Der Stadtrat hat gestern im Verwaltungs- und Personalausschuss beschlossen, bei der Landeshauptstadt München (LHM) ein digitales Hinweisgeber*innen-System, landläufig als „Whistleblowing“-System bezeichnet, einzuführen.
Die Integrität der Verwaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen der Bürger*innen in die Funktionsfähigkeit des Staates. Integrität bedeutet, dass jeder Beschäftigte im öffentlichen Dienst rechtstreu, unbestechlich und objektiv handelt. Die Unbestechlichkeit der Verwaltung hat für die Bevölkerung einen besonders hohen Stellenwert. Gleichwohl ist der öffentliche Dienst vielfach einer potenziellen Korruptionsgefahr ausgesetzt. Die Erfahrungen der städtischen Antikorruptionsstelle zeigen, dass gerade bei großen Organisationsstrukturen, wie sie bei der LHM anzutreffen sind, Hinweise durch Beschäftigte und Dritte einen unverzichtbaren Teil der Korruptionsbekämpfung darstellen. Eine der wesentlichen Herausforderungen bei der Bekämpfung von Korruption ist die außerordentlich hohe Dunkelziffer. Bei Korruptionsdelikten ist von einer Dunkelziffer von zirka 95 Prozent auszugehen, was nicht nur die Aufklärung solcher Delikte, sondern auch die vorbeugende Präventionsarbeit erschwert, da vorhandene „Problemfelder“verborgen bleiben. Gerade aus diesem Grund sind Hinweise durch Beschäftigte und Dritte umso wertvoller. Nicht selten sind die Hinweispersonen äußerst zurückhaltend und vorsichtig, da sie in einem Vertrauens- oder Abhängigkeitsverhältnis zu den möglichen Tätern stehen. Die bisherigen Meldewege bei der LHM sehen vor, dass Hinweise zu
Korruptionssachverhalten per Post, E-Mail, persönlicher Vorsprache oder Telefon abgegeben werden können. Hinweise mittels Telefon sind auch anonym und kostenlos über das Antikorruptionstelefon (0800/233-1-233) rund um die Uhr möglich. Die Erfahrungen der Antikorruptionsstelle zeigen, dass Hinweise oftmals nicht hinreichend konkret sind bzw. aus gut gemeinter Vorsicht oder aus Gründen der Datensparsamkeit keine Beweismittel benennen, obwohl dies möglich wäre. Werden solche Hinweise anonym per Post oder E-Mail abgegeben, fehlt bislang die Möglichkeit, solche relevanten Informationen durch Rückfragen bei den Hinweisperson
zu erlangen. Selbst den Strafverfolgungsbehörden ist in diesen Fällen die Aufklärung des Sachverhalts mangels hinreichender Beweismittel nicht möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass Hinweispersonen häufig den persönlichen Kontakt am Telefon scheuen, insbesondere wenn sie anonym bleiben wollen. Die Folge ist, dass Hinweise erst gar nicht abgegeben werden. Aufgrund der hohen Dunkelziffer ist das vorrangige Ziel, überhaupt mehr Hinweise zu möglichen Korruptionssachverhalten zu erhalten. Den Hinweispersonen soll ein zusätzlicher vertrauenswürdiger und sicherer Kommunikationskanal angeboten werden, über den sie – im Zweifel anonym – Hinweise auf Korruptionssachverhalte geben können. Die Möglichkeit der Anonymität ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Meldung solcher Sachverhalte und senkt die Hemmschwelle bei den
Hinweispersonen. Digitale Hinweisgeber*innensysteme erlauben Nachfragen auch bei anonymen Hinweispersonen, wodurch der gemeldete Sachverhalt effektiver und zügiger aufgeklärt werden kann. Digitale Hinweisgeber*innensysteme sind zeitgemäße Lösungen, die es Hinweispersonen erlauben, rund um die Uhr, barrierefrei, datenschutzkonform und geschützt unmittelbar mit der zuständigen Sachbearbeitung zu kommunizieren. Durch die geschützte Kommunikation mit den Hinweispersonen, angefangen mit einer Eingangsbestätigung und der Möglichkeit von Zwischennachrichten, wird darüber hinaus die Transparenz gestärkt und das Vertrauen in die Aufklärungsarbeit erhöht.
Personal- und Organisationsreferent Dr. Alexander Dietrich erklärt: „Um den aktuellen Herausforderungen in Sachen Korruptionsbekämpfung zu begegnen und gleichzeitig die Integrität der Verwaltung auch in Zukunft bestmöglich sicherzustellen, ist die Einführung eines digitalen Hinweisgeber*innensystems unumgänglich. Wir wollen das digitale Whistleblowing zunächst ausschließlich für den Bereich Antikorruption anwenden, da aufgrund der besonders hohen Dunkelziffer die Sachverhaltsaufklärung vielfach nur aufgrund von Hinweisen couragierter Mitarbeiter*innen oder Bürger*innen möglich ist. Dies wollen wir mit einem modernen und zeitgemäßen digitalen System optimal unterstützen.“