Alterseinschätzung junger Geflüchteter in München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 25.3.2021
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Mit Beschluss des Kindes- und Jugendhilfeausschusses vom 21.9.2017 (‚Radiologische Untersuchungen zur Alterseinschätzung von unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländern zur Klärung der vorläufigen Inobhutnahmen nach § 42a SGB VIII‘, Sitzungsvorlage 14-20/V 09275) wurde das dahin geltende Verfahren geändert. Die folgenden Fragen beziehen sich insofern auf den Zeitraum 1.10.2017 bis 28.2.2021.“
Zu Ihrer Anfrage vom 25.3.20201 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie viele neu angekommene junge Geflüchtete wurden im Young Refugee Center im o.g. Zeitraum registriert?
Antwort:
Im o.g. Zeitraum wurden 1.803 junge Geflüchtete registriert.
Frage 2:
Wie viele dieser Personen wurden einer qualifizierten Inaugenscheinnahme durch das Stadtjugendamt unterzogen?
Antwort:
Alle registrierten Geflüchteten wurden einer qualifizierten Inaugenscheinnahme unterzogen mit Ausnahme derer, die nach der Registrierung abgängig waren.
Frage 3:
Wie viele der in (2) genannten Personen wurden für volljährig erklärt?
Antwort:
Von den in Antwort 2 genannten Personen wurden 858 für volljährig erklärt.
Frage 4:
Wie viele der in (3) genannten Personen wurden einer medizinischen Alterseinschätzung unterzogen?
Antwort:
Von den in Antwort 3 genannten Personen wurden 80 einer medizinischen Alterseinschätzung unterzogen.
Frage 5:
Wie viele der in (4) genannten Personen wurden zu diesem Zweck Röntgenuntersuchungen unterzogen?
Antwort:
Von den in Antwort 4 genannten Personen wurden 76 Röntgenuntersuchungen unterzogen. Vier Personen haben die Röntgenuntersuchung verweigert.
Frage 6:
Wo wurden die in (4) genannten Untersuchungen durchgeführt?
Antwort:
Die in Antwort 4 genannten Untersuchungen wurden am Institut für Rechtsmedizin der LMU München in der Nußbaumstraße 26 in 80336 München durchgeführt.
Frage 7:
Welche Kosten sind durch derartige Untersuchungen entstanden?
Antwort:
Die Kosten für derartige Untersuchungen im o.g. Zeitraum haben 104.800 Euro betragen.
Frage 8:
Wie viele der in (4) genannten Personen wurden für volljährig erklärt?
Antwort:
Von den in Antwort 4 genannten Personen wurden 33 für volljährig erklärt. Elf Personen sind zur medizinischen Alterseinschätzung angemeldet. Die Ergebnisse stehen noch aus.
Frage 9:
Ist der LH München die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission der Bundesärztekammer vom September 2016 bekannt und welche Konsequenzen werden daraus gezogen?
Antwort:
Ob zu dem Zeitpunkt der Beschlusserstellung dem Stadtjugendamt die Empfehlungen der ZEKO bekannt waren, lässt sich nicht mehr feststellen. Es wurden aber die einschlägige Fachliteratur, die Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, die Empfehlungen des StMAS in Abstimmung mit dem Bayerischen Landesjugendamt und auch die juristischen Ausführungen beachtet.
Die medizinische Alterseinschätzung wurde nur im Zweifelsfall eingesetzt, erster Schritt war stets die sozialpädagogische Alterseinschätzung. Somit wurde Punkt 1 der Empfehlung eingehalten. Die Verantwortung für die Umsetzung der Standards bzgl. der Punkte 2 bis 7 der Empfehlung obliegt der Fachlichkeit der Medizin und nicht der Jugendhilfe. Punkt 8 wurde sowohl beim Altersgutachten als auch anschließend in der Gesamtbewertung immer berücksichtigt.