Konsequenzen aus dem Katastrophen-Warntag!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Fabian Ewald, Jens Luther und Dr. Evelyne Menges (CSU-Fraktion) vom 16.9.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Wir beziehen uns auf Ihren Stadtratsantrag „Konsequenzen aus dem Katastrophen-Warntag!“ der CSU vom 16.9.2020.
Sie beantragen die Erstellung eines Konzepts, mit welcher man die Münchner Bürger*innen flächendeckend und ausreichend innerhalb kurzer Zeit vor akuten Gefahrenlagen warnen kann. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Die Landeshauptstadt München hat als Kreisverwaltungsbehörde den gesetzlichen Auftrag zur Warnung der Bevölkerung sowohl nach dem Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz als auch nach dem Bayerischen Katastrophenschutzgesetz (BayKSG). Es gibt jedoch keine gesetzlichen Vorgaben zur Art und Weise und zur technischen Funktionalität von Warnsystemen.
Bis Anfang der 1990er Jahre hat der Bund ein flächendeckendes Sirenenwarnsystem finanziert. Die technische Betreuung oblag der Landeshauptstadt München im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung. Parallel zur Sirenenwarnung waren auch damals schon Durchsagen in Rundfunk und Fernsehen vorbereitet, die im Ernstfall gesendet worden wären. Auch diese Warnmöglichkeiten erreichten Ihren Zweck nur, wenn sie von den Bürger*innen wahrgenommen wurden und diese ihre Bedeutung kannten.
Nachdem sich die ehemalige politische Situation zwischen Ost und West entspannt hatte und der sog. kalte Krieg keine politische Bedeutung mehr besaß, entschloss sich der Bund, die Finanzierung der Sirenen einzustellen. Die Branddirektion hatte bereits das Warnkonzept für den Katastrophenschutz auf Lautsprecherfahrzeuge umgestellt, sodass für die Bevölkerungswarnung aus zivilschutzrechtlicher Sicht bereits ein adäquates Ersatzsystem nutzbar war. Der Erhalt des in die Jahre gekommenen Sirenensystems auf städtische Kosten war damit unwirtschaftlich und widersprach somit kommunalrechtlichen Grundsätzen. Die Sirenen wurden daher auf Kosten des Bundes komplett zurückgebaut und sind heute nicht mehr vorhanden.
Die Warnung über Lautsprecherfahrzeuge war schon damals wesentlich effektiver. An Stelle von verschiedenen Sirenentonfolgen, deren Bedeutung bei der Bevölkerung bekannt sein musste, können durch Lautspre-cherdurchsagen wesentlich direkter konkrete Warnungen und spezifische Handlungsanweisungen formuliert werden. Zudem ist eine gezielte Warnung betroffener Ortsteile möglich. Nach wie vor waren aber auch Radio- und Fernsehdurchsagen fester Bestandteil des Warnsystems der Landeshauptstadt München.
Die Verbreitung des Internets, die zunehmende Zahl von Mobiltelefonen in der Bevölkerung und anderer mobiler internetfähiger Geräte und die damit verbundene Nutzung sozialer Medien eröffneten weitere Kommunikationsmöglichkeiten zur Bevölkerungswarnung. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe entwickelte die Warnapp NINA. Weitere Warnapps wurden auf dem Freien Markt zur Verfügung gestellt. Die Branddirektion entschloss sich in diesem Zuge zur Kooperation mit dem Anbieter der Warnapp KATWARN.
Das heute von der Branddirektion für München aufgebaute Warnsystem ist geeignet, die Menschen in München flächendeckend und in ausreichend kurzer Zeit vor akuten Gefahrenlagen zu warnen. Es besteht aus folgenden Komponenten:
Lautsprecherfahrzeuge:
Die Branddirektion verfügt über 14 Mobile Lautsprecher Anlagen (Mobela). Diese sind flächendeckend über das Stadtgebiet verteilt. 10 Anlagen auf 9 Feuerwachen der Berufsfeuerwehr und 4 Anlagen an Standorten der Freiwilligen Feuerwehr. Diese werden nach der Alarmierung auf Trägerfahrzeuge verbaut. Somit kann nach einer Vorlaufzeit von ca. 30 bis 45 Minuten die Warnung oder Information der Bevölkerung beginnen.
Nutzung von Internetplattformen:
Zur Krisenkommunikation und Warnung der Bevölkerung werden von der Pressestelle der Branddirektion Informationen auf den Social-Media-Kanälen der Feuerwehr ausgespielt. Das aktuelle Einsatzgeschehen, die Warnung und fortlaufende Informationen werden hierbei auf Twitter gesendet. Diese Informationsweitergabe findet unter dauerhaftem Monitoring statt und ist daher sofort steuerbar. Eine erste Meldung oder Warnung wird ebenfalls auf Facebook und im Bedarfsfall auf Instagram stattfinden. Dies erfolgt ebenfalls ohne Verzögerung.
Hinzu kommt die Nutzung der Internetseite der Feuerwehr, auf der ebenfalls binnen weniger Minuten konkrete Warnmeldungen verbreitet werden können.
Über die Social-Media-Nutzung erreicht die Branddirektion bereits bei lokal begrenzten Schadenereignissen über alle genutzten Plattformen eine Verbreitung von bis zu 200.000 Aufrufen.
Warnapp KATWARN:
Am 10.9.2020 wurde, wie üblich an den Warntagen, eine Meldung auf KATWARN durch die Integrierte Leitstelle ausgelöst. Die Verbreitung und somit die Reaktionszeit liegt letztendlich in der Verantwortung des Providers und ist nicht durch die Integrierte Leitstelle beeinflussbar. Erfahrungsgemäß ist die Übertragungszeit zum Nutzer sehr gering. Zum Zeitpunkt 21.1.2021 sind mehr als 180.000 Nutzer*innen bei KAT-WARN im PLZ-Bereich München angemeldet. Nicht beinhaltet sind die Nutzer*innen, welche die Schutzengelfunktion freigeschaltet haben (Warnungen am jeweiligen Aufenthaltsort).
Zu der Warnung am 10.9.2020 wurden insgesamt 185.680 Nutzer*innen erreicht.
Radiodurchsagen:
Neben der Nutzung der Social-Media-Kanäle und der Internetmöglichkeiten werden, ebenfalls gesteuert durch die Pressestelle der Branddirektion, Radiodurchsagen formuliert und an die Münchner Sendestationen weitergegeben, sodass auch hierüber eine zeitnahe konkrete Warnung der Bevölkerung sichergestellt ist.
Die Branddirektion hat keine Möglichkeit statistisch auszuwerten, wie viele Bürger*innen damit tatsächlich im Ernstfall erreicht werden können. Durch die Vielseitigkeit und Kombination klassischer und moderner Kommunikationswege ist allerdings eine möglichst weite Verbreitung sichergestellt.
Abschließend ist festzustellen, dass die bestehende Konzeption der Branddirektion zur Warnung der Bevölkerung aus zivilschutz- und katastrophenschutzrechtlicher Sicht deutlich zielgerichteter ist und auf vielseitigeren Kommunikationswegen Informationen in die Bevölkerung bringt, als das ein Sirenen gebundenes Warnsystem erreichen könnte. Jedes Warnsystem setzt, damals wie heute, aber voraus, dass die Bürger*innen ganz persönlich in der Lage sind, die Warnung auch wahrzunehmen, und sich eigeninitiativ mit den angebotenen Systemen auseinandersetzen. Auch hierin stellt das bestehende Warnsystem eine Vereinfachung für die Bürger*innen dar.
Die Branddirektion ist ständig daran, bestehende Systeme weiterzuentwickeln und neue technische Möglichkeiten zu nutzen, die sinnvoll, zielgerichtet und mit wenig Aufwand eingesetzt werden können. Sobald sich unter diesen Rahmenbedingungen eine Möglichkeit ergibt, das bestehende Warnsystem effizienter zu machen, werden wir sie nutzen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.