Nachfragen zu offenen Kostenerstattungsansprüchen gegenüber der Regierung von Oberbayern für die Flüchtlingsunterbringung in dezentralen Unterkünften
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Daniel Stanke, Markus Walbrunn und Iris Wassill (AfD) vom 6.10.2021
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 6.10.2021 führen Sie Folgendes aus:
„In der Vollversammlung des Stadtrats am 29.9.2021 stellte der e.a. Stadtrat Markus Walbrunn die Frage an die Stadtverwaltung, aus welchen Gründen die Regierung von Oberbayern (ROB) ausstehende Kostenerstattungsansprüche für die Münchner Flüchtlingsunterbringung in dezentralen Unterkünften in Höhe von 77 Millionen Euro bislang verweigere. Hierzu gab die Sozialreferentin Dorothee Schiwy den Hinweis zum Prozess, ‚(…) dass wir zum Beispiel unsere Einrichtungen mit einer Amortisierung belegen, die 15 Jahre dauert, also 15-jährige Laufzeit, und selbstverständlich können unter diesen Umständen nicht sofort alle Kosten dann auf Schlag vorher von der Stadt München vereinnahmt werden (…)‘. Um die Frage des e.a. Stadtrat Markus Walbrunn zu beantworten erklärte Sie ferner, ‚(…) wir gehen davon aus, dass wir in der nächsten Zeit auch unsere Kosten ersetzt bekommen werden (…)‘.
Eine Einschränkung hinsichtlich der etwaigen Nichterstattung einzelner Teilkosten, ist aus den angeführten Aussagen, insbesondere dem letzten Zitat, nicht erkennbar. Nach erneuter Durchsicht der Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03920 bestehen deshalb nachhaltige Zweifel an der Korrektheit der von Frau Sozialreferentin Schiwy getroffenen Aussagen, was erneute Nachfragen erforderlich macht.
Im Übrigen blieb eine Frage bezüglich des voraussichtlichen Abschlusses der mit der ROB gegenwärtig geführten Verhandlung zur Kostenüber- nahme, wie auch eine weitere Frage an die Stadtkämmerei, unbeantwortet.“
Das Sozialreferat schickt vorweg, dass Frau Schiwy hier Ihrerseits falsch zitiert wird. In den folgenden Antworten wird dies erläutert. Zu Ihrer Anfrage vom 6.10.2021 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Auf Seite 18 der Sitzungsvorlage heißt es mit Bezug auf die zur Erstattung beantragten, jedoch bislang nicht erstatteten Beträge für den Betrieb städtischer dezentraler Unterkünfte in Höhe von 77 Millionen Euro: „Der bisher nicht erstattete Betrag wird weiter mit der ROB verhandelt und ggf. – so- weit Erfolgsaussichten gesehen werden – im Klageverfahren eingefordert werden. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass ein nicht bezifferbarer Teilbetrag nicht erstattet wird.“.
Frage 1.1:
Widerspricht die hier zitierte Textpassage nicht in eklatanter Form den Ausführungen der Sozialreferentin während der Vollversammlung, wonach die bisherige Nichterstattung dem langwierigen Amortisierungsprozess geschuldet sei und man davon ausgehe, „dass wir in der nächsten Zeit auch unsere Kosten ersetzt bekommen werden“?
Antwort:
Die Schlussfolgerung ist falsch. Der erste Teil der Antwort bezog sich eindeutig auf die Unterkunftskosten. Hier gibt es eine Laufzeit von 15 Jahren für Unterkünfte für geflüchtete Menschen und hier werden bei Nutzung der Unterkunft über diesen Zeitraum die Kosten vollständig ersetzt werden, da entsprechende Kostenzusicherungen der ROB vorliegen oder eine Verlängerung der bisherigen Kostenzusicherung erwartet wird.
Der letzte Satz betrifft die Kosten für Ausstattung und Standards wie Sicherheitsdienstleistungen, Planungskosten für nicht realisierte Gebäude, Erschließungskosten für Leichtbauhallen etc. Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen zur Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zwischen der ROB und der Landeshauptstadt München, die ggf. auch auf dem Gerichtsweg geklärt werden müssen. Dabei bestehen naturgemäß gewisse Unwägbarkeiten, so dass nicht zwingend von einer vollständigen Erstattung ausgegangen werden kann. Dies wurde in der Vollversammlung auch so dargestellt, weshalb ein Widerspruch nicht erkennbar ist.
Frage 1.2:
Falls 1.1 bejaht wird: Welche der beiden Aussagen ist korrekt?
Antwort:
Siehe Antwort zu 1.1.
Frage 1.3:
Falls 1.1 verneint wird: Warum liegt kein Widerspruch zwischen den Ausführungen in der Sitzungsvorlage und den in der Vollversammlung getroffenen Aussagen vor?
Antwort:
Siehe Antwort zu 1.1.
Frage 1.4:
Aus welchen Gründen im Einzelnen verweigert die ROB die Zahlung des fraglichen Teilbetrags, bzw. gab es in dem halben Jahr seit dem Bericht im Rahmen der Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 08120 tatsächlich keinerlei weitere Entwicklung?
Antwort:
Siehe Antwort zu 1.1.
Neue Kostenzusagen der ROB sind in Bezug auf einzelne Altfälle ergangen, damit ist keine grundlegende Kostenzusage für einzelne Themenfelder verbunden. In vielen Themenfeldern ist der ROB eine Entscheidung nur unter Einbeziehung des Bayerische Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration möglich, was Zeit in Anspruch nimmt.
Frage 1.5:
Wenn die Landeshauptstadt München seit ca. zwei Jahren insbesondere die Wirtschaftlichkeit, die in den dezentralen Unterkünften eine dauerhafte Belegungsauslastung von mindestens 60% mit Asylbewerber vorsieht, dauerhaft nicht erfüllen kann, wieso wird dann trotzdem von einer vollen Kostenübernahme ausgegangen?
Antwort:
Wie bereits in der Beschlussvorlage ausgeführt ist die Belegung vorrangig mit asylsuchenden Personen die Regel, kann aber nicht in allen Unterkünften dauerhaft eingehalten werden. Die ROB duldet den Verbleib von Statuswechsler*innen, wenn nach Abschluss des Asylverfahrens ein Auszug in eine Wohnung nicht erfolgen kann. Ein Auszug in die Wohnungslosigkeit erfolgt nicht. Die strukturellen Kosten für Unterkunft, Ausstattung der Unterkunft etc. werden dann weiterhin erstattet.
Frage 1.6:
Ist die Duldung der vollen Kostenerstattung durch die ROB trotz hoher Statuswechsler*innenquote in den Unterkünften zeitlich befristet? Und deckt die monatliche Erstattung durch die ROB von ca. 1 Millionen Euro die Kosten der Unterbringung für diese abweichende Personengruppe?
Antwort:
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration hat mit Schreiben vom 23.3.2020 eine Duldung in der Unterkunft für Personenbestätigt, die keinen eigenen Wohnraum finden. Eine zeitliche Befristung wurde dabei nicht ausgesprochen. Damit verbunden ist die Kostenerstattung für diesen Personenkreis.
Frage 1.7:
Das Sozialreferat hat in Absprache mit der Stadtkämmerei die Gebühren- einnahmen von ca. 600.000 Euro monatlich nur hälftig an die ROB weitergegeben (Beschlussvorlage Nr. 20-26/V 01820 vom 3.3.2021). Kann man die Gebühreneinnahmen nach Asylbewerbern und Statuswechslern trennen und falls dies möglich ist, wie hoch waren die jeweiligen monatlichen Gebühreneinnahmen seit 1.2.2018?
Antwort:
Eine Weitergabe an die ROB hat aktuell noch nicht stattgefunden, da eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dahingehend erst noch geprüft werden muss, welche Auswirkungen damit auf die städtische Gebührensatzung verbunden sind.
Gebühreneinnahmen können nicht getrennt nach Geflüchteten und Statuswechsler*innen ausgewertet werden. Es besteht pro Unterkunft nur eine Einnahmeart, so dass eine Differenzierung einen unverhältnismäßigen Mehraufwand bedeutet.
Frage 1.8:
Es wurde eine Verwaltungsroutine, die eine Verfristung der Anträge zur Kostenübernahme an die ROB nicht mehr zulässt etabliert (Beschlussvorlage Nr. 20-26/V 01820 v. 3.3.2021). Inwiefern löst diese Routine die Grundproblematik der unterschiedlichen Auffassungen zwischen der Lan- deshauptstadt München und der ROB bezüglich des Fristbeginns?
Antwort:
Die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der Landeshauptstadt München und der ROB bezüglich des Fristbeginns konnten noch nicht ausgeräumt werden. Es ist durch entsprechende Verwaltungsroutinen sichergestellt, dass die Anmeldung zur Kostenerstattung so zeitig erfolgt, dass die Auslegung der ROB im Hinblick auf das Datum der Rechnungsstellung erfüllt ist. Die Auffassung der Landeshauptstadt München bezüglich des Zahldatums ist damit nur noch für Altfälle relevant.
Frage 1.9:
Wie oft und mit welchem Ergebnis, wurde in der Vergangenheit seitens der Landeshauptstadt gegen die ROB im Abrechnungsprozess der Kostenerstattung für dezentrale städtische Flüchtlingsunterkünfte geklagt?
Antwort:
Klagen wurden bisher noch nicht eingereicht.
Frage 2:
Die Stadtkämmerei erklärte in ihrer dazugehörigen (schriftlichen) Stellungnahme, dass sie der Beschlussvorlage Nr. 20-26/V 03920 zustimme, da sie davon ausgeht, dass sämtliche entstehenden Kosten durch die ROB getragen werden. Jedoch heißt es wiederum auf Seite 18 der Sitzungsvorlage, „(e)s steht zu befürchten, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht nur bei Neuschaffung von Unterbringungskapazitäten, sondern auch auf Bestands- objekte angewendet werden könnte, was wiederum die derzeitige Kostenerstattung mit (nahezu) 100% in Frage stellen könnte.“.
Frage 2.1:
Wie bewertet die Stadtkämmerei die zitierten Bedenken seitens des Sozialreferats?
Antwort:
Zum aktuellen Zeitpunkt liegen der Stadtkämmerei keine Erkenntnisse oder Informationen vor, die darauf hindeuten würden, dass die ROB die momentane Erstattungspraxis nicht fortführen würde. Des Weiteren steht das Sozialreferat in laufendem Austausch mit der ROB bezüglich der Erstattungen.
Frage 2.2:
Sollten die Bedenken als begründet eingestuft werden, warum fanden diese keine Berücksichtigung in der eingereichten Stellungnahme, bzw. führten zu keinen Einwänden gegen die Beschlussvorlage?
Antwort:
Siehe Antwort zu 2.1.
Frage 2.3:
Sollten die Bedenken als unbegründet eingestuft werden, wie verhält es sich bezüglich der aktuellen Erstattungsdispute mit der ROB (siehe Frage 1. ff.), warum fanden diese keine Berücksichtigung in der eingereichten Stellungnahme, bzw. führten zu keinen Einwänden gegen die Beschlussvorlage?
Antwort:
Siehe Antwort zu 2.1.