Pop-Up-Stores in München – 1
Antrag Stadtrats-Mitglieder Hans Hammer, Dr. Evelyne Menges, Manuel Pretzl und Thomas Schmid (CSU-Fraktion) vom 13.11.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Sie beantragen, dass in der Fußgängerzone in der Münchner Innenstadt Pop-Up-Stände eingerichtet werden können, um die Flächen der Fußgängerzone optimal zu nutzen, deren Attraktivität zu steigern und damit die Münchner Wirtschaft zu fördern. Dies begründen Sie wie folgt: „Diese Pop-Up-Stände ermöglichen den Besucher*innen der Fußgängerzone ein dynamisches, einzigartiges Einkaufserlebnis und erregen Aufmerksamkeit. Durch die Attraktivität der Stände und der angebotenen Waren erhöht sich ggf. die Attraktivität der Fußgängerzone und die Münchner Wirtschaft wird angekurbelt, was mittel- bis langfristig betrachtet zu steigenden, auch städtischen Einnahmen, führen kann. Des Weiteren erhöht die Stadt München durch eine attraktive Innenstadt ihr modernes Ansehen.“
Ihr Antrag betrifft in erster Linie die Genehmigung von Sondernutzungen auf öffentlichem Straßengrund auf Grundlage der vom Stadtrat beschlossenen Sondernutzungsrichtlinien.
Gemäß § 32 der Sondernutzungsrichtlinien können Ausnahmen von deren Regelungen bewilligt werden. Der Vollzug dieser (Ausnahme-)Regelungen stellt eine laufende Verwaltungsangelegenheit dar, die vom Kreisverwaltungsreferat wahrzunehmen ist.
Der Inhalt Ihres Antrags betrifft folglich eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, die Beantwortung erfolgt daher auf diesem Wege.
In Abstimmung mit dem Gesundheitsreferat sowie im Benehmen mit dem Oberbürgermeister teilen wir Ihnen Folgendes mit:
Der öffentliche Straßengrund der Landeshauptstadt München ist ausschließlich für die Benutzung durch den Verkehr gewidmet. Jede Benutzung über den sog. Gemeingebrauch hinaus stellt eine Sondernutzung dar, die einer Erlaubnis nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz bedarf. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis steht im Ermessen der Behörde. Zur einheitlichen Handhabung dieses Ermessens hat die Landeshauptstadt München die „Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München (SoNuRL)“ erlassen, die für die Verwaltung bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Sondernutzungen – insbesondere auch im Sinne der Gleichbehandlung – grundsätzlich bindend sind.§ 20 SoNuRL regelt die Vorgaben für den Straßenhandel u.a. mit Verkaufsständen abschließend. Neben fünf festgelegten Werbeverkaufsständen in der Fußgängerzone ist außerhalb von Veranstaltungen nur der ambulante Handel mit Obst, Blumen sowie Maroni zulässig. Für weitere Verkaufsstände auf öffentlichem Grund ist in den Sondernutzungsrichtlinien keine Genehmigungsmöglichkeit vorgesehen. Um keine Präzedenzfälle zu schaffen, den steigenden Druck Gewerbetreibender auf den öffentlichen Raum nicht weiter zu erhöhen und die ohnehin schon bestehenden Konflikte bei der Nutzung des öffentlichen Grunds nicht zusätzlich zu verschärfen, werden daher Pop-Up-Stände generell nicht über den in § 20 SoNuRL festgelegten Rahmen hinaus zugelassen.
Dies muss im besonderen Maße für die Münchner Fußgängerzone gelten:
Seit Gründung der Fußgängerzone ist die Landeshauptstadt München bemüht, den Charakter und den besonderen Charme dieses Bereiches bestmöglich zu erhalten. Hierzu dürfen die den Fußgänger*innen zur Verfügung stehenden Flächen nicht in überzogener Weise aufgrund der wirtschaftlichen Interessen Einzelner eingeschränkt werden. In diesem Sinne wird dieser Bereich auch durch die Altstadt-Fußgängerbereiche-Satzung in besonderem Maße vor ausufernden Sondernutzungen geschützt.
Die Nachfrage nach Flächen für Sondernutzungen in der Fußgängerzone ist aufgrund der dortigen Kundenfrequenzen weiterhin hoch. Es kann deshalb über entsprechende Anträge für diese sensiblen Bereichen nur mit Augenmaß entschieden werden, da bereits jetzt schon umfangreiche Flächen für Sondernutzungen genutzt werden. So sind in der Fußgängerzone derzeit 38 Freischankflächen mit ca. 2.055 m² Fläche, 21 Verkaufsstände für Obst und Blumen, 5 Plätze für den Werbeverkauf und ganzjährig Flächen für Warenvertriebs-/Mitgliederwerbestände von gemeinnützigen Organisation genehmigt. Zudem werden auch immer wieder Erlaubnisse für Infostände erteilt. Ferner befinden sich noch längerfristig mehrere Großbaustellen in der Fußgängerzone (z.B. Bereich um die Alte Akademie und der Marienhof). Weitere umfangreiche Nutzungsmöglichkeiten des Verkehrsgrunds für Pop-Up-Stände würden die Flächen für Fußgänger*innen darüber hinaus in einem nicht mehr vertretbaren Umfang einschränken.
Auch und gerade während der Corona-Pandemie können hiervon keine Ausnahmen zugelassen werden:Aufgrund der derzeit geltenden 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) können lediglich diejenigen Geschäfte öffnen, die im Schwerpunkt die Grundversorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs decken (z.B. Verkauf von Lebensmitteln, Apotheken, Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften). Im Übrigen kann der Einzelhandel nur über „Click und Collect“ einen geringen Umsatz generieren. Daher sind derzeit Pop-Up-Stände außerhalb des Angebots von Gütern des täglichen Bedarfs bereits aufgrund der infektionsschutzrechtlichen Vorgaben – also im Sinne des Infektionsschutzes – unzulässig. Hierzu führt das Gesundheitsreferat Folgendes aus:
„Wie alle anderen Dienstleistungs-, Einzelhandels-, und/oder Gastronomiebetriebe müssten sich auch Pop-Up-Stände innerhalb der jeweils geltenden und von Corona-Sonderregelungen geprägten rechtlichen Rahmenbedingungen bewegen. Angesichts der geltenden landesweiten Einschränkungen kommt die Genehmigung von Pop-Up-Ständen derzeit nicht in Betracht.“
Auch wenn die derzeit pandemiebedingten Einschränkungen für den Einzelhandel wieder gelockert werden, sind gerade auch während der Corona-Pandemie Pop-Up-Stände in der Fußgängerzone nicht sinnvoll:
In den Sommermonaten des vergangenen Jahres hat sich gezeigt, dass sich aufgrund der vom Einzelhandel zu beachtenden Maximalkundenzahlen insbesondere am Wochenende teilweise lange Warteschlangen vor den Geschäften bilden und dadurch der Raum für Passanten sehr begrenzt ist. Diese Situation würde sich durch weitere Stände zusätzlich verschärfen.
Das Gesundheitsreferat führt hierzu aus:
„Weiterhin wird aus epidemiologischen Gesichtspunkten heraus bereits jetzt für den Fall von Lockerungen zu bedenken gegeben, dass Menschenansammlungen gerade in der zu Verkaufszeiten ohnehin recht dicht gedrängten Innenstadt unbedingt zu vermeiden sind.
Nachdem Pop-Up-Stände selbst nicht unerheblich viel Platz benötigen, der andererseits als Ausweichfläche wegfällt, wird es für die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit im Einzelnen entscheidend auf das Gesamtkonzept, den genauen Standort und die infektionshygienischen Rahmenbedingungen ankommen. Hierbei wird auch die (potentielle) Anziehungskraft der jeweiligen Pop-Up-Stände eine maßgebliche Bedeutung einnehmen. Für eine evtl. künftige Genehmigung im Einzelfall bedarf es daher in jedem Fall einer dezidierten Prüfung unter Würdigung der Gesamtumstände.“Schließlich würde durch die Pop-Up-Stände zusätzliche Konkurrenz für die bestehenden Einzelhandelsbetriebe geschaffen. Die Betriebe haben derzeit bereits mit dem starken Rückgang des Kund*innenverkehrs zu kämpfen und müssen gleichzeitig viel stärker als zu normalen Zeiten mit dem von den Verbraucher*innen stark nachgefragten Online-Handel konkurrieren. Der stationäre Handel hat zudem deutlich höhere Fixkosten (Miete, Personal etc.) zu stemmen als etwaige temporäre Läden. Aufgrund dessen und der etwaigen Attraktivität besonderer Angebote wäre mit weiteren Umsatzeinbußen für die in der Fußgängerzone angesiedelten Einzelhandelsgeschäfte zu rechnen.
Darüber hinaus aber wird die Aufstellung von Pop-Up-Ständen auf öffentlichem Grund sowohl während als auch nach Geltung der infektionsschutzrechtlichen Beschränkungen aus den genannten Gründen grundsätzlich abgelehnt.