Kindeswohl ohne Umwege
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 22.7.2022
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 22.7.2022 führen Sie Folgendes aus:
„Am 19.7.2022 konnte man in der Süddeutschen Zeitung einen Artikel lesen, in dem es um den Verdacht von Kindswohlgefährdung ging. Ein aufmerksamer Bürger wurde laut Zeitungsbericht wie Buchbinder Wanninger mit den Worten ‚leider nicht zuständig‘ weitergeschickt. Wenn es nicht so ein ernstes Thema wäre, könnte man einfach mit dem Kopf schütteln und es ‚bleiben lassen‘. Für eine solche Meldung bedarf es Courage und man muss dankbar sein, dass es Menschen gibt, die Hinschauen! Eine Antwort an den aufmerksamen Beobachter, mit der Bitte, die Sachlage an den korrekten Adressaten anzubringen, dauert wohl nicht länger als eine Weiterleitung an die richtige (Polizeidienst)Stelle.“
Zu Ihrer Anfrage vom 22.7.2022 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung, ich möchte allerdings vorab voranstellen, dass das Jugendamt selbstverständlich immer allen Hinweisen in seinem Zuständigkeitsbereich nachgeht. Hier kamen allerdings mehrere Dinge zusammen. Zum einen handelte es sich um einen Facebook-Post, aus dem nicht ersichtlich war, wo genau der Postende wohnt. Lediglich eine Firmenadresse in Straubing schickte die meldende Person mit. Damit lag die Angelegenheit völlig außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Stadtjugendamtes München.
Zum anderen stimmt sich die Stabstelle Kinderschutz in Fällen, in denen eine Straftat im Raum steht, immer eng mit der Polizei ab. So auch in diesem Fall. Die Bitte, dass sich der Melder am besten direkt an die Polizei wendet, kam zunächst von der Polizei selbst und wurde sodann weitergegeben.
Frage 1:
Gibt es eine Dienstanweisung, die das oben beschriebene Vorgehen rechtfertigt? Worauf basiert diese Dienstanweisung und ist sie zeitgemäß?
Antwort:
Es gibt eine Dienstanweisung vom 17.9.2003, die regelt, dass das Jugendamt Informationen an die Polizei übermitteln darf, soweit dies zur Aufgabenerfüllung gem. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X erforderlich ist. Zu diesen Aufgaben des Stadtjugendamtes gehört der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gem. § 8a SGB VIII.
In diesem Rahmen hat das Jugendamt den Fall bearbeitet, die entsprechende Fachdienststelle der Polizei kontaktiert und mit dieser das weitere Vorgehen besprochen. Die mit der Polizei getroffene Absprache wurde genau so an den Melder kommuniziert.
Dieses Vorgehen wurde gewählt, damit ohne weitere Schnittstelle, die einen Informationsverlust bedeuten kann, die Beobachtungen des Melders direkt an die Polizei kommuniziert werden.
Die Praxis der Kooperation zwischen dem Jugendamt München und diversen Kommissariaten der Münchner Polizei ist gut und von gegenseitigem Respekt der unterschiedlichen Aufgabenerfüllungen geprägt. Bei der Polizei steht die Strafverfolgung im Vordergrund und im Jugendamt ist das Wohlergehen des betroffenen Kindes im Fokus. In allen Fällen wird – unter Einhaltung der Dienstanweisung – einzelfallbezogen und bedarfsgerecht agiert und reagiert.
Frage 2:
Wie oft kommen in der Praxis besagte Meldungen im Jugendamt an?
Antwort:
Derartige Meldungen, dass in einem ersten Kontakt keinerlei konkrete Informationen mitgeteilt werden, welches Kind betroffen ist (d.h., dass bspw. lediglich nur ein Link/Satz verschickt wird), kommen immer wieder vor. In diesen Fällen wird die meldende Person gebeten, konkrete Angaben zur betroffenen Person zu geben, da das Jugendamt anderenfalls nicht tätig werden kann. In den meisten Fällen schickt die meldende Person daraufhin konkrete Angaben zu. Gehen genaue Daten (Name, Adresse) zu dem betroffenen Kind ein, so leitet die Stabstelle den Fall unverzüglich dem zuständigen Sozialbürgerhaus/Amt für Wohnen und Migration – Wohnungslosenhilfe bzw. auswärtigen Jugendamt weiter (die Stabstelle Kinderschutz ist nicht im operativen Fallgeschäft tätig, sondern übernimmt hier nur die Weiterleitung an die richtige Stelle). Geht keine weitere Information bei der Stabstelle Kinderschutz ein, wird an die Polizei zwecks Ermittlung weitergeleitet.
Frage 3:
Bedeutet eine direkte Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen (Jugendämter anderer Regionen, Polizei) außerhalb der Münchner Stadtverwaltung wirklich eine unzumutbare Mehrarbeit?
Antwort:
Die direkte Zusammenarbeit mit externen Stellen bzw. Kooperationspartnern gehört bei Kinderschutzfällen im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft regelhaft dazu und wurde auch in diesem Fall vorgenommen: die Stabstelle Kinderschutz hatte Kontakt mit einer Fachdienststelle der Polizei München aufgenommen und mit dieser gemeinsam das weitere Vorgehen besprochen, das dann genau so dem Melder kommuniziert wurde: dass dieser sich an seine für ihn örtliche Polizeistelle wenden, dort ausweisen und seine Beobachtungen schildern soll.
Frage 4:
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um das Vorgehen für Meldungen über Kindswohlgefährdung in der Zukunft zu optimieren und die richtigen Stellen einzubinden?
Antwort:
Jeder Fall wird individuell betrachtet, es wird fallspezifisch entschieden, welche Stellen hinzuzuziehen sind.