Wie wird günstige Erdwärme von München-Süd Münchens Mieterhaushalte bei den Wärmekosten konkret entlasten?
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Rathaus Umschau 181 / 2022, veröffentlicht am 21.09.2022
Wie wird günstige Erdwärme von München-Süd Münchens Mieterhaushalte bei den Wärmekosten konkret entlasten?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann, Manuel Pretzl und Sebastian Schall (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 3.5.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 3.5.2022 führten Sie als Begründung aus:
„Die Motivation der Stadt München und der SWM GmbH beim Einstieg in die Geothermie Mitte der 1990er Jahre¹ erfolgte nicht nur aus ökologischen Aspekten (CO2-arme Wärmegewinnung) sondern auch aus ökonomi- schen Überlegungen, weil die Erdwärme – eine erfolgreiche Bohrung vorausgesetzt – im laufenden Betrieb fast zum Nulltarif anfällt, insbesondere verglichen mit heutigen Brennstoffkosten von bis zu 1,70 Euro pro Liter Heizöl.
Konsequent haben LHM und SWM daher das Ziel verfolgt, das Fernwär- mesystem schrittweise auf die Einspeisung von Erdwärme auszurichten. Nach dem Inselnetz Riem (ab Oktober 2004) wird im Sommer 2022 erst- mals Erdwärme in das innerstädtische Wärmenetz eingespeist werden, wenn die Geothermie München Süd in Betrieb geht. Nach der SWM² stehen dann 80MW an dauerhafter Wärmeleistung zur Verfügung, also jährlich ca. 691 Millionen kWh, die den Bedarf von weit mehr als 80.000 Kunden decken können.
Derzeit erhalten alle M-Wärmekunden neue Verträge mit der Begründung, dass bei der Preisanpassungsformel der Wegfall des Kohleeinsatzes und die Einspeisung der Erdwärme berücksichtigt werden. Zudem weisen die SWM darauf hin, dass es beim Übergang der Verträge keine Preissprünge gäbe.
Dies kann dahingegen interpretiert werden, dass die Kostenvorteile infolge der Substitution von teurem Gas durch sehr billige Erdwärme allein bei der SWM GmbH zu Buche schlagen. Bei einem aktuellen Gaspreis von ca. 0,11 Euro/kWh stellen die 691 Millionen kWh Erdwärme einen jährlichen Ver- kaufserlös von ca. 75 Millionen Euro dar³. Es besteht die Vermutung, dass dieser Betrag voll bei der SWM GmbH ‚bleibt‘ und nicht ansatzweise an die Endkunden, von denen die meisten zur Miete wohnen dürften, weiter- gegeben wird.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen auf der Basis von Stellungnahmen der SWM sowie der Wohnungsbaugesellschaften GEWO-
FAG und GWG Folgendes mitteilen:
Allgemeine Anmerkungen der GEWOFAG zur Energiekostenentwicklung:
„Wir sind uns bewusst, dass die gegenwärtige Energiekrise und die daraus resultierenden Kostensteigerungen unsere Mieterschaft besonders hart treffen werden. Auf dieses Szenario haben wir uns bereits vorbereitet. So ist schon für 2021 zu erkennen, dass es zu relativ hohen Nachzahlungen und Anpassungen der Vorauszahlungen kommen wird, für 2022 gilt das umso mehr. Daher informieren wir unsere Mieter*innen auf unserer Homepage und in der nächsten Mieterzeitung über die Herausforderungen, aktuelle Ergebnisse und Entwicklungen, die im Zusammenhang mit der Betriebskostenabrechnung auf sie zukommen können.
Um die Folgen für unsere Mieterschaft abzufedern, haben wir folgende Maßnahmen vorgesehen:
-Informationskampagne auf der Homepage, in der Mieter*innen-App
und im Mieter*innen-Portal zur Energiepreisentwicklung
-Darstellung des Themas Umwelt- und Klimaschutz sowie Tipps zur Senkung des Energieverbrauchs in der Mieterzeitung
-Weiterentwicklung der Neumieterinformationen über aktive Steuerung und Beeinflussung des Energieverbrauchs
-Aktives Vorauszahlungsmanagement, sowohl bei Bestandsmietern als auch in der Neubau- und Bestandsnachvermietung zur Vermeidung
hoher Nachzahlungen in der Betriebs- und Heizkostenabrechnung
-Ausbau der unterjährigen Verbrauchsinformation an die Mieter*innen, um permanent über das Thema Energieverbrauch (und Einsparung) zu berichten
-Prüfung aller Optionen für Energieeinsparungen an unseren Heizanlagen und Einsatz neuer Techniken
-Kontaktaufnahme zu Behörden (Jobcenter, Sozialbürgerhäuser), um Möglichkeiten der Hilfestellung für Mieter*innen abzustimmen
Derzeit befindet sich ein so genannter ‚Fernwärmegipfel‘ zwischen Vertretern der Landeshauptstadt München, der SWM, der GWG und der GEWO-FAG in Planung.“
Frage 1:
Teilen der Oberbürgermeister und die städtischen Wohnungsgesellschaften die Auffassung, dass die Preisvorteile der Erdwärme sich grundsätzlich auch in niedrigeren Preisen für die M-Wärme-Endverbraucher niederschlagen sollten?
Antwort:
Der Ausbau der Geothermie reduziert zwar die Abhängigkeit von fossilen Energien, aber erfordert sehr hohe Investitionen in Erzeugungsanlagen und in das Netz (Dampfnetzumstellung). Zudem wird die Geothermie derzeit unzureichend gefördert. Perspektivisch könnte der Ausbau der Geothermie zu einer Stabilisierung – nicht zwangsläufig zu einer Senkung – der Fernwärmepreise beitragen.
Die GEWOFAG begrüßt jede vertretbare Maßnahme, die zu günstigeren Verbraucherpreisen bei der Energieversorgung führt. Die GEWOFAG geht davon aus, dass die SWM als Teil der Daseinsvorsorge ihre Möglichkeiten zu Gunsten der Münchner Bevölkerung ausschöpfen wird.
Die GWG München ist sich sicher, dass sich die Preise für Fernwärme rechtskonform entsprechend der Preise der Erzeugung bzw. Beschaffung entwickeln.
Frage 2:
Finden der Oberbürgermeister und die städtischen Wohnungsgesellschaften in den neuen Verträgen der SWM GmbH Passagen, aus denen sich eine direkte, preisdämpfende Wirkung der Erdwärmeeinspeisung für den Endkunden herauslesen lässt und wenn ja, welche Passagen sind das?
Antwort:
Die Entwicklung der Fernwärmepreise, die Preisänderungsklauseln sowie die Bestandteile der Preisänderungsklauseln sind transparent auf der Website der SWM dargestellt:
https://www.swm.de/geschaeftskunden/fernwaerme/fernwaermepreise
Die in den zum 1.1.2023 angebotenen Fernwärmeverträgen für das Versorgungsgebiet München Stadt, Martinsried, Unterföhring enthaltene Preisänderungsklausel für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis lautet:
Die neue Preisänderungsklausel für den Arbeitspreis enthält künftig einen Fixanteil (0,1) sowie Indizes für Investitionsgüter (IG) und für Lohn (L). Preisänderungen an den Energiemärkten, auf die die derzeitige Entwicklung der Fernwärmepreise zurückgeht, wirken sich daher künftig weniger stark auf den Arbeitspreis aus. Die Preisänderungsklausel für den Grundpreis enthält wie bisher schon Indizes für Investitionsgüter (IG) und für Lohn (L).
Seitens der GEWOFAG kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Vorausschau auf die Preissituation zum Jahresende 2023 getroffen werden. Die neuen Verträge sind zu den alten Konditionen aktuell preisneutral. Prognosen für die Zukunft können von der GEWOFAG derzeit seriös nicht angestellt werden.
Die GWG verweist auf die Beantwortung der Frage 1.
Frage 3:
Welche Aufsichtsbehörde ist für die Fernwärmepreisgestaltung der SWM zuständig?
Antwort:
Die Fernwärmepreise und -preisregelungen unterliegen keinem behördlichen Genehmigungsvorbehalt. Eine Abstimmung der Fernwärmepreise oder -preisregelungen mit einer Aufsichtsbehörde erfolgt daher nicht.
Frage 4:
Ist das aktualisierte Preismodell in den neuen M-Wärmeverträgen mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt?
Antwort:
Die Fernwärmepreise und -preisregelungen unterliegen keinem behördlichen Genehmigungsvorbehalt. Eine Abstimmung der Fernwärmepreise oder -preisregelungen mit einer Aufsichtsbehörde erfolgt daher nicht.Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.
¹ http://www.messestadt-riem.de/geothermie/geothermie.html#Historie ² https://www.swm.de/magazin/energie/energiestandort-sued ³ https://www.forbes.com/advisor/de/gas/gaspreis/