Erweiterter Datenzugriff der Corona-Warn-App
Antrag Stadtrat Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 10.11.2020
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Ihrem Antrag liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Der Oberbürgermeister setzt sich bei der Bundesregierung dafür ein, dass die Corona-Warn-App dahingehend aufgerüstet wird, dass sie konkrete Daten bzgl. Infektionszeitraum und Aufenthalte der Covid-positiv getesteten Menschen zentral erfasst, wenn dies von den Nutzern zugelassen wird. Besonders wertvoll wäre eine retrospektive Datenübertragung der Tage unmittelbar vor der positiven Testung (indem der Speicher ausgelesen wird). Datenschutzrechtliche Belange sind angesichts der massiv steigenden Corona-Infektionszahlen zurückzustellen.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Im Auftrag der Bundesregierung haben das Software-Unternehmen SAP und die Deutsche Telekom die Corona-Warn-App entwickelt. Diese verwendet die Technologie Bluetooth Low Energy (BLE). Dabei fungieren die einzelnen Smartphones, auf denen die App genutzt wird, als Beacons, die ständig ihre eigene temporäre ID aussenden, während sie gleichzeitig nach IDs anderer Smartphones suchen.
Um einen vollständigen Datenschutz zu gewährleisten und die Verfolgung von Bewegungsmustern der Nutzer zu verhindern, sind die gesendeten IDs nur temporär und ändern sich alle 15 Minuten. Neue IDs werden von einem Schlüssel abgeleitet, der sich täglich durch ein kryptografisches Verfahren ändert.
Die gesammelten IDs anderer Nutzer werden lokal auf jedem einzelnen Smartphone gespeichert.
Falls Nutzer positiv auf SARS-CoV-2 getestet werden, können sie der App eine Verifizierung ihres positiven Tests zur Verfügung stellen, indem sie die Option auswählen, dass ihre eigenen pseudonymisierten IDs geteilt werden. In der Folge werden ihre temporären Schlüssel der letzten 14 Tage auf einen Server hochgeladen. Auf diesem Server werden alle Schlüssel der Personen, die positiv getestet wurden, aggregiert. Diese Liste aller IDs wird dann allen betroffenen Smartphones, auf denen die Corona-Warn-App installiert ist, zur Verfügung gestellt.
Nachdem alle positiven Schlüssel auf die Smartphones heruntergeladen worden sind, wird von diesen dezentral analysiert, ob eine der von den Smartphones gesammelten IDs mit den IDs einer infizierten Person übereinstimmt.Das bedeutet also: Personen, die Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten, werden nicht von einer zentralen Instanz informiert, sondern ihr Smartphone ermittelt lokal das Risiko eines erfolgten Kontaktes. Diese Information bleibt auf dem Smartphone des Nutzers und wird nicht aktiv an andere weitergegeben.
Damit kann niemand feststellen, mit wem eine Person Kontakt hatte. Es können keine Informationen zur Nachverfolgung, Verhaltensprofile oder ähnliche Muster zentral erstellt werden.
Auf Grund der oben beschriebenen Konstruktion der Corona-Warn-App würde die von Ihnen vorgeschlagene Aufrüstung zur Auslesung konkreter Daten bzgl. Infektionszeitraum und Aufenthalte der Covid-positiv getesteten Menschen keinen Beitrag zur Kontaktpersonenermittlung oder der Ermittlung von Infektionsketten leisten können, da sämtliche in dieser Zeit erfolgten Kontakte lediglich auf den Smartphones der Kontaktpersonen, nicht aber auf dem Server gespeichert werden.
Damit würde auch die von Ihnen vorgeschlagene Aufrüstung der App nicht zu einem Mehrwert bezüglich der infektiologischen Ermittlungen führen.
Seit der Einführung der Corona-Warn-App am 16. Juni 2020 wurde diese von 24,9 Mio. Nutzer*innen auf deren Smartphone herunter geladen (Stand 6.1.2021).
In dieser Zeit wurden 319.261 potentiell teilbare Testergebnisse an die Nutzer*innen mitgeteilt. 185.437 Nutzer*innen haben sich dafür entschieden, ihr positives Testergebnis mit anderen zu teilen, dass entspricht einer Quote von 58%.
Die Corona-Warn-App in ihrer jetzigen Form stellt neben der intensiven präventiven Aufklärung zu Verhaltensweisen eine lediglich ergänzende Möglichkeit zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dar. Im Mittelpunkt muss aber weiterhin die umgehende infektiologische Meldung positiver Fälle, deren Rückverfolgung und die Unterbrechung der Infektketten durch Ermittlung der Kontaktpersonen sowie die anschließenden Quarantäne-Maßnahmen stehen. Aus oben genannten Gründen und insbesondere auf Grund der bestehenden Struktur der Corona-Warn-App ist die vorgeschlagene Erweiterung des Datenzugriffs leider nicht geeignet, zu einer Verbesserung des Contact Tracing beizutragen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.