Sammlung von Altspeisefetten und -ölen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Mona Fuchs, Judith Greif, Dominik Krause, Clara Nitsche, Julia Post, Dr. Florian Roth und Bernd Schreyer (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 13.10.2020
Antwort Komunalreferent Kristina Frank:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München, Kommunalreferat, auf, eine Sammlung von Altspeisefetten und -ölen aus Privathaushalten zu prüfen. Außerdem sollen die diesbezüglichen Angebote für gewerbliche Akteure nach ökologischen und ökonomischen Kriterien geprüft werden.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch ein laufendes Geschäft, dessen Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 GO i. V. m. der Betriebssatzung des AWM dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 13.10.2020 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen im Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) und bei der Münchner Stadtentwässerung liegen im Jahr 2020 die gleichen Rahmenbedingungen wie 2006 vor.
Gegenwärtige Sammlung von Altspeisefetten und -ölen aus Privathaushalten
Das Thema wird in der Abfallberatung sehr selten nachgefragt. Der AWM empfiehlt am Info-Telefon und in Broschüren den Münchner Privathaushalten Altspeisefette und -öle flüssigkeitsdicht verpackt über die Restmülltonne zu entsorgen.
Nur „feste Speisefette sowie Kleinstmengen an flüssigem Speiseöl können über die Biotonne entsorgt werden.“ Wichtiges Anliegen in der Beratung ist vor allem, dass Speiseöl nicht in den Ausguss gekippt werden darf.
Der bestehende Entsorgungsweg von Altspeisefetten und -ölen über die Restmülltonne wird von den Münchner Privathaushalten eingehalten.Wie 2006 auch, gibt es, nach Auskunft der Münchner Stadtentwässerung im November 2020, „kaum Ablagerungen im Münchner Kanalsystem durch Fette aus Münchner Haushalten.“
Aus Sicht der Wertstoffhöfe ist der Aufwand für die Sammlung der kleinen Mengen aufwendig (Herstellen und Transport der verschließbaren 3-Liter- Kunststoff-Sammelgefäße („Öli“) zu den Münchner Wertstoffhöfen, hier Lagerung und Ausgabe der Sammelgefäße, Annahme befüllter Gefäße, wöchentlicher Transport der Gefäße in eine Aufbereitungsanlage, dort Fett verflüssigen und sterilisieren, dann Transport aufbereiteter Altspeisefette und -öle zu einer Biodieselproduktionsstätte etc.). Auch gibt es nicht auf allen Wertstoffhöfen einen geeigneten überdachten Platz für die Sammlung.
Laut dem „Gemeindeverband für Abgabeneinhebung und Umweltschutz im Bezirk Mödling (Österreich)“ z.B., entsteht aus einem Kilogramm Altspeiseöl etwa 0,85 Liter Biodiesel.
Zudem sind die Mengen an Fritteusenfett, nach Einschätzung des Geschäftsbereiches Wertstoffhöfe im AWM, gegenüber dem Jahr 2006 sogar eher geringer geworden, nachdem Heißluftfritteusen, für die fast kein Öl mehr verwendet werden muss, sehr beliebt sind.
Die Altspeisefette und -öle werden als Restmüll im Heizkraftwerk München Nord thermisch und damit als regenerative Energieträger zur ganzjährigen Strom- und Fernwärmeerzeugung verwertet. Deshalb bedarf es in München keines transportintensiven separaten Sammelsystems für diese Materialien. Im Übrigen wird auch in der Studie der TU-München1 die energetische Verwertung als idealer Verwertungsweg vorgeschlagen. Über Störungen in der Müllverbrennung oder verschmutzte Restmüllbehälter im Hausmüllbereich ist dem AWM nichts bekannt.
Aus Sicht des AWM ist eine Sammlung wirtschaftlich betrachtet − auch im Hinblick auf die anstehende Gebührenkalkulation – nicht zielführend.
Erfahrungen aus anderen Landkreisen und Städten
Im benachbarten Landkreis Fürstenfeldbruck (über 219.000 Einwohner, Stand Juni 2019) wird zum Beispiel das auf den großen Wertstoffhöfen erfasste Altspeisefett von der NFK Süd GmbH, einem zertifizierten Entsorger, abgeholt und nach einer Aufbereitung der energetischen Verwertung zugeführt. Die NFK stellt vor Ort die entsprechenden Sammelbehälter zur Verfügung und sorgt für deren Austausch.Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Auftragsumfang gering ist. Im ersten Halbjahr 2020 wurden im Landkreis Fürstenfeldbruck knapp 40 Sammelbehälter getauscht. Falls die Eimer mit je 3 Liter gefüllt waren, wären es ca. 120 Liter Biodiesel bei 6-monatiger Sammlung. Das entspricht etwas über einer bis 2,5 Tankfüllungen eines Autos. Für München (1.472.000 Einwohner, 2019) würde das bedeuten, dass etwa 10 bis 17 Autos aufgetankt werden könnten, bei gleicher Sammelleistung wie im Landkreis Fürstenfeldbruck.
In Berlin (3,769 Millionen Einwohner, Stand Dezember 2019) wird zwischen flüssigen und festen Fetten unterschieden. In flüssiger Form kommt das Fett in die Restmülltonne und damit in die Verbrennung, in fester Form dagegen in die Biotonne und von da in die Biogasanlage. Mit dem Biogas werden alle gasbetriebenen Fahrzeuge der Berliner Flotte betankt. Insgesamt fällt nicht viel Fett an, auch hier wird auf die Verwendung der Heißluftfritteuse verwiesen. Eine gesonderte Sammlung von Altspeisefetten und -ölen aus Privathaushalten gibt es nicht.
Gegenwärtige Sammlung von Altspeisefetten und -ölen aus dem Gewerbe
Im Gastronomie- bzw. gewerblichen Bereich sind flüssige Küchen- und Speiseabfälle (insbesondere Öle, Fette, Soßen, Suppen) sowie Küchen- und Speiseabfälle in pastöser, breiiger oder nicht stichfester Konsistenz und somit Speiseöle und -fette aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushalten von der Entsorgung durch die Stadt ausgeschlossen (§ 3 Abs. 1 Ziffer 7 Buchstabe c) Allgemeine Abfallsatzung).
Diese sind vielmehr getrennt zu sammeln und in zugelassenen Anlagen (Biogasanlagen) zu verwerten. Für jede Abholung müssen Handelspapiere und Aufzeichnungen im Sinne der VO (EG) Nr. 1069/2009 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 142/2011 geführt und aufbewahrt werden.
In München besteht ein funktionierender Entsorgungsmarkt für gewerbliche Speisefette und -öle. Grundsätzlich gibt es etablierte Entsorgungswege über die einschlägigen Speiseabfallverwerter, z.B. Fa. Berndt GmbH, NFK Süd GmbH, Fa. Kloh GmbH und Fa. Matzinger Entsorgungsbetrieb. Für den AWM gibt es keinen Zweck, sich daran zu beteiligen.
Anmerkung zur Antragsbegründung
Wie der Anlage (Internetauszüge aus „Jeder Tropfen zählt!“) zu entnehmen ist, würde sich eine Sammlung auf die Höhe der Müllgebühren der Münchner Bürger*innen auswirken. Zudem erfolgt keine Gegenüberstel-lung des Energieinputs für die Erstellung und den Betrieb eines Sammelsystems (Erzeugung der Kunststoff-Sammelgefäße, Transporte, etc.) und der Menge des Energieoutputs.
Durch die Vermittlung der Antragstellerin fand ein fachlicher Austausch mit den zuständigen Ansprechpartnern im Umweltamt der Stadt Erlangen und der durchführenden Firma Lesch zu den Erkenntnissen aus dem vom UBA finanzierten Modellvorhaben „Förderaufruf für investive Kommunale Klima- schutz-Modellprojekte im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom 5. Dezember 2019“ statt. Dem AWM fehlen derzeit die personellen und finanziellen Kapazitäten für diese zusätzliche Sammlung. Zudem ist die Sammlung in Erlangen noch nicht über ein Modellstadium hinaus, was auch die bisherigen Ergebnisse relativiert, aber hohe Investitionen voraussetzt, die in Erlangen derzeit noch über eine Kofinanzierung durch das UBA-Modellprojekt und demnächst über beantragte Fördermittel getragen werden.
Die umfangreichen Unterlagen zu dem Modellprojekt und der Antragstellung wurden an das für den Klimaschutz federführende Referat für Klima- und Umweltschutz weitergeleitet mit der Bitte, dieses Vorhaben im Rahmen des Integrierten Handlungsprogramm Klimaschutz in München (IHKM), das die zahlreichen Aktivitäten der Stadtverwaltung im Bereich des Klimaschutzes bündelt, zu prüfen. Im Rahmen des Quartiersansatzes sollen nicht nur Repair-Cafes stattfinden, sondern kleine Tauschbörsen und Wertstoffsammelstellen, Verleihzentren für Geräte und Dienstleistungen sowie eine Möglichkeit der Umweltbildung und Information über Abfallvermeidung geschaffen hat. Das Projekt „jeder Tropfen zählt“, könnte diese geplanten Maßnahmen ergänzen, verbunden mit der Perspektive, die CO2-Emissionen weiter zu reduzieren.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Die Anlage zum Antrag kann abgerufen werden unter:
https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_dokumente.jsp?risid=6271230
1 TUM (2001): Altspeisefette – Aufkommen und Verwertung. Technische Universität München, Freising.