Armut und soziale Spaltung bekämpfen – intensive Armuts- und Reichtumsforschung in München etablieren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 13.11.2020
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Sie beantragen, eine Armuts- und Reichtumsforschung für die Landeshauptstadt München zu beauftragen und dauerhaft zu etablieren. Hierbei sollen insbesondere die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf marginalisierte und vulnerable Gruppen wissenschaftlich untersucht werden.
München hat eine lange Tradition der Armutsberichterstattung, bereits im Jahr 1987 wurde der erste Armutsbericht veröffentlicht. In allen seither erschienenen Berichten wurden – der Intention Ihres Antrages entsprechend – aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse der Armuts- und Reichtumsforschung dargestellt und punktuell durch eigens in Auftrag gegebene Expertisen wissenschaftlicher Institute ergänzt. Auch die Situation vulnerabler Zielgruppen wurde dabei intensiv beleuchtet.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Ich stimme Ihnen zu, dass die Corona-Pandemie gravierende wirtschaftliche und soziale Auswirkungen auf einen großen Teil der Bevölkerung hat und haben wird. Besonders betroffen sind dabei unter anderem die von Ihnen erwähnten vulnerablen Bevölkerungsgruppen. Viele Auswirkungen sind schon jetzt offensichtlich, andere werden erst in der Zukunft sichtbar sein.
Die Auswirkungen der Pandemie werden eine wichtige Rolle im nächsten Armutsbericht spielen, der voraussichtlich im November 2022 dem Stadtrat vorgestellt werden wird. Auch in diesem werden aktuelle Erkenntnisse der Armuts- und Reichtumsforschung verwertet und die Situation besonders stark von Armut betroffener Zielgruppen thematisiert werden.
Für die Armuts- und Reichtumsberichterstattung und die daraus abzuleitenden Instrumente und Konzepte der Armutsbekämpfung ist es entscheidend, eine valide Datengrundlage zur Verfügung zu haben. Um diese Datengrundlage für den aktuellen Armutsbericht zu verbessern, hat dasSozialreferat eine Sonderauswertung des Mikrozensus für München in Auftrag gegeben. Außerdem werden die Ergebnisse der Bürgerbefragung des Planungsreferates aus dem Jahr 2020, in der das Sozialreferat für die Berichterstattung relevante Fragen verankert hat, Eingang in den Armutsbericht finden.
Um darüber hinaus die Datengrundlage für den Armutsbericht und weitere Handlungsfelder zu verbessern, bringt das Sozialreferat zur Zeit eine eigene Befragung zur sozialen Lage der Münchner Bevölkerung auf den Weg. Diese ist als regelmäßige Befragung konzipiert und wird voraussichtlich 2022 beginnen. Sie wird auch Auswertungen zur Situation vulnerabler Gruppen ermöglichen.
Erwähnen möchte ich überdies die geplante Befragung des Sozialreferats zum äußerst wichtigen Aspekt der verdeckten Armut bei älteren Menschen, die in einem noch auszuwählenden räumlichen Umgriff in München durchgeführt werden wird.
Zudem finden in diesem Jahr zwei vom Sozialreferat organisierte Armutskonferenzen in München statt. Die Erste am 19. Mai hat den Schwerpunkt „Regelsatz/Grundsicherung“, die Zweite am 21. Juli beschäftigt sich mit der Lebenssituation von Armut betroffener junger Menschen. In beiden Konferenzen spielen aktuelle Erkenntnisse der Armutsforschung eine zentrale Rolle.
Die Auswertungen der genannten Daten und Untersuchungsergebnisse werden zeigen, inwieweit auch fundierte Aussagen zur Reichtumsentwicklung in München möglich sind. Sollte ein Bedarf an weiteren Daten deutlich werden, wird das Sozialreferat in Erwägung ziehen, Expertisen zur Reichtumsentwicklung in Auftrag zu geben.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.