Generisches Femininum
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit und Thomas Lechner (DIE LIN- KE./Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 13.10.2020
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Stadtratsantrag vom 13.10.2020, eingegangen am 14.10.2020, fordern Sie einen Stadtratsbeschluss, dass die Münchner Stadtverwaltung intern und extern ab dem 1.1.2021 ausschließlich im Generischen Femini- num kommuniziert.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weil die binnenadministrative Regelung des Gegenstandes Ihres Antrages für die Landeshauptstadt München ein Geschäft der laufenden Verwaltung ist. Eine beschlussmäßige Behandlung Ihres Antrages im Stadtrat ist folglich nicht möglich. Die Beantwortung erfolgt deshalb auf diesem Wege.
Der Bundesgesetzgeber hat im Personenstandsgesetz (PStG) mit Wirkung vom 22.12.2018 folgende Möglichkeiten für Einträge im Geburtenregister geschaffen: weiblich, männlich, divers, ohne Angabe. Er setzt damit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 10.10.2017 um. Das BVerfG gab darin als Leitsätze vor:
1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt auch Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts.
3. Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, werden in beiden Grundrechten verletzt, wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt.Aus diesen Leitsätzen ergibt sich das Erfordernis, die geschlechtergerechte Sprache bei der Landeshauptstadt München weiterzuentwickeln und den mündlichen sowie den schriftlichen Sprachgebrauch entsprechend anzupassen. Als Folge habe ich mit Wirkung vom 1.12.2019 die Allgemeine Geschäftsanweisung der Landeshauptstadt München (AGAM) entsprechend geändert. Im dienstlichen Schriftverkehr sowie bei städtischen Bekanntmachungen, Publikationen und Veröffentlichungen aller Art formuliert die Landeshauptstadt München Texte im Sinne der sprachlichen Erfüllung des Gleichstellungsgebots. Sie spricht Personen geschlechterdifferenziert unter vorangestellter Nennung der weiblichen Form und grundsätzlich in Kombination mit geschlechtsneutralen Begriffen an, wie zum Beispiel „Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr geehrte Beschäftigte“. Für die Darstellung geschlechtlicher und gesellschaftlicher Vielfalt können entweder der Genderstern oder das Gender Gap verwendet werden (Mitarbeiter*innen, Mitarbeiter_innen).
Diese bereits geltende Sprachregelung entspricht rechtlichen und sachlichen Gesichtspunkten im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO). Sie spricht gleichermaßen ausgewogen weibliche, männliche, trans*, inter* und nichtbinäre Personen an. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Menschen, die sich diesen beiden Kategorien in ihrer geschlechtlichen Identität nicht zuordnen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts. Dieser Auffassung des BVerfG wird die von mir verfügte AGAM-Änderung gerecht. Die ausschließliche Schreibweise in nur einem Geschlecht schließt ein vielfältiges Spektrum an Menschen aus.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.