Der Wettbewerb „past statements“ hat Münchner Künstler*innen dazu aufgerufen, sich mit diskussionswürdigen Denkmälern zu beschäftigen. Eine interdisziplinär besetzte Jury hat vier Einreichungen ausgewählt, die in diesem Jahr realisiert werden. Im Oktober wird sich ein internationales Symposium zum Thema anschließen.
Denkmäler tragen Botschaften, die bis heute Bedeutung haben, oder sie transportieren bisweilen Inhalte, die längst überholt sind oder bewusst abgelehnt werden: Sie verherrlichen Krieg und Gewalt, feiern Helden vergangener Zeiten, transportieren Vorurteile und grenzen aus. Sie sind fragwürdig geworden. Mit der Reihe „past statements. Denkmäler in der Diskussion“ knüpft München an die internationale und lokale Diskussion um diskussionswürdige Denkmäler an und regt kritische, vielstimmige und kreative Debatten über Formen und Inhalte des Erinnerns in einer diversen und demokratischen Stadtgesellschaft an.
Zu den ausgewählten Kunstwerken: Michaela Melián: o.T. (September bis November)
Die Künstlerin plant die Verhüllung des in der NS-Zeit erbauten Neptunbrunnens im Alten Botanischen Garten. Mesh-Folie, bekannt von Baustellen, trägt das Bild „Die Trauernde“, das von der durch das NS-Regime verfolgten Künstlerin Maria Luiko stammt. Luiko wurde 1941 nach Kaunas deportiert und ermordet.
Die Verhüllung des Brunnens mit dem Motiv einer anonymen trauernden Frau ist eine aussagekräftige Gegenantwort auf die Herrscherpose des kraftstrotzenden männlichen Neptunkörpers. Der Bildhauer Joseph Wackerle und der Architekt Oswald Bieber hatten den Neptunbrunnen 1937 gebaut. Die beiden finden sich auf Adolf Hitlers Liste der „Gottbegnadeten“ Künstler.
CAMBIO: „Nächster Halt: Decolonize! Vom Denkmal zum Denk mal“ (1. August bis 15. Oktober)
Das Kollektiv CAMBIO macht die Diskussionen um den Namenspatron des Kolumbusplatzes und koloniale Erinnerungskultur im öffentlichen Raum Münchens sichtbar. Der überdimensionierte Schriftzug „#Decolonize“ wird auf dem Kolumbusplatz zu sehen sein. Jeweils zwei Buchstaben des Wortes sollen von einem*r Münchner Künstler*in in Szene gesetzt werden. Grüne Säulen – in Analogie zum Erscheinungsbild des U-Bahnhofes – informieren über die Namensgebung, die kritischen kolonialen Bezüge und die damit verbundene Diskussion. Die Installation trägt so die Debatte, wie wir mit der Ehrung von Akteur*innen der Kolonialgeschichte umgehen, in den öffentlichen Raum.
Department für öffentliche Erscheinungen: „past monument: tem- poräre Herabsetzung als Kunst – eine Analyse“ (15. September bis 15. November)
Das Künstlerkollektiv Department für öffentliche Erscheinungen setzt sich mit der Reiterstatue Ottos I. von Wittelsbach vor der Staatskanzlei auseinander. Wie eine Kulisse wird die Reiterstatue im Hofgarten in zweidimensionaler Form nachgebaut, vor dem Kriegerdenkmal im Hofgarten, dem eigentlichen Reiterstandbild und der Staatskanzlei. Wir sehen nicht das vertraute Bild des Herzogs von Bayern, sondern eine Trennung von Pferd, Reiter und Sockel. Das Künstlerkollektiv zerlegt eine klassische Machtrepräsentation in seine Einzelteile – ohne das tatsächliche Denkmal anzutasten. Eine symbolische Auseinandersetzung mit vordemokratischer Vorstellung von Staatsmacht, die überdies dazu einlädt, sich kritisch mit der Denkmalslandschaft der Umgebung zu beschäftigen.
Michele Bernardi: „Ein Ort für ein Wort. Ein Wort für einen Ort (Ein Zeitzeichen)“ – Termin noch offen
Der in München und Südtirol lebende Künstler Michele Bernardi befasst sich mit drei Hakenkreuzen, die in den Fenstern des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie an der Oettingenstraße zu sehen sind. In einer künstlerischen Installation plant er, diese Relikte mit den Worten „gestern“, „heute“ und „morgen“ zu versehen. Eine subtile Auseinandersetzung damit, wie wir uns zu den propagandistischen Setzungen der Vergangenheit stellen – und unsere heutigen Werte sichtbar machen.