Wie hoch ist die richtige Einwohnerzahl Münchens und wer bestimmt sie?
Anfrage Stadträtin Ulrike Grimm (CSU-Fraktion) vom 9.12.2021
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „Das Direktorium, Statistisches Amt und das Einwohnermeldeamt München geben als Zahl der Einwohner Münchens 1.562.096 an. Das Statistische Bundesamt beziffert die Einwohnerzahl in München mit 1.488.202 (siehe muenchen.de; Coronavirus-Fälle in München: Aktuelle Zahlen) Dies führt zu einer Differenz von ca. 75.000 Einwohnern (entspricht einer mittelgroßen Stadt in Bayern wie Bamberg oder Bayreuth!) und einem Unterschied von ca. 5% der Einwohnerzahl. Damit wird in Folge die errechnete Inzidenz für München höher.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Welche Zahl ist richtig?
Antwort:
Bei der Einwohnerzahl des Statistischen Bundesamtes handelt es sich um die amtliche Einwohnerzahl für München, die durch das Bayerische Landesamt für Statistik übermittelt wurde. Die amtliche Einwohnerzahl ist aus methodischen Gründen nicht vergleichbar mit der Einwohnerzahl des Statistischen Amtes der LHM, die direkt aus dem Melderegister abgeleitet wird.
Abweichungen zwischen der amtlichen und der kommunalen Bevölkerungszahl sind immer gegeben – nicht nur in München. Trotz dieser Abweichungen bevorzugen Kommunen ihre eigenen Einwohnerdaten, da sie zum einen aktueller als amtliche Einwohnerdaten sind und zum anderen nur die kommunalen Daten innerstädtische kleinräumige Gliederungen in Auswertungen ermöglichen.
Welche der beiden Zahlen richtig ist, lässt sich so nicht beurteilen. Die tatsächliche Bevölkerungszahl entspricht weder eindeutig dem Stand des Melderegisters noch eindeutig der amtlichen Zahl, die sich auf die im Zensus 2011 durch stichprobenbasierte Schätzverfahren ermittelte Einwohnerzahl stützt (vgl. Antwort zu Frage 2).
Frage 2:
Wie kommt es zu dieser Diskrepanz?
Antwort:
Die Ursache für diese Diskrepanz liegt in der zugrundeliegenden Methodik. Während das Landesamt für Statistik die Bevölkerungszahlen ausgehend vom Zensus 2011 nach dem sogenannten Fortschreibungsprinzip ermittelt, veröffentlicht das Statistische Amt der Landeshauptstadt München die Zahlen auf Basis eines Registerabzugs des Einwohnermeldewesens (des Kreisverwaltungsreferats München).
Frage 3:
Um wie viel höher ist deswegen die berechnete Inzidenzzahl?
Antwort:
Die 7-Tage-Inzidenz entspricht der Anzahl der für die letzten sieben Tage neu gemeldeten Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner*innen. Man summiert also die Anzahl der positiven Tests (hier abgekürzt: PT) der letzten 7 Tage und bezieht sie dann auf die amtliche Einwohnerzahl Münchens (Stand 31.12.2020: 1.488.202) wie folgt:
Inzidenz = PT/(1.488.202/100.000)
Werden beispielsweise 4.510 positive Tests innerhalb von 7 Tagen registriert, wie zuletzt am 12.12.2021, ergibt sich eine 7-Tage-Inzidenz von: 4.510/(1.488.202/100.000) = 303,05.
Bei Verwendung der Einwohnerzahl des Statistischen Amts von
1.562.096 würde sich die 7-Tage-Inzidenz analog berechnen: 4.510/ (1.562.096/100.000) = 288,71.
Dieses Beispiel zeigt, in welchem Umfang sich die Verwendung der höheren Einwohnerzahl auf die Berechnung der 7-Tage-Inzidenz auswirken würde.
Es findet sich zudem auf muenchen.de (https://stadt.muenchen.de/infos/coronafaqcoronazahlen.html) auch die Erläuterung, warum für die Berechnung der 7-Tage-Inzidenz für München die Bevölkerungszahl von 1.488.202 Einwohnern veranschlagt wird:
„Die 1.488.202 Einwohner sind die amtlich bestätigte Einwohnerzahl mit Stand 31.12.2020. Sowohl das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als auch das Robert Koch-Institut (RKI) verwenden diese amtliche Einwohnerzahl zur Berechnung der 7-Tage-In-zidenz, um Vergleichbarkeit zu allen anderen Städten und Kreisen bayern- und deutschlandweit zu gewährleisten.
Die amtlich bestätigte Einwohnerzahl des Statistischen Bundesamts wird nach dem sog. Fortschreibungsprinzip (ausgehend vom Zensus 2011) ermittelt. Die auf www.muenchen.de veröffentlichten Zahlen werden dagegen vom Statistischen Amt der Stadt München auf Basis eines Registerabzugs des Einwohnermeldewesens erhoben. Rechtlich verbindlich ist die amtliche Zahl des Statistischen Bundesamts.“
Frage 4:
Falls die Zahl des statistischen Amts und des Einwohnermeldeamts richtig ist, warum wird sie dann nicht korrigiert?
Antwort:
Wie bereits in Frage 3 ausgeführt wurde, dient die Verwendung der amtlich bestätigten Einwohnerzahl des Statistischen Bundesamts der bundesweiten Vergleichbarkeit zu anderen kreisfreien Städten und Landkreisen. Daher wird diese Zahl bundesweit einheitlich von allen Behörden, wie dem Robert Koch-Institut (RKI) und dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), für die Berechnung der 7-Tage-Inzidenz verwendet. Die Landeshauptstadt München (LHM) hält sich dementsprechend ebenfalls an diese Vorgabe.
Frage 5:
Was sind die Folgen für die Münchnerinnen und Münchner?
Antwort:
Die konkreten Maßnahmen und Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hat die bayerische Staatsregierung in der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Bay IfSMV) festgelegt. Maßgeblich für alle kreisfreien Städte und Landkreise in Bayern ist die vom Robert Koch-Institut im Internet für den betreffenden Gebietsbereich veröffentlichte 7-Tage-Inzidenz, die auf der amtlich bestätigten Einwohnerzahl des Statistischen Bundesamtes beruht. Bei Verwendung der höheren Einwohnerzahl des Statistischen Amts würde sich eine etwas niedrigere Inzidenz in München ergeben.
Darüber hinaus ist anzumerken, dass die 7-Tage-Inzidenz nur ein Leitindikator zur Beurteilung des Infektionsgeschehens ist. Andere Indikatoren wie die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz und der Anteil der COVID-19 Patient*innen an den Intensivkapazitäten der Krankenhäuser werden bei der Beurteilung vorrangig berücksichtigt.