Ehrenamtliche unterstützen Pflegeschüler*innen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Kathrin Abele, Simone Burger, Verena Dietl, Anne Hübner, Haimo Liebich, Dr. Ingo Mittermaier, Christian Müller, Marian Offman, Julia Schönfeld-Knor und Dr. Constanze Söllner-Schaar (SPD-Fraktion) vom 12.12.2019
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie beantragen, dass das Sozialreferat und das Gesundheitsreferat (ehemals Referat für Gesundheit und Umwelt) gemeinsam ein Mentor*innenprogramm für die Gewinnung und Begleitung von Auszubildenden in den Pflegeberufen auflegen. Unterstützt werden sollen die Auszubildenden von Senior*innen, die in entsprechenden Berufen tätig waren.
Für die Pflegeschulen sind sowohl das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus als auch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zuständig.
Der Inhalt des Antrages betrifft eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Der Antrag wurde zunächst dem Gesundheitsreferat zugeleitet und dann dem Sozialreferat mit entsprechender Fristverlängerung bis 31.12.2021 übertragen. Die Fristverlängerung trägt sowohl der 2020 eingeführten neuen Pflegeausbildung als auch der pandemischen Lage Rechnung, bei der die Pflege- und Hochschulen erstmals mit einer Vielzahl an neuen Herausforderungen konfrontiert waren und darüber hinaus erstmals Homeschooling aufbauen mussten.
Zu Ihrem Antrag vom 12.12.2019 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Der Ausbildungsakquisiteur Pflege im Referat für Arbeit und Wirtschaft, RAW, hat die im Antrag geforderte Funktion, Schüler*innen zu gewinnen, einen Beruf im Bereich der Akut - und Langzeitpflege zu ergreifen, seit Mai 2021 aufgenommen. Unter anderem werden interessierte Schüler*innen der allgemeinbildenden Schulen beim Übergang zu Anstellung, Qualifizierung, Ausbildung und Studium in der Pflege und an Orten der Pflege unterstützt und informiert.Flankiert wird das durch die seit 2019 jährlich stattfindende spezifische Job- und Ausbildungsmesse für Pflegeberufe. Das RAW führt diese gemeinsam mit dem Sozialreferat, dem Referat für Bildung und Sport, dem Gesundheitsreferat sowie in Kooperation mit der Agentur für Arbeit München und dem Jobcenter München durch. Für Migrant*innen sowie Jugendliche mit zeitweilig notwendiger Unterstützung (z. B. Ausbildungsbegleitende Hilfen, Berufsvorbereitungsjahr) und auch Berufsrückkehrer*innen, Umschüler*innen und Fachkräfte aus dem In- und Ausland startete im September 2021 das Beratungsangebot „Café Pflege“, wodurch diese Zielgruppen auch in weitere Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote in der Pflege des RAW einmünden können.
Das GSR fördert seit 2015 den Modellversuch zur sozialpädagogischen Begleitung und Beratung an der München Klinik Akademie. Die Evaluationen beider Modellphasen zeigen unter anderem eine positive Auswirkung auf die Zusammenarbeit zwischen Auszubildenden und Lehrkräften sowie Kolleg*innen im Ausbildungsbetrieb als auch auf die Bewältigung individueller Herausforderungen der einzelnen Auszubildenden. Das Angebot von Schulsozialarbeit leistet einen wichtigen Beitrag, um Ausbildungsabbrüchen entgegenzuwirken. Das Modellprojekt an der München Klinik Akademie wird ab 2022 in die Regelförderung übernommen.
Im Gegensatz dazu gibt es an den Ausbildungsstätten für die Langzeitpflege, anders als im Antrag dargestellt keine Schulsozialarbeit. Das RAW und das Sozialreferat bringen in enger Kooperation die Wichtigkeit eines weiteren Modellversuches zur Schulsozialarbeit mit dem Schwerpunkt der Langzeitpflege ein, um auch diese Zielgruppe spezifisch und professionell unterstützen zu können.
Das Projekt „Job-Mentoring München“, für das das RAW zuständig ist, begleitet mit Mentor*innen an 18 Münchner Mittelschulen Schüler*innen, um eine geeignete Lehrstelle zu finden. Freiwillig Engagierte, die ein erfolgreiches Berufsleben hinter sich haben, begleiten die Schüler*innen in allen Berufsgruppen beim Übergang von der Schule in den Beruf.
Am 20.9.2020 wurde das Angebot „Mentoren für Pflege“ ins Leben gerufen. Es ist am Bayerischen Landesamt für Pflege in Amberg angesiedelt und hat zum Ziel, vermeidbare Ausbildungsabbrüche zu reduzieren. Vier Personen stehen als zentrale Anlaufstelle für die Belange von Auszubildenden in der Pflege in Bayern zur Verfügung. Die Auszubildenden können sich telefonisch oder per E-Mail mit Fragestellungen und Anliegen an das Mentorenteam wenden. Das Angebot wird wissenschaftlich begleitet.Die Nachfrage des Sozialreferats ergab, dass das Angebot sehr gut angenommen wird, hierzu allerdings keine statistische Auswertung erfolgen wird. Ein weiterer Austausch mit der Landeshauptstadt München ist möglich.
Das Sozialreferat und das GSR kooperieren bereits seit Jahren, um die Pflege- und Hochschulen in der Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung und des grundständigen Pflegestudiums, insbesondere während der Corona-Pandemie zu unterstützen. Im „Runden Tisch Pflege an Münchner Krankenhäusern“ wurde der Bedarf an Begleitung von Auszubildenden in den Pflegeberufen durch Senior*innen unter anderem mit den Schulleitungen der Pflegeschulen diskutiert.
Dabei wurde deutlich, dass die hauptberufliche und professionelle Schulsozialarbeit fehlt, die sich um Problemstellungen im Rahmen der Ausbildung kümmern könnte. Daneben gäbe es bei den Auszubildenden auch private Probleme und persönliche Fragestellungen, die unabhängig von Schulsozialarbeiter*innen begleitet werden sollten.
Da ein immer größerer Anteil der Auszubildenden in der Pflege einen Migrationshintergrund aufweist, sehen die Pflegeschulen große Bedarfe in deren Begleitung hinsichtlich Behördengängen, Arbeitserlaubnis und ähnlichem. Auch der Spracherwerb stellt eine große Herausforderung dar, die sich sogar bis in den Besuch von Fort– und Weiterbildungen erstreckt.
Vorrangig sollte also die Schulsozialarbeit auch im Bereich der Langzeitpflege dauerhaft etabliert werden. Darauf aussetzend wäre der Einsatz von Ehrenamtlichen zur weiteren Unterstützung sinnvoll.
Vor dem Einsatz Ehrenamtlicher zur Unterstützung von Auszubildenden in der Pflege sind folgende Schritte erforderlich:
- Qualifizierung der Person(en), die Ehrenamtliche begleiten (Voraussetzungen und Anlaufstellen bzgl. der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, der Sozialhilfe, Anspruch auf Sozialwohnung, Behördengänge etc.)
-Vernetzung mit relevanten Stellen (Pflegeschulen, Ausbildungsstätten, Sozialreferat, Gesundheitsreferat etc.)
-Schaffung einer Plattform zur Akquisition von Ehrenamtlichen
Die Begleitung der Ehrenamtlichen sollte Folgendes umfassen:
-Erstgespräche mit den Ehrenamtlichen hinsichtlich Qualifikation, zeitlichen sowie fachlichen Möglichkeiten der Unterstützung von Auszubildenden in der Pflege
-Unterstützung und Einsatz der Ehrenamtlichen
- in ihren Softskills wie Kommunikationsstärke, Kritik- und Konfliktfähigkeit, Flexibilität, Organisationstalent, Geduld, Empathie beispielsweisebei familiären Problemen der Auszubildenden oder Problemen in der Praktikumsstelle (Lernumwelten)
- bei finanziellen Problemen der Auszubildenden (Wohnung, Ausbildungsgehalt) und Problemen bei der Integration aufgrund von Zuwanderung
- fachspezifisch unter Berücksichtigung der eigenen Berufsbiografie beispielsweise bei Sprachproblemen oder zur Kompetenzentwicklung
- ggf. Vermittlung in ergänzende Förderangebote
-während der Pandemie ebenso Unterstützung ggf. bei Homeschooling oder Quarantäne
-Organisation und Begleitung von Austausch- und Supervisionsmöglichkeiten
-konkrete Kontaktvermittlung und Rückkoppelungen über die Pflegeschulen (Schulleitung, Lehrer*innen)
-Auswertung der Vermittlungen und Verläufe der Unterstützung durch Ehrenamtliche, Erfolge im Abbau von Bildungsbarrieren
-Überarbeitung des Konzeptes zur Vermittlung und Begleitung der Ehrenamtlichen in Kooperation mit den Pflegeschulen
In München bilden 13 Pflegeschulen aus, hiervon sechs Pflegeschulen bislang in der Langzeitpflege. Die fachlich gebotene Unterstützung und Begleitung der Ehrenamtlichen durch Pflegeschulen ist dort aufgrund fehlender Personalressourcen nicht selbst leistbar. Eine Verortung der Koordination sollte insbesondere vor dem Hintergrund, dass Aufbauarbeit zu leisten ist und eine Auswertung und Steuerung erforderlich sind, zentral erfolgen. Das Sozialreferat schlägt die Verortung einer entsprechenden Fachstelle im Amt für Soziale Sicherung, Fachabteilung Altenhilfe und Pflege, vor. Die hier bereits bestehenden Strukturen und Angebote, die angrenzend zum Themenbereich der Begleitung von Ehrenamtlichen in München bestehen, könnten damit effizient und effektiv sowie professionsübergreifend genutzt werden.
Das Sozialreferat benötigt dafür eine Stelle mit pflegepädagogischer Qualifikation aus. Die Kosten belaufen sich hierbei jährlich in Vollzeit auf 127.834 Euro in E12 für einen Büroarbeitsplatz inklusive IT-Ausstattung.
Eine Abfrage ergab, dass für die spezifische Begleitung und Unterstützung von Migrant*innen in Ausbildung unterschiedliche Angebote bestehen. Hierzu zählen beispielsweise das „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“, eine Mitarbeiterin der MÜNCHENSTIFT GmbH ist hier aktuell Botschafterin für Bayern. Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ übernimmt unter anderem die Anerkennungsberatung, die Qualifizierungsmaßnahmen im Kontext des Anerkennungsgesetzes und die interkulturelle Kompetenzentwicklung der zentralen Arbeitsmarktak-teure. VIA Bayern e. V. – Verband für Interkulturelle Arbeit e. V., als Teil des oben genannten Netzwerks umfasst auch den Arbeitsschwerpunkt: „Fachkräftesicherung und betriebliche Integration“.
Letztlich ist die Unterstützung der Auszubildenden auch eine Aufgabe der Träger*innen der praktischen Ausbildung, bei denen die Auszubildenden den Ausbildungsvertrag abgeschlossenen haben.
Da sowohl das Sozialreferat als auch das GSR die Pflege- und Hochschulen in der Umsetzung der neuen Pflegeausbildung weiter in (virtuellen) Arbeitstreffen begleiten, bleibt dieses Thema dort präsent.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.