Alternative Wohnformen brauchen ihren Platz in München – Wagenplätze sichern
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anna Hanusch, Dominik Krause, Angelika Pilz-Strasser, Christian Smolka, Sibylle Stöhr (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Kathrin Abele, Dr. Julia Schmitt-Thiel, Julia Schönfeld-Knor, Andreas Schuster, (SPD/Volt-Fraktion) vom 26.11.2020
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München, Kommunalreferat (KR), auf, eine Stelle in der Stadtverwaltung zu benennen, die zentral alle Fragestellungen, die sich im Rahmen der Grundstücksfindung, Vertragsgestaltung und Nutzung von städtischen Flächen für Wagenplatzbetreiber*innen ergeben, bündelt und koordiniert (Ziff. 1). Zudem sollen für Wagenplatzbetreiber*innen und die Landeshauptstadt München (LHM) Grundlagen für eine beiderseitige Planungssicherheit geschaffen werden (Ziff. 2).
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine „laufende“ Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 26.11.2020, Ziff. 1, teile ich Ihnen Folgendes mit: Die Stadtverwaltung setzt sich seit Langem intensiv mit dem Thema „alternative Wohnformen“ auseinander. Eine zentrale Stelle für Fragen, die sich in diesem Zusammenhang mit städtischen Flächen ergeben, könnte grundsätzlich im KR angesiedelt werden. Dies ist jedoch nicht im Rahmen der zur Verfügung stehenden, voll ausgelasteten Personalkapazitäten möglich. Eine solche Stelle müsste somit geschaffen und eingerichtet werden. Mittel dafür stehen derzeit im Referatsbudget nicht zur Verfügung. Öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Erlaubnisse etc. müssten zudem durch die Interessent*innen selbst beim Referat für Stadtplanung und Bauordnung, HA IV/Lokalbaukommission (PLAN, HA IV/LBK), eingeholt werden. Sie sind sonstigen Bauherr*innen gleichzustellen.
Zu Ziff. 2 hat das PLAN, HA IV/LBK, Folgendes ausgeführt:
„Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung stellen Wagenburgen einen städtebaulichen Missstand dar (zuletzt Beschluss OVG Berlin, 22.1.2003, 2S 45.02 – einstweilige Anordnung gegen die Senatsverwaltung auf Beseitigung einer Wagenburg auf Antrag mehrerer Nachbarn).
Eine Wagenburg, also Wohnen in Zirkus- oder Eisenbahnwagons, ist grundsätzlich als Art der Nutzung in keinem der Baugebiete der BauNVO zulässig und gegenüber der Nachbarschaft rücksichtslos. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nach gängigen Maßstäben lassen sich im Substandard einer Wagenburg nicht herstellen.
Auch mit Mitteln der Bebauungsplanung kann – wenn man dieser Rechtsprechung folgt – keine Rechtsgrundlage für Wagenplätze geschaffen werden.
Bauordnungsrechtlich erfüllen Bauwägen/Zirkuswägen/Eisenbahnwagons, die ortsfest gestellt werden sollen, nahezu keine Vorschrift. Sie liegen aufgrund unzureichender Dämmung energetisch weit von geforderten Standards und bieten auch gegen Lärm von außen unzureichend Schutz. Das Heizsystem (jedenfalls ist das überwiegend der Fall) ist Holzbrand, also ein Ofen je Wagen, um nur wenige der Themen anzusprechen.
Wegen der durchgängigen Abweichung von baurechtlichen und anderen Standards kommt die Erteilung einer Baugenehmigung nicht in Betracht.“
Ergänzend hierzu ist aus Sicht des KR anzumerken:
Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebietet, dass nur Nutzungen auf städtischen Grundstücken ermöglicht werden, die öffentlich-rechtlich zulässig sind. Durch Vermietung eines Grundstückes für einen Mietzweck, der öffentlich-rechtlich unzulässig ist oder Rechten Dritter widerspricht, würde sich die LHM als Vermieterin unter anderem Schadensersatzansprüchen der Mieter*innen aussetzen. Eine abweichende Regelung im Grundstücksmietvertrag und somit eine „Flucht“ aus dieser Verantwortung für die Eignung des Mietgrundstückes ist nicht wirksam möglich.
Deshalb ist es notwendig, dass die Interessent*innen vor Abschluss eines Grundstücksmietvertrages mit dem PLAN, HA IV/LBK, klären, ob ein Mietgrundstück überhaupt für den Mietzweck (hier Wohnen) geeignet ist. Dies gilt vor allem bei der Vereinbarkeit des Mietzwecks mit Bauordnungs- und Bauplanungsrecht.
Für eine Vermietung eines städtischen Grundstücks bedeutet dies, dass die Stadt auf ihren Grundstücken keine Nutzung gestatten darf, die den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, vor allem solchen des Bauplanungs- undBauordnungsrechts, widerspricht. Jegliche vertragliche Vereinbarung mit Nutzer*innen, die diesen zuwider läuft, darf deshalb nicht geschlossen werden. Auch eine Vereinbarung, die nicht explizit als „Mietvertrag“ betitelt wird, fällt darunter.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass insbesondere die rechtlichen Voraussetzungen für eine Vermietung oder sonstige Nutzungs-überlassung auf städtischen Grundstücken nicht gegeben sind. Auch die bisherigen temporären Vergaben städtischer Grundstücke an alternative Wohnformen (z.B. „Wagenburgen“) sind nur geduldet.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.