Leerstand bekämpfen II: Mit Stromzählermethode Leerstand systematisch erfassen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 23.4.2021
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen, die Verwaltung zu beauftragen „in Kooperation mit den Stadtwerken München eine kontinuierliche Leerstandserfassung mittels Stromzählerdaten in Kombination mit der Wohnungsdatenbank der Stadt aufzubauen, die folgende Punkte umfasst: Als Wohnungsleerstand sollen Stromzähler erfasst werden,
- die ohne Stromvertrag sind oder einen ruhenden Vertrag haben oder
- die einen bestimmten Minderverbrauch innerhalb eines Jahres aufweisen.
Erfasst werden sollen die Leerstände in folgenden Kategorien:
- Leerstand (Messung zu einem jährlichen Stichtag)
- Struktureller Leerstand (über drei Monate)
- Langfristiger Leerstand (über 24 Monate) Die Leerstandsquote soll jährlich jeweils für die Gesamtstadt, die Stadtbezirke, die Stadtbezirksteile im ‚Bericht zur Wohnungssituation in München‘ veröffentlicht werden und online zugänglich in einer Karte blockscharf dargestellt werden.“
Es handelt sich bei der vorgeschlagenen Vorgehensweise um eine Ermittlungsmethode für leerstehende und damit zweckentfremdete Wohnungen. Dies stellt eine Möglichkeit im laufenden Verwaltungsvollzug dar, der ohnehin im Rahmen der rechtlichen Spielräume und nach Maßstäben der Praktikabilität kontinuierlich überprüft wird.
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 23.4.2021 teile ich Ihnen ergänzend Folgendes mit:
Für die in Ihrem Antrag angeführte Datenerhebung besteht seitens der Landeshauptstadt München leider keine rechtliche Möglichkeit.Bereits in den Jahren 2017/2018 wurde mit den Stadtwerken München und dem städtischen Datenschutzbeauftragten die Frage der Übermittlung von Stromzählerdaten erörtert.
Schon damals lehnten die Stadtwerke München die Herausgabe mit der Begründung ab, dass nach § 28 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) eine Herausgabe nur zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten zulässig wäre, also in erster Linie für Polizeiaufgaben, nicht jedoch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten.
Eine Übermittlung für einen laufenden Verwaltungsvollzug im Rahmen des Zweckentfremdungsrechts schließt dies somit nicht ein.
Aufgrund des aktuellen Antrages wurde die Sachlage erneut im Benehmen mit der behördlichen Datenschutzbeauftragten der Landeshauptstadt München geprüft. Diese hat die vorstehend genannte Auffassung bestätigt.
Die Stadtwerke München teilen zudem aktuell zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
„(Nicht aggregierte) Stromzählerstände stellen personenbeziehbare Daten dar, die in den Anwendungsbereich des Datenschutzrechts fallen. Nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben bedarf es zu ihrer rechtmäßigen Verarbeitung einer Rechtsgrundlage, die die konkrete Verarbeitung erlaubt. Eine die vorbezeichnete Verarbeitung erlaubende Rechtsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann diese nicht dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) oder der Satzung der
Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) entnommen werden. Diese Regelungen sehen zwar
gegenüber der Gemeinde/Behörde eine Pflicht zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen, die zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes bzw. der Satzung erforderlich sind, vor. Die Auskunftspflicht trifft aber nur dinglich Verfügungsberechtigte, Besitzer, Verwalter und Vermittler (Art. 3 ZwEWG bzw. § 12 ZeS).“
Wir werden in Einzelfällen ggf. die Stadtwerke im Rahmen von Bußgeldverfahren oder eingeleiteten gerichtlichen Verwaltungsverfahren als mögliche Zeugen benennen, sofern dies für die Beweisführung notwendig ist.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.