Wie klimaschonend kauft München ein?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Nicola Holtmann, Dirk Höpner, Hans-Peter Mehling, Tobias Ruff und Rudolf Schabl (Fraktion ÖDP/FW) vom 12.11.2020
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Auf Ihre Anfrage vom 12.11.2020 nehme ich Bezug;
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „Die Stadt München und ihre Referate kaufen jedes Jahr viele Produkte ein, die sie für Büros und den laufenden Betrieb benötigen. Über die Ausschreibungskriterien werden bereits jetzt Nachhaltigkeitsaspekte und so- ziale Faktoren berücksichtigt, um negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt möglichst zu reduzieren. Zuletzt wurden diese Kriterien 2017 aktualisiert. Wenn die Stadt München allerdings die Klimaneutralität bis 2035 schaffen will, müssen auch im Einkauf schnellstens strengere Kriterien erfüllt werden, um die Erreichung dieses Ziels zu unterstützen. Die Problematik soll beispielhaft an einem Referat dargestellt werden.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Was sind die 50 Produkte mit dem größten Einkaufsvolumen, die das Direktorium der LH München in den letzten fünf Jahren bezogen hat, sowohl in Stückzahl als auch monetär?
Antwort:
Die Vergabestelle 1 im Direktorium schreibt bestimmte Waren und Dienstleistungen für die Referate und Dienststellen der Landeshauptstadt München aus. Die Produkte mit dem größten monetären Einkaufsvolumen, die von der Vergabestelle 1 für das Direktorium in den letzten fünf Jahren beschafft wurden, sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Die meisten der aufgelisteten Produkte werden von den Dienststellen des Direktoriums aus großen Rahmenverträgen abgerufen, die die Vergabestelle 1 ausschreibt und den städtischen Dienststellen zur Verfügung stellt. Die Tabelle gibt keine Auskunft darüber, welche Produkte durch die Vergabestelle 1 in den letzten 5 Jahren stadtweit ausgeschrieben wurden.
Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich in der Tabelle die bezahlten Auftragswerte nicht einzeln ausgewiesen habe. Einzelne Auftragswerte dürfen aus vergaberechtlicher Sicht nicht veröffentlicht werden. Auf Wunsch erhalten Sie die vertraulich zu behandelnden, nicht ausgewiesenen Einzelsummenmitgeteilt (Art. 20 GO). Außerdem habe ich auf die Angabe der Anzahl/ Menge verzichtet, weil sie nicht aussagekräftig ist.
Frage 2:
Für welche dieser Produkte ist der CO2-Ausstoß in der Produktion bekannt?
Antwort:
Der CO2-Ausstoß in der Produktion ist für die jeweiligen Produkte nicht spezifisch bekannt. Ergänzend wird jedoch auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen.
Frage 3:
Welche dieser Produkte werden CO2-neutral hergestellt?
Antwort:
Zur CO2-neutralen Herstellung dieser Produkte liegen der Vergabestelle 1 keine Informationen vor. Allerdings gibt z.B. der Büromöbelhersteller Steelcase (Rahmenvertrag Standardbüro) an, in allen Betriebsabläufen die CO2-Neutralität erreicht zu haben.
Frage 4:
Für welche dieser Produkte ist der CO2-Ausstoß während der Nutzungsdauer bekannt?
Antwort:
Nach Kenntnis der Vergabestelle 1 entstehen während der Nutzungsdauer der oben gelisteten Produkte direkt keine CO2-Emissionen, da es sich entweder um Verbrauchsmaterial oder um elektrisch betriebene Produkte (Fahrzeug, E-Roller etc.) handelt, die mit Ökostrom betrieben werden.
Frage 5:
Gab es für diese Produkte jeweils klimaschonendere Alternativen? Wurde nach diesen Alternativen gesucht? Gab es dahingehend eine Bewertung?
Antwort:
Produkte wie beispielsweise Büromöbel müssen umfangreiche Vorgaben hinsichtlich des Arbeitsschutzgesetzes erfüllen, wodurch die aktuellen und marktüblich eingesetzten Materialien i.d.R. wenig bis gar nicht substituierbar sind. Im Falle einer Substitution von E1-Spanplatten mit sog. Vollholzmaterialien scheitert es bereits daran, dass die stadtweit insgesamt nachgefragten Mengen in dieser Ausführung kaum wirtschaftlich vertretbar zu beschaffen sind. Allerdings wird bei Büromöbeln die Einhaltung der RAL UZ 38 (Emissionsarme Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen) sowie keine PVC-Bestandteile und keine Bestandteile, die unter Verwendung von FCKW hergestellt wurden, gefordert. Das Holz muss aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern mit Zertifizierung für nachhaltige Bewirtschaftung stammen. Auch das Produkt Recyclingpapier muss grundsätzlich den aktuellen Anforderungen des RAL Umweltzeichens „Der Blaue Engel“ oder vergleichbaren Zertifikaten entsprechen.
Bei den Produkten „Dienstfahrzeug (elektrisch angetrieben)“, „Pedelec“ und „E-Scooter“ handelt es sich bereits um die klimaschonenderen Alternativen.
Frage 6:
Wie soll der Beschaffungsprozess künftig gestaltet sein, damit er dem Ziel der Klimaneutralität gerecht wird?
Antwort:
Die Themen Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sind bereits fest in der öffentlichen Beschaffung der Landeshauptstadt München verankert. So enthalten die Vergabeunterlagen umfassende Leistungsbeschreibungenmit leistungsbezogenen und allgemeinen (z.B. Auftragsausführung, Lieferung und Versand betreffend) Klimaschutz- und Nachhaltigkeitskriterien. Im Rahmen des „Integrierten Handlungsprogramms Klimaschutz in München“ (IHKM), Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11745, wurden unter anderem Maßnahmen beschlossen, die die Nachhaltigkeit in der Beschaffung in mehreren Bereichen vorantreiben und ausbauen. Mit der Maßnahme „7.1.5 Schulung(smodul) nachhaltige Beschaffung“ sollen gezielt die Beschaffenden und Einkäufer*innen in den Dienststellen hinsichtlich Nachhaltigkeit sensibilisiert und geschult werden. Weiterhin tragen die Maßnahmen „7.2.2 Entwicklung von Bewertungskriterien für nachhaltige Beschaffung“ und „7.3.3 Klimaneutraler Versand“ zu einer Ausweitung der nachhaltigen Beschaffung bei.
Zur Erreichung der klimaneutralen Stadtverwaltung bis 2030 (Stadtratsbeschluss vom 18.12.2019 zur Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 16525, Beschlussziffern 2 und 16) hat das Direktorium bereits mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. So sollen unter anderem weitere Klimakriterien in allen Beschaffungsvorgängen verbindlich gefordert werden, eine Negativliste für Direktbeschaffungen erstellt und der Kauf von überwiegend langlebigen und reparaturfreundlichen Produkten ausgeweitet werden. Zudem wird eine Neuorientierung und Intensivierung der Bedarfsprüfung für Fahrzeuge hinsichtlich der Berücksichtigung von CO2-Vermeidung angestrebt.
Darüber hinaus wurde das Referat für Klima- und Umweltschutz (vormals RGU) vom Stadtrat beauftragt, im Rahmen des Prozesses zum „Integrierten Handlungsprogramm Klimaschutz in München“ (IHKM), ein Fachgutachten „Klimaneutralität 2035“ von einem externen Fachgutachter erstellen zu lassen. Im Rahmen dieses Fachgutachtens sollen unter anderem die bereits laufenden und geplanten Maßnahmen analysiert werden, sowie Empfehlungen zur Fortführung, Neuausrichtung, Ergänzung und Neueinführung von Instrumenten und Maßnahmen gegeben werden. Darauf basiert mitunter auch die künftige Gestaltung des Beschaffungsprozesses.
Für die von Ihnen gewährte Fristverlängerung bedanke ich mich.