Der diesjährige Tukan-Preis wird an Martin Kordić für seinen Roman „Jahre mit Martha“ vergeben. Der mit 8.000 Euro dotierte Tukan-Preis zeichnet jährlich eine sprachlich, formal und inhaltlich herausragende literarische Neuerscheinung aus. In die Auswahl kommen alle belletristischen Veröffentlichungen von Münchner Autorinnen und Autoren. Über die Vergabe beschloss der Kulturausschuss am 13. Oktober auf Empfehlung einer Jury. Zur Diskussion standen in diesem Jahr insgesamt 54 Bücher, die von der Jury in fünf Sitzungen besprochen und bewertet wurden.
Jurybegründung:
„Ein Buch, das man langsam lesen will, damit es länger hält. Oder gleich zweimal. Man folgt Jimmy, der eigentlich Željko heißt, und Martha, die Grenzen überschreitet und dabei nie zudringlich wird. Martin Kordić erzählt nicht nur die Geschichte einer Liebe, sondern viele Geschichten parallel: von einem Jungen, der im Flur hinterm Vorhang auf einem Sofa schläft und aus dem Altpapier anderer Leute Wissen saugt. Von einem Jungen, der die Grenzen seiner Herkunft mit sanfter Entschiedenheit sprengt, nie naiv, sondern mit ungeheurer Souveränität. Kordić erzählt von Martha, die seinem Zauber erliegt. Von Željkos Großmutter, die so weise ist wie ihr Enkel. Scheinbare Nebenfiguren zeichnet er mit einer Plastizität, die mit wenigen Strichen auskommt und dabei konkrete Persönlichkeiten erschafft. Als Leser lernt man viel: über Beerdigungsriten in der Herzegowina, über gewiss nicht einzigartige Situationen an der Hochschule, über die Gepflogenheiten auf dem Autoschwarzmarkt zwischen Deutschland und dem Balkan. Man erinnert sich an den eigenen Segelkurs und an die Knotenübungen; und man weiß wieder, warum Michael Jackson nie stirbt. Martin Kordić hat mit Željko eine Figur erfunden, die man ab dem ersten Satz ins Herz schließt. Kordićs Sprache ist nur scheinbar schlicht, dabei vielschichtig und still wie tiefes Wasser. Die Dramaturgie ist unaufdringlich klug und spiegelt Željkos Sicht auf die Welt: Rückblenden und Reflektionen führen in eine Gegenwart, in der das Schlimmste und Schönste überstanden ist und in ruhige Zuversicht mündet. Željko ist erwachsen geworden. „ Martin Kordić, 1983 in Celle geboren und in Mannheim aufgewachsen, lebt in München und arbeitet als Lektor. Für seinen ersten Roman „Wie ich mir das Glück vorstelle“ wurde er mit dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und der Alfred-Döblin-Medaille ausgezeichnet. Weitere Informationen zum Preis sind zu finden unter www.muenchen.de/literatur.