Corona: Kann die häusliche medizinische Betreuung der Covid-Patienten in München verbessert werden?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sabine Bär und Professor Dr. med. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 21.1.2021
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Viele Menschen kurieren ihre Covid-Erkrankung zu Hause aus, wünschen sich aber eine engmaschigere medizinische Betreuung – nicht zuletzt vor dem Hintergrund von potentiellen langfristigen Folgeschäden durch Corona ist die Verunsicherung hier groß“.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahme der von Oberbürgermeister Reiter ernannten Ärztlichen Corona-Koordinatoren für München wie folgt:
Frage 1:
Wie viele Menschen in München nehmen keine stationäre Hilfe im Rahmen ihrer Covid-Erkrankung in Anspruch und bleiben in ihrem häuslichen Umfeld?
Antwort:
Seit Beginn der Pandemie bis einschließlich 31.12.2020 wurde in München bei insgesamt 44.730 Personen das SARS-CoV-2-Virus nachwiesen. Davon wurden laut Krankenhaus-Entlassdaten 4.112 Münchner*innen aufgrund einer Covid-19-Erkrankung stationär behandelt. Somit konnten 40.618 Infizierte (91%) ambulant behandelt werden.
Auch im Januar 2021 kann man von einem ähnlichen Anteil ambulant Behandelter ausgehen, auch wenn die Krankenhaus-Entlassdaten für diesen Monat noch nicht vorliegen. Mit Stand 28.1.2021 werden von ca. 2.700 Infizierten in München ca. 300 Patient*innen in Krankenhäusern behandelt, davon fast ein Drittel auf Intensivstation. Es ist also davon auszugehen, dass ca. 2.400 Infizierte im Moment zu Hause sind. Damit werden aktuell fast 90% der Patient*innen mit COVID-19 im niedergelassenen Bereich durch Haus- und Fachärzt*innen versorgt oder haben so wenig gesundheitliche Probleme, dass sie keine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen.
Eine internationale Metaanalyse schätzt, dass ein Fünftel bis ein Drittel der mittels PCR-Untersuchung nachgewiesenen COVID-19-Infektionen asymptomatisch verläuft. Das trifft vor allem auf jüngere Personen zu, die oftmalseinen milderen bzw. asymptomatischen Verlauf der COVID-19-Infektion haben und daher keinerlei medizinische Behandlung bedürfen.
Frage 2:
Wie werden diese Patienten zu Hause ärztlich versorgt?
Antwort:
Die Ärztlichen Corona-Koordinatoren für München antworten auf diese Frage wie folgt:
Beim Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband (ÄKBV) München/München Land sind ca. 6.000 Ärzt*innen in ca. 4.000 Praxen gemeldet, die die ambulante Versorgung sicherstellen. Von den ca. 1.000 Hausarztpraxen bieten die meisten Infektsprechstunden, Testungen und Haus-/Heimbesuche an. Im Rahmen des Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung steht neben der Versorgung durch die betreuenden Haus- und Facharztpraxen ein verlässliches System zur Versorgung der Patient*innen in Form einer eigens eingerichteten Bereitschaftspraxis Infekt und dem Fahrdienst des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes zur Verfügung (wochentags tagsüber mindestens 14, nachts 4 und am Wochenende 20 Fahrzeuge). Das Rettungsdienst- und Notarztsystem ergänzt die Versorgung bei akuter Verschlechterung.
Frage 3:
Gibt es Ansätze, diejenigen (Haus)Ärzte bevorzugt zu impfen, die Hausbesuche bei Covid-Patienten vornehmen?
Antwort:
Die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) in der Fassung vom
8.2.2021 regelt unter anderem die Priorität der Durchführung der Schutz- impfung. In § 2 dieser Verordnung sind im Rahmen der höchsten Priorität u.a. die Ärzt*innen erfasst, die in den stationären Einrichtungen der Altenpflege und denen der Behindertenhilfe ihre Patient*innen versorgen. Auch Hausärzt*innen, die Infektsprechstunden anbieten, bzw. im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes Patient*innen im Rahmen eines Hausbesuchs versorgen, sind nach CoronaImpfV dieser Gruppe zuzuordnen. Diese Personengruppen erfüllen somit die Voraussetzungen für eine Impfung mit höchster Priorität und werden derzeit auch sukzessive im Rahmen der verfügbaren Impfstoffmengen geimpft.
Dies entbindet die behandelnden Ärzt*innen selbstverständlich nicht von der Notwendigkeit eines Eigenschutzes durch eine entsprechende Schutzausrüstung.
Frage 4:
Müssen Covid-erkrankte Menschen, bei denen sich zu Hause der Gesundheitszustand verschlechtert, den Notarzt rufen oder gibt es ein verlässliches System von Hausbesuchen im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes?
Antwort:
Die Ärztlichen Corona-Koordinatoren für München antworten auf diese Frage wie folgt:
Bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes steht den Münchner Patient*innen zunächst einmal ihre Hausärzt*in telefonisch und oft auch schon per Videosprechstunde zur Verfügung. Bei medizinischer Indikation führt der Großteil der Hausarztpraxen auch Hausbesuche durch. Neben der hausärztlichen Versorgung stehen in München zusätzlich der Besuchsdienst des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns in der in Frage 2 genannten Konstellation, sowie mehrere privatärztliche Bereitschafts- und Hausbesuchsdienste zur Verfügung. Im Falle einer akuten und raschen Verschlechterung des Gesundheitszustands ist es für die Betroffenen jederzeit möglich, per Notruf die Integrierte Leitstelle München zu erreichen. Von dort wird je nach geschilderter Symptomatik ein Krankentransportwagen mit oder ohne Notärzt*in geschickt.
Frage 5:
Welche Empfehlungen spricht das Gesundheitsreferat den Covid-Erkrankten derzeit zur Verbesserung der Langzeitprognose aus und wie werden diese Empfehlungen vermittelt?
Antwort:
Die Aufgaben des Gesundheitsreferats im Rahmen der Pandemiebe-
kämpfung liegen in erster Linie in der von einer Indexperson ausgehenden Kontaktpersonenermittlung und der Unterbrechung der Infektketten. Selbstverständlich werden in Einzelfällen im Rahmen eines amtsärztlichen Ermittlungsgesprächs auf Wunsch auch Verhaltenshinweise gegeben, die über die Anordnung und Umsetzung der Quarantänemaßnahmen hinaus gehen. Dazu zählt beispielsweise die Vermeidung körperlicher Anstrengungen in der Rekonvaleszenz. Grundsätzlich wird aber die Beratung einzelner Covid-Patient*innen unter Berücksichtigung des individuellen Krankheitsverlaufs zunächst bei den behandelnden Ärzt*innen bzw. Kliniken gesehen.