Wie viel „Bio“ kommt in München auf die Teller?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 17.2.2020
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Zunächst bitte ich, die verspätete Beantwortung zu entschuldigen.
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Bio ist in – und das vor allem in München. Die Landeshauptstadt gehört zu den Städten mit der größten Nachfrage nach Bio-Produkten und ist eine der deutschlandweit 19 Bio-Städte.
Das Biostädte-Netzwerk hat seine Arbeit 2011 begonnen und ist ein offenes Angebot an alle interessierten Städte und Gemeinden, sich gemeinsam für mehr Ökolandbau und Bio-Lebensmittel einzusetzen. Im Vordergrund stehen der Erfahrungsaustausch sowie gemeinsame Projekte und Aktionen.
Die Vorteile von Bioprodukten liegen auf der Hand: Boden und Wasser werden durch Verzicht auf Kunstdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel von Schadstoffen freigehalten, die ökologische Vielfalt und die Fruchtbarkeit gefördert. Tiere werden artgerecht aufgezogen. Kommt eine regionale Vermarktung hinzu, bleiben die Vermarktungswege transparent, kurz und damit klimaschonend.
In Bayern werden laut Experten täglich 1,8 Millionen Essen außer Haus eingenommen. Daher bergen Gastronomie-, Hotel- und Gemeinschaftsverpflegungsbetriebe ein großes Potenzial, wenn es darum geht, insgesamt den Bio-Anteil zu erhöhen.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Referats für Arbeit und Wirtschaft wie folgt:
Der Außer-Haus-Verpflegungsmarkt (AHV) ist seit einigen Jahren im Wachsen begriffen und gehört mit einem Gesamtumsatz von weit über 70 Milliarden Euro zu den wichtigsten Segmenten der Lebensmittelwirtschaft. In Deutschland werden mittlerweile mehr als 30% aller Lebensmittel außer Haus konsumiert. Auch wenn eine wachsende Zahl von Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung (zu denen ebenfalls die Betriebsgastronomie gehört) regelmäßig Bio-Lebensmittel einsetzen, bewegt sich der Bio-Einsatz in diesem Segment immer noch auf niedrigem Niveau.Nicht zuletzt deshalb wurde im Jahr 2006 die „Biostadt München“ als Aufgabenbereich des Referats für Gesundheit und Umwelt (RGU) vom Stadtrat beschlossen. Seit dieser Zeit arbeitet das RGU mit zahlreichen Kooperationspartnerinnen und -partnern in unterschiedlichsten Projekten zusammen. Im Rahmen der Biostadt München fördert und unterstützt das RGU öffentliche und teilweise auch private Verpflegungsanbieterinnen und -anbieter, um den Einsatz von möglichst regionalen Biolebensmitteln zu vergrößern. Der Aufgabenbereich Biostadt München konzipiert, entwickelt, berät und unterstützt derzeit Verpflegungsanbieterinnen und -anbieter in den Bereichen Bio in Kindereinrichtungen, Bio im eigenen Geschäftsbereich der Landeshauptstadt (wie beispielsweise Kitas, Schulen, Kantinen, Restaurants in den städtischen Kultureinrichtungen u.v.m.) und Bio in der Gastronomie (mit dem Fokus auf Münchner Restaurants). In diesem Rahmen werden auch Gastronomie-Betriebe in München gezielt zur Bio-Einführung beraten.
Zu den Fragen im Einzelnen:
Frage 1:
Wie viele bio-zertifizierte Hotel- und Gastronomiebetriebe sind in München angemeldet?
Antwort:
Die Zahl der bio-zertifizierten Hotel- und Gastronomiebetriebe in München wird nicht amtlich erfasst, so dass wir dazu keine Auskunft bereitstellen können.
Frage 2:
Wie hoch ist der Anteil an bio-zertifizierten Gemeinschaftsverpflegungsbetrieben?
Antwort:
Auch im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung wird die Anzahl der bio-zertifizierten Betriebe nicht systematisch erfasst. Die Kantinen großer Münchner Unternehmen bieten aber bereits mit einem Anteil zwischen 20 und 60% Bio-Essen in einem bemerkenswert hohen Umfang an.
Frage 3:
Wie haben sich die Zahlen jeweils in den letzten Jahren entwickelt?
Antwort:
Aufgrund der Datenlage – wie in den Fragen 1 und 2 dargelegt – können hierzu keine verlässlichen Aussagen getroffen werden.
Frage 4:
Welche Maßnahmen werden seitens der Landeshauptstadt München ergriffen, um den Anteil der bio-zertifizierten Hotel- und Gastronomiebetriebe zu erhöhen?
Antwort:
Die Beratung und Unterstützung von gastronomischen Betrieben bei der Einführung von möglichst regionalen Bio-Lebensmitteln ist einer der Arbeitsschwerpunkte der Biostadt München. So wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Maßnahmen konzipiert und durchgeführt mit dem Ziel, Münchner Gastronomen zur verstärkten Verwendung von Lebensmitteln aus ökologischer, möglichst regionaler Landwirtschaft zu motivieren. Wesentliche Inhalte der Beratung sind dabei die Vermittlung von Informationen über die besondere Qualität von Bioprodukten, die Möglichkeiten zu ihrer küchentechnischen Verwendung, Speisengestaltung, Beschaffungsmöglichkeiten, Zertifizierungspflicht und die Bewerbung gegenüber den Tischgästen.
Unter anderem werden im Zuge der Umsetzung zweier Stadtratsbeschlüsse zur Steigerung des Bio-Einsatzes im Geschäftsbereich der Landeshauptstadt München verschiedene Restaurants beraten, die unter anderem in städtischen Kultureinrichtungen (zum Beispiel Kammerspiele, Lenbachhaus) angesiedelt sind. Außerdem wird die Projektstelle „Ökologisch Essen“ vom RGU im Rahmen der Regelförderung finanziert. Der Arbeitsschwerpunkt dieser Stelle ist die Akquise und die Beratung von Betrieben im Bereich der Außer-Haus-Verpflegung.
Flankiert werden diese Maßnahmen zudem vom Projekt „Zu Tisch – Besser iss das“ des RGU. Durch dieses sollen durch eine systematische, zielgruppenspezifische Ansprache Münchner Gastronomiebetriebe motiviert werden, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung von biologisch wirtschaftenden Landwirten aus der Region in ihr Speisenangebot aufzunehmen. Außerdem geht es darum, durch die Schaffung von Transparenz über die verwendeten Fleischprodukte die Gäste für dieses Thema zu sensibilisieren und entsprechend ihre Bereitschaft zu erhöhen – trotz des eventuell höheren Preises – die entsprechenden Gerichte zu genießen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Vernetzung zwischen den relevanten Akteuren, weshalb das Projekt beispielsweise am 1.10.2019 im Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn sowie am 12.11.2019 im Rahmen der DEHOGA-Veranstaltung „Tuesday for Gastgeber“ Münchner Gastronominnen und Gastronomen vorgestellt und erläutert wurde.
Am 11.3.2020 wurde darüber hinaus im Zuge der Umsetzung des Stadtratsbeschlusses „Ausweitung des Angebots der Biostadt München“ (SV Nr. 14-20/V 16635) vom RGU unter Einbindung zahlreicher Akteure aus dem Bio-Bereich sowie von Nachhaltigkeitsinitiativen auf dem Viktualienmarkt ein Informationsstand nach Art eines Pop-Up-Store in einem der dortigen Marktstände eröffnet. Im „Info-Standl“ konnten sich Münchner Bürgerinnen und Bürger sowie Gastronomen zu zahlreichen Nachhaltigkeitsthemen, unter anderem auch zu Biolebensmittel aus der Region, informieren. Aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie musste der Betrieb jedoch zwischenzeitlich eingestellt werden. In Abhängigkeit von der Fortentwicklung der Corona-Pandemie und der Dauer der mit ihr einhergehenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens wird über die Fortführung des Info-Standls – gegebenenfalls an einem anderen Ort – zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
Frage 5:
Werden die Betriebe seitens der Stadt über die Möglichkeiten einer Biozertifizierung informiert? Wenn ja, wie?
Antwort:
Selbstverständlich werden die gastronomischen Betriebe, die zur Einführung von Bioprodukten beraten werden, über das Thema Bio-Zertifizierung informiert. Dabei wird zum einen auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen hingewiesen, insbesondere darauf, dass alle Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung, die Bio-Produkte zubereiten und damit werben, gemäß dem Öko-Landbaugesetz am Zertifizierungsverfahren nach der EU-Öko-Verordnung teilnehmen müssen. Zum anderen werden die Betriebe darüber informiert, wie der Zertifizierungsprozess abläuft und an welche Stellen (staatlich zugelassene Öko-Kontrollstellen) sie sich wenden können, um sich eingehender beraten und anschließend auch die Zertifizierung durchführen zu lassen.
Frage 6:
Wie stellt die Landeshauptstadt München sicher, dass nur Betriebe mit den Biosiegeln werben, die auch eine Biozertifizierung aufweisen können?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München hat bezüglich der Biozertifizierung von Unternehmen beziehungsweise deren Kontrolle keinerlei rechtliche Befugnisse. Denn für die Kontrolle der Biozertifizierung sind gemäß Öko-Landbaugesetz die staatlichen Behörden zuständig. Auf Bundesebene ist das die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), eine dem Bundeslandwirtschaftsministerium nachgeordnete Behörde. Auf Landesebene ist das die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die dem bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nachgeordnet ist. Die LfL hat die Aufgabe der Zertifizierung und der Kontrolle weitgehend auf staatlich zugelassene Öko-Kontrollstellen übertragen.
Frage 7:
Welche Rolle spielt die Biozertifizierung bei Ökoprofit?
Antwort:
Die Biozertifizierung wird auch im Rahmen des ÖKOPROFIT thematisiert. So bieten beispielsweise das RGU und das Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München seit 2019 im Rahmen des Projektes „ÖKOPROFIT München“ ein eigenes Modul für Volksfestbetriebe an. Bei ÖKOPROFIT-Workshops und betrieblichen Einzelberatungen werden die Volksfestbetriebe in diesem Rahmen intensiv zum Themenkomplex Biolebensmittel, Biozertifizierung und insbesondere zum Bayerischen Biosiegel informiert.