Wildes München 1 – Bienen-Balkons aka. make it green
Antrag Stadträtin Marie Burneleit (Die PARTEI) vom 8.2.2021
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München (LHM), Kommunalreferat (KR), Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM), auf, über die Wertstoffhöfe im Frühjahr dezentral ein Wildblumen-Paket mit Münchner Erde, Wild-Blumensamen und einer Pflanzanleitung auszugeben. Außerdem fordern Sie die LHM, AWM, auf, so dezentral wie möglich bienenfreundliches Saatgut an die Münchner Bürger*innen auszugeben. Dazu böten sich „Saatgutautomaten“ an.
Begründet wird der Antrag damit, dass in München immer weniger Flächen für die Bienen blühen und die Fassadenbegrünungen noch so gut wie gar nicht umgesetzt würden. Ohne Bienen gebe es aber kein Bier mehr und dieser Zustand sei nicht akzeptabel.
Zu unterstützen seien daher Wildblumenbeete auf Balkonen und Fensterbänken. Dafür sollen alle, die Flächen begrünen wollen, kostenlose Münchner Erde und eine Auswahl an guten, gemischten Blumensamen erhalten.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch ein laufendes Geschäft, dessen Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 GO i. V. m. der Betriebssatzung des AWM dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 8.2.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Der AWM unterstützt grundsätzlich die Idee, Bienen durch angepasste Pflanzungen und Blühteppiche zu unterstützen. Die Umsetzung, mit Hilfe von Münchner Erde und Saatgut Wildblumen-Pakete zu kreieren, die dezentral über die Wertstoffhöfe des AWM ausgegeben werden sollen, wirft jedoch Fragen auf.
1. Gebührenfinanzierung und Tätigkeitsbereich des AWM
Der AWM ist ein gebührenfinanzierter Betrieb, der dazu angehalten ist, wirtschaftlich zu arbeiten. In Ihrer Anfrage wird nicht geklärt, aus welchem Budget die Erde finanziert werden soll. Der AWM kann die finanziellen Mittel dafür nicht stellen.Auch die Bereitstellung des Saatgutes kann nicht durch den AWM bewerkstelligt werden. Ein derartiges Produkt wird nicht geführt und müsste über Dritte bezogen werden. Das bienenfreundliche Saatgut müsste genau für den bestimmten Einsatzzweck gekauft werden, wobei auch hier die Finanzierung nicht klar ist. Auch diese Investition kann der AWM aus dem Gebührenhaushalt nicht übernehmen.
Beide Komponenten dieses gewünschten Wildblumen-Paketes müssten zudem an einem Punkt gebündelt und bürgerfreundlich verpackt werden. Diesen Aufwand, der personell von Hand durchgeführt werden muss, können die Mitarbeiter*innen des AWM (insb. die Geschäftsbereiche Münchner Erden und Wertstoffhöfe) nicht leisten.
Die Hauptaufgabe des AWM ist, neben der Einsammlung der Abfälle des 3-Tonnen-Systems, u.a. Sperrmüll, Wertstoffe und Problemstoffe von den Bürger*innen anzunehmen und umweltfreundlich zu verwerten bzw. zu beseitigen. Der AWM sammelt Bioabfälle bei den Münchner*innen ein und betreibt eine Trockenfermentierungsanlage und ein Erdenwerk, in welchem aus Münchner Bioabfällen Münchner Erden entstehen, die wiederum käuflich zu erwerben sind. Damit handelt es sich beim Bioabfallrecycling um einen geschlossenen Kreislauf, dessen Einnahmen gebührenstabilisierend wirken.
Der Vertrieb von Saatgut ist vor diesem Hintergrund nicht Aufgabe des AWM.
2. Subsidiaritätsprinzip
Beim Vertrieb von Saatgut stünde der AWM im Übrigen auch in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Anbieter*innen. Die Münchner*innen haben viele Möglichkeiten, Wild-Blumensamen, z. B. in Supermärkten, Baumärkten und Gartencentern, günstig und unkompliziert zu erwerben. Außerdem sind die Wertstoffhöfe dezentral über das Stadtgebiet verteilt und nicht immer gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Deshalb gehen wir davon aus, dass kaum eine Nachfrage für Saatgut auf den Wertstoffhöfen besteht. Selbst bei entsprechender Nachfrage würden die Kosten der Anschaffung und des Betriebs der Saatgutautomaten den potenziellen Erlös um ein Vielfaches übersteigen und wirtschaftlich nicht darstellbar sein.
Nach dem Subsidiaritätsprinzip der Gemeindeordnung sind Tätigkeiten der Gemeinden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge nur dann zulässig, wenn der Zweck nicht wirtschaftlicher und besser durch einen anderen erfüllt werden kann. Diese Vorschriften sollen bezwecken, dass sich dieöffentliche Hand auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentriert und keine mit der Unternehmertätigkeit am Markt verbundenen Risiken eingeht. Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden soll im Wesentlichen auf die Leistungsverwaltung und das Beschaffungswesen beschränkt bleiben, während die rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit problematisch ist.
Der Verkauf von Saatgut über den AWM, welches man mit großer Auswahl in jedem Super- oder Baumarkt erwerben kann, steht somit auch den Regelungen der Gemeindeordnung entgegen.
3. Maßnahmen zum Schutz von Wildbienen
Das KR, insbesondere auch der AWM, ergreift bereits vielzählige Maßnahmen, um den Bienen in München mehr Lebensraum und -qualität zu bieten.
Der AWM zeigt durch den hohen Einsatz des eigens hergestellten Komposts und regionaler Rohstoffe die Möglichkeit zur umwelt- und ressourcenschonenden Verwendung von Substraten auf, was auch durch die
Unterstützung verschiedenster Projekte multipliziert und gefördert wird. Außerdem unterstützt der AWM mit seinen Produkten Urban-Gardening- Projekte, städtische Schulen und Kindergärten, die ihre Schulgärten attraktiver gestalten möchten. Auch die Initiative „München summt“ wurde bereits durch den AWM mit seinen Erden unterstützt. Es wird versucht, möglichst viele unterschiedliche Projekte zu unterstützen. Damit wird das vorgesehene Budget, um Erde auszugeben, voll ausgeschöpft.
Darüber hinaus hat der AWM auf den Flachdächern der Betriebshöfe, Verwaltungsgebäude und der Werkstatt eine exklusive Begrünung angelegt. Auf dem Gelände des Wertstoffhofes Mühlangerstraße befindet sich eine Ausgleichsfläche mit mehr als 5.000 m². Diese Fläche wird zur Förderung der Artenvielfalt nur einmal pro Jahr gemäht. Auch bei der Sanierung der Deponie Nord-West wird viel Wert auf den Erhalt der Artenvielfalt gelegt. Neben dem besonderen Augenmerk auf Zauneidechsen und Wechselkröten wurden auch hier die Bienen nicht vergessen. So werden Sand- und Lehmkästen angelegt, um Wildbienen eine Nistgelegenheit zu bieten.
Das KR beheimatet noch viele andere Bereiche, die sich für Wildbienen einsetzen. Bereits im Jahr 2019 nahm das KR das Volksbegehren „Rettet die Bienen!“ zum Anlass, die Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15316 zur Förderung der Artenvielfalt zu erarbeiten.
So fördert der Immobilienbereich des KR beispielsweise Imker*innen, indem auf vielen der betreuten Gebäude, Kleingartenanlagen, Friedhofsflä-chen und unbebauten städtischen Grundstücken Bienenstöcke aufgestellt wurden. Außerdem wird generell auf eine insektenfreundliche Bepflanzung geachtet und Fassaden- und Dachbegrünungen bei Neubau- oder umfassenden Sanierungsmaßnahmen von Bestandsbauten standardmäßig berücksichtigt.
Auch die städtische Forstverwaltung, die Münchner Markthallen und die Stadtgüter München betreiben umfassende Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt, wie z. B. die aktive Förderung von Imker*innen, das Anlegen von Blüh- und Ackerrandstreifen, die Stilllegung von Flächen (Grünbrache), umfangreiche Heckenpflanzungen oder das Aufstellen von Insektenhotels.
Die Maßnahmen des KR zur Förderung der Artenvielfalt sind detailliert in den Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V 15316 und Nr. 20-26/V 02914 beschrieben. Auf die umfassenden Ausführungen der Sitzungsvorlagen darf verwiesen werden.
4. Fazit
Die Förderung der Artenvielfalt und der Schutz der Wildbienen ist für das Kommunalreferat von großer Bedeutung und spielt bei der Planung und Umsetzung sämtlicher Projekte eine wichtige Rolle. Aus personellen und wirtschaftlichen Gründen kann der AWM aber die Abgabe des gewünschten Wildblumen-Pakets nicht leisten und somit kann dem Antrag nicht entsprochen werden. Darüber hinaus lässt es die Stellung des AWM als Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht zu, Saatgutautomaten oder dergleichen aufzustellen und dadurch in Konkurrenz zu Unternehmen dieser Branchen zu treten.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.