürfen.