Kein Mensch isst illegal – Runder Tisch Lebensmittelverschwendung
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit und Thomas Lechner (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 25.2.2021
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
In Ihrer Anfrage teilten Sie uns mit, dass Sie Informationen zum aktuellen Stand des Runden Tisches zum Thema „Lebensmittelverschwendung“ wünschen. Die zuständigen Fachdienststellen wurden vom Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) um eine Stellungnahme zu den Einzelfragen gebeten. Diese Abfrage hat entsprechend Zeit in Anspruch genommen.
Ich bedanke mich daher ausdrücklich für die gewährte Fristverlängerung.
Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der folgenden Fragen:
Frage 1:
Wurde für 2021 ein Termin angesetzt, um weitere Fragestellungen und Ideen in der Runde zu besprechen?
Antwort:
Seit dem Herbst 2020 arbeitet der AWM – unterstützt durch wissenschaftliche Begleitung – an dem Konzept zur Zero Waste City. Ein wichtiges Ziel, das im Rahmen des Projektes verfolgt wird, ist die Abfallreduzierung im Alltag durch verantwortungsbewussten Konsum zu fördern.
Vor diesem Hintergrund führt der AWM im Zeitraum von April bis Juni vier thematische Workshops zur Maßnahmenentwicklung durch. Hier sollen kreative und praxistaugliche Lösungen diskutiert und erarbeitet werden, die dazu beitragen, die Abfallmenge in den verschiedenen Sektoren deutlich zu reduzieren. Dabei spielt die Frage des Konsums von Lebensmitteln eine wichtige Rolle. Ebenso wird das Thema „Lebensmittelverschwendung“ mit Beteiligung der Bürgerschaft und wichtigen Repräsentanten der Stadtgesellschaft in den verschiedenen Workshops thematisiert.
Frage 2:
Wie ist der Status zur „Bildung eines Netzwerkes gegen die Lebensmittelverschwendung? Wer nimmt an diesem Netzwerk teil?
Antwort:
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat das Bündnis „Wir retten Lebensmittel!“ ins Leben gerufen. Daran nehmen Partnerunternehmen aus Erzeugung, Verarbeitung, Lebensmittelhandel, Außer-Haus-Verpflegung und Verbraucher-Organisationen teil. Diesem Netzwerk ist auch die Landeshauptstadt München beigetreten.
Im Rahmen dieses Projektes zur Zero Waste City sollen dem Stadtrat im Frühjahr 2022 Vorschläge unterbreitet werden, wie die Umsetzung der Maßnahmen aus den Workshops erfolgen kann. Bisher sind je nach Themenschwerpunkt unterschiedliche Ansprechpartner*innen in den Fachdienststellen der Referate mit dem Thema betraut.
Frage 3:
Welche Schritte sind bei der Stadt München aktuell in der Umsetzung, um eine nachhaltige Strategie zum Thema „Lebensmittelmüll“ und dem sogenannten „illegalen“ Verwenden von in Müllcontainern abgelegten („weggeworfenen“) nutzbaren Lebensmitteln zu entwickeln?
Antwort:
Siehe Antwort auf Frage 1.
Zwischenzeitlich wurde höchstrichterlich vom Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das sogenannte „Containern“ strafbar ist. Informationen, inwieweit der Bundesgesetzgeber daran arbeitet, das „illegale Verwenden von in Müllcontainern abgelegten („weggeworfenen) nutzbaren Lebensmitteln“ zu entkriminalisieren, liegen dem AWM nicht vor.
Frage 4:
Wie ist der Stand der geplanten Lebensmittelkampagne?
Antwort:
Für 2020 kamen fast alle öffentlichkeitswirksamen Aktionen aufgrund der Corona-Pandemie zum Erliegen. Der AWM hat daher sein Internetangebot ausgebaut und entsprechende Themenseiten zur Abfallvermeidung aktualisiert, wie z.B. http://www.awm-muenchen.de/lebensmittelretten.
Frage 5:
Wie ist der Stand bzgl. der geplanten Aufklärungsarbeit in Kindergärten und Schulen?
Antwort:
Diese Frage wurde vom Referat für Bildung und Sport wie folgt zusammenfassend beantwortet:
„Im Rahmen der Erstellung des Konzeptes ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)-VISION 2030‘ (https://www.pi-muenchen.de/bnevision2030/) sowie bei der Entwicklung eines Konzeptes zur Abfallvermeidung und -trennung an Bildungseinrichtungen wird auch das wichtige Thema der Lebensmittelverschwendung in Schulen berücksichtigt. Hierzu werden derzeit Maßnahmen entwickelt, die dem Stadtrat im Jahr 2022 vorgestellt werden.
In den Schulen gibt es bereits zahlreiche Angebote. Viele dieser Maßnahmen konnten während des coronabedingten Lockdowns mit Schulschließungen nur partiell im vergangenen Jahr digital weitergeführt werden. Eine erneute Intensivierung ist nach Wiederaufnahme des Präsenzunterrichtes vorgesehen.
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bietet den Kindertageseinrichtungen fachliche Unterstützung zum Thema Ernährung. Denn auch wie und was Kinder essen, bestimmt deren Wertschätzung für Lebensmittel. Darüber hinaus ergeben sich beim Mittagessen partizipative Möglichkeiten und Bildungssituationen, wie zum Beispiel das Decken des Tisches, die Mitgestaltung des Speiseplans oder die Auseinandersetzung mit Konsum und Alltagshandlungen. Auch der gemeinsame Einkauf mit Kindern eignet sich, um Wertschätzung zu generieren und verantwortliches Handeln zu erlernen.
Projekte wie Bauernhofbesuche oder Aktionen wie Mottowochen zu unterschiedlichen Themen, z.B. ‚Vegetarische Ernährung‘ oder ‚Lebensmittelverschwendung‘ können spielerisch und praxisnah Ernährungs- und Sozialkompetenzen vermitteln.
Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) zeichnet mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz Kindertageseinrichtungen aus, die ein Bildungsprojekt zum Thema Umwelt und Nachhaltigkeit im Sinne des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplanes durchgeführt haben. Mit der Auszeichnung ‚ÖkoKids‘ sollen die bayerischen Kindertageseinrichtungen sichtbar werden, die sich mit dem Thema Umwelt und Nachhaltigkeit auseinandersetzen und somit dazu beitragen, Schlüsselkompetenzen und Werte im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung bei den Kindern zu fördern sowie Nachhaltigkeit in der Einrichtung zuverankern. In 2020 wurden bayernweit 149 Kindertageseinrichtungen ausgezeichnet, 26 davon aus München.“
In Kooperation mit dem Kindermuseum der Stadt München hat auch der AWM ein Bildungsprojekt an Schulen aus der Taufe gehoben: Eine mobile Bildungseinheit zum Thema Müll, Abfalltrennung und Müllvermeidung. Diese Bildungsstation kommt auf Anfrage in die Münchner Schulen. Unterstützt wurde das Projekt vom ehemaligen Referat für Gesundheit und Umwelt und dem Referat für Bildung und Sport. Den Kindern soll dabei nicht nur die richtige Trennung der Abfälle vermittelt werden, sondern sie werden auch angeregt, über den Umgang mit unseren Ressourcen und damit auch Lebensmitteln nachzudenken. Im Vordergrund steht die Frage, welche konkreten Veränderungen im Alltag und in der Schule angestoßen werden können, um nachhaltiger zu leben.
Frage 6:
Wie ist der Planungsstand bzgl. der fehlenden Transportmöglichkeiten auf dem Oktoberfest im Bezug auf die Wiederverwendung des dortigen Foodwaste (nein, die Norgerl in den Maßkrügen sind hier nicht gemeint)
Antwort:
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft (RAW) beantwortete diese Frage zusammenfassend wie folgt:
„In dem Modul ‚ÖKOPROFIT für Volksfestbetriebe‘ wird seit 2019 standardmäßig in einem Workshop zum Thema ‚Foodsharing‘ informiert. In 2019 haben einige wenige Betriebe das Angebot wahrgenommen.
Die Problematik der Lebensmittelverschwendung stellt sich während des Oktoberfestes nur sehr bedingt bis gar nicht. Der Tagesbedarf kann im Vorfeld im Gegensatz zu der klassischen Gastronomie sehr genau eingeschätzt werden.
Das Einsammeln und Verwerten von Lebensmitteln vom Oktoberfest wird schon praktiziert, ist aber sehr aufwendig. Sollte auf der Wiesn nach Betriebsschluss Essen in großen Mengen übrig bleiben, stellt sich das logistische Problem, was man machen kann, um es in verzehrfähigem Zustand unter die Leute zu bringen.
Da 2020 das Oktoberfest ausgefallen ist, konnten keine aktuellen Erfahrungen gesammelt werden. Gespräche über eine mögliche Verwertung vonnicht verbrauchten Lebensmitteln machen erst Sinn, wenn die Rahmenbedingungen der Veranstaltung nach der Corona-Pause feststehen.“
Frage 7:
Wie ist der Planungsstand bzgl. der „Foodshare Cafes“ der Münchner Tafel?
Antwort:
Die Markthallen München teilten auf Anfrage mit, dass die Münchner Tafel in Zusammenarbeit mit dem RAW die Errichtung eines „Foodshare Café“ derzeit nicht verfolgt.
Frage 8:
Wurden foodsharing e.V. bereits Räume für Tauschkühlschränke zur Verfügung gestellt? Wurde bedacht, dass der bundesweit agierende Verein „foodsharing e.V.“ hier nicht die richtige Ansprechpartnerin ist und dass eigentlich Münchner Initiativen, wie z.B. „Foodsharing München e.V.“ involviert werden müssen?
Antwort:
Das Kommunalreferat stand im intensiven Austausch mit der Initiative „Foodsharing München e.V.“. Leider konnten trotz eingehender Überprüfung des städtischen Immobilienbestandes keine geeigneten Räume für Tauschkühlschränke angeboten werden. Gerade in den stark nachgefragten zentralen Lagen Münchens ist die Flächenverfügbarkeit auch für die Stadt selbst mehr als überschaubar.
Frage 9:
AWM beobachtet und begleitet die Novelle durch seine Verbandsarbeit im VKU. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Antwort:
Auch nach Inkrafttreten der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) zum 29.10.2020 besteht keine gesetzliche Pflicht für den Einzelhandel, entsprechend dem Vorbild Frankreichs, etwa nicht verkaufte Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen weiterzugeben. Die Novelle greift allerdings an verschiedenen Stellen das Thema „Lebensmittelabfälle/ Lebensmittelverschwendung“ auf. So sollen beispielsweise steuerliche Anreize für das Spenden von Produkten, insbesondere Lebensmittel, geschaffen werden.Mit der Novelle wurden die Regelungen zum Abfallvermeidungsprogramm des Bundes ausgeweitet. So muss das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes bestimmte Abfallvermeidungsmaßnahmen – auch in Bezug auf Lebensmittel – aufgreifen.
Das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes mit dem Titel „Wertschätzen statt Wegwerfen“ wurde unter Beteiligung der Länder am 6.1.2021 verabschiedet. Genannt werden z.B. konkrete Maßnahmen beim Stoffstrom Lebensmittel, u.a. werden verschiedene Initiativen und Vereinbarungen mit Verbänden vorgestellt. Darüber hinaus soll der Bund prüfen, ob die Schaffung von Rechtssicherheit bezüglich Haftung und Hygiene bei der Weitergabe von Lebensmitteln erforderlich ist und welche rechtlichen Maßnahmen und Instrumente zur Förderung von Lebensmittelspenden geeignet sind (z. B. Verpflichtung zur Spende von Lebensmitteln).
Für den AWM hat das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes insoweit Bedeutung, als dass nach § 21 KrWG Abfallvermeidungsmaßnahmen im Abfallwirtschaftskonzept darzustellen sind. Das gilt auch für die Abfallberatung des AWM gemäß § 46 KrWG, in dem der AWM als öffentlich rechtlicher Entsorger die Möglichkeiten der Abfallvermeidung aufzeigt. Dazu bietet der AWM sowohl im Internet als auch in den Sozialen Medien umfangreiche Informationsangebote und Beiträge an.
Frage 10:
Stimmt es, dass nicht alle Teilnehmenden des Runden Tisches ein Protokoll und Ergebnisberichte des Runden Tisches erhalten haben, somit seit Februar 2020, also einem Jahr nicht weiter über die geplanten und besprochenen Ziele informiert wurden?
Antwort:
An alle Teilnehmenden wurde das Protokoll unmittelbar im Anschluss an den Runden Tisch im Februar 2020 verschickt. Der AWM hat zuletzt am 20.7.2020 im Kommunalausschuss über die Anregungen aus dem Runden Tisch berichtet. Im Rahmen der digitalen Workshop-Formate, die von Mai bis Juni stattfinden, wird das Thema in diesem Jahr weitergeführt.