Das gleichberechtigte Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderungen stand im Mittelpunkt des gestrigen Münchner Inklusionstags in der Alten Kongresshalle. Etwa 250 Personen aus kulturellen und sozialen Einrichtungen, Unternehmen, Behörden, Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen waren gekommen, um sich zu informieren, sich beraten zu lassen, sich auszutauschen, zu diskutieren und sich zu vernetzen. Weitere 350 Personen verfolgten die Veranstaltung per Live-Stream im Internet.
„Inklusion heißt, in allen Lebensbereichen dabei zu sein. Es bedeutet, gleiche Rechte und Möglichkeiten zu haben. Dafür muss man viele Barrieren überwinden. Noch besser ist es allerdings, Barrieren gleich abzubauen oder im Vorfeld dafür zu sorgen, dass sie gar nicht erst entstehen“, so Bürgermeisterin Verena Dietl in ihrem Grußwort. „Barrierefreiheit und Inklusion leben davon, dass alle einen Beitrag dazu leisten – nicht nur die Kommune, sondern auch Einrichtungen, Organisationen, Vereine und auch die Bürger*innen. Wir freuen uns, wenn alle dabei mitwirken, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen.“
Den Begriff „Inklusion“ thematisierte Cornelia von Pappenheim, Vorstandsmitglied des Münchner Behindertenbeirats, in ihrem Redebeitrag. Weil der Begriff missverständlich interpretiert werden könne, bevorzuge sie die Wörter „Selbstbestimmung“, „Teilhabe“ und „Gleichstellung“. „Jeder soll ein aktiver Teil der Gesellschaft sein können. Menschen mit und ohne Behinderung sollen von Anfang an gemeinsam in allen Lebensbereichen selbstbestimmt zusammenleben. Ob beim Einkaufen, am Arbeitsplatz, in der Schule, auf Veranstaltungen, in Vereinen oder im Kreis der Familie: Alle werden von der Gesellschaft so akzeptiert, wie sie sind, und können ein Leben ohne Barrieren führen“, verlangte die stellvertretende Vorsitzende des Behindertenbeirats.
„In der Kunst und Kultur haben wir zahlreiche Impulse für mehr Teilhabe, Inklusion und Barrierefreiheit gesetzt. Vor, auf und hinter der Bühne müssen auch Menschen mit besonderen Fähigkeiten ihren Platz haben. Nur dann spiegeln wir die gesamte Gesellschaft wider und erschließen alle Talente. Die Förderung der Freien Bühne München, ein inklusives Ensemble in den Kammerspielen oder der geplante barrierefreie Umbau des Münchner Stadtmuseums sind nur drei Beispiele von vielen, mit denen wir Inklusion sichtbar voranbringen. Und mit dem ThemenGeschichtsPfad Inklusion/Exklusion zeigen wir die wechselvolle Geschichte von Exklusion und Inklusion“, so Kulturreferent Anton Biebl. Der ThemenGeschichtsPfad widmet sich Münchner*innen mit Behinderungen im 20. Jahrhundert und wurde auf dem Inklusionstag vorgestellt. Verfasst wurde er im Auftrag des Kulturreferats von der Historikerin PD Dr. Elsbeth Bösl. Inhaltlich geht es um die wechselnden Ausprägungen von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Die Autorin schildert auch Herausforderungen und Begegnungen bei der Arbeit am ThemenGeschichtsPfad.
Welche konkreten Hilfen es für Menschen mit Behinderungen gibt, um selbstbestimmt leben zu können, zeigten Behörden, Einrichtungen und Verbände an ihren Informationsständen beim „Markt der Möglichkeiten“. Die Bandbreite der dort vertretenen Themen reichte von Digitalisierung über Assistenzvermittlung, Unterstützung und Beratung, auch speziell für Frauen und Migrierte, bis hin zu Arbeit und Wohnen.
In ihrem Ausblick in einem der drei Diskussionsforen versicherte Sozialreferentin Dorothee Schiwy, die Landeshauptstadt München verfolge ihr Ziel, Barrieren abzubauen und die Inklusion voranzutreiben, konsequent weiter. „Der Münchner Stadtrat hat bereits zwei Aktionspläne mit über 80 Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen. Ein dritter Aktionsplan soll folgen. Spätestens im Jahr 2025 soll er dem Münchner Stadtrat vorgelegt werden“, versprach Schiwy. Der Münchner Inklusionstag ist eine von 34 Maßnahmen des 2. Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.