Am 8. März ist der Internationale Frauentag. Die Stadt München zeigt sich solidarisch und beflaggt aus diesem Anlass am Dienstag, 8. März, das Rathaus. In diesem Jahr sendet München damit auch ein Zeichen der Solidarität an Frauen in der Ukraine und in Münchens Partnerstadt Kiew, die von den Auswirkungen der Kriegshandlungen und politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen besonders betroffen sind.
Wie steht es um die Frauenrechte nach 111 Jahren?
1911 fand der erste Weltfrauentag statt. Um Frauenrechte wurde schon zuvor und bis zum heutigen Tag gekämpft, denn Frauenrechte mussten und müssen immer gesellschaftlich erstritten werden. Bis zu einer wirklichen Gleichberechtigung ist noch einiges zu tun.
Etwa beim Thema Bezahlung: In Deutschland ist am 7. März Equal Pay Day. Mit einer Lohnlücke von 18 Prozent zwischen Männern und Frauen liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf dem drittletzten Platz. Der Equal Pay Day 2022 steht unter dem Motto „Equal Pay 4.0 – Gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt“.
Oberbürgermeister Dieter Reiter hat nicht nur die Schirmpatenschaft für die Tram-Aktion zum Equal Pay Day übernommen, sondern will auch die Gleichberechtigung von Frauen im Bereich der Digitalisierung erreichen: „Gerade die geschlechtergerechte Digitalisierung ist mir ein wichtiges Anliegen. Schließlich kann die Stadt nur dann eine Digitalisierung für alle realisieren, wenn auch alle daran beteiligt sind. In der Digitalbranche sind Frauen aber leider immer noch unterrepräsentiert, Apps und andere technische Anwendungen werden großteils von Männern entwickelt – eine weibliche Sicht bleibt damit außen vor. Deshalb muss sich die Arbeitskultur in diesem Bereich verändern. Ziel muss sein, bei Mädchen und jungen Frauen das Interesse für IT-Berufe zu wecken, ihnen den Einstieg zu erleichtern und selbstverständlich auch gleiche Aufstiegschancen zu ermöglichen.“
Deshalb hat die Stadt ein Stadtratshearing zum Thema „Geschlechtergerechtigkeit in der Digitalisierungstrategie der Stadt München“ durchgeführt und wird sich bei der Umsetzung an den Prinzipien Gleichstellung, Inklusion, Diskriminierungs- und Barrierefreiheit ausrichten.
Frauen erfahren gerade in diesen Zeiten wieder viele „Roll backs“. In der Corona-Pandemie haben sie überdurchschnittlich häufig ihre Arbeitszeit verkürzt, um neben dem Homeoffice die Kinder im Home-Schooling oder wegen geschlossenen Kitas zu betreuen. Die ungerechte Aufteilung der unbezahlten Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern hat sich weiter ausgeprägt und die „systemrelevanten“ (Frauen-)Berufe in der Pflege und der Kinderbetreuung werden auch im dritten Pandemie-Jahr noch nicht besser bezahlt. Gegen die Absicht der neuen Bundesregierung, den Mindestlohn anzuheben, was überdurchschnittlich viele Frauen betrifft, gab es es bereits heftigen Gegenwind.
Aber auch Anfeindungen nehmen zu. Politikerinnen und andere engagierte Frauen werden in sozialen Medien beschimpft.
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden: „Die Forderung nach einer geschlechtergerechten Sprache löst mehr Diskussionen aus als die Tatsache, dass in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird. Gewalt von Männern gegen Frauen, Mädchen und Menschen weiterer Geschlechter ist weltweit die häufigste Menschenrechtsverletzung – Deutschland ist da leider keine Ausnahme. All das macht deutlich, dass noch viel zu tun ist.“
Eine Maßnahme, die unmittelbar dem Schutz von Frauen vor Gewalt dient, ist der „Aktionsplan gegen geschlechtsspezifische Gewalt“ der Stadt München. Gemeinsam mit den Beratungs- und Hilfeeinrichtungen hat die Stadt München Lücken im Gewaltschutz, der Prävention und Intervention/Opferbegleitung in München identifiziert und diesen Aktionsplan entwickelt. Er bezieht sich konkret auf die kommunale Ebene und legt den Schwerpunkt auf Prävention. Noch im März wird er dem Stadtrat vorgelegt und kann danach in die Praxis umgesetzt werden.
Aber auch im Vorfeld hat die Stadt München schon gehandelt und bereits im September letzten Jahres im Stadtrat ein weiteres Frauenhaus beschlossen, mit Plätzen speziell für sucht- und psychisch kranke Frauen, die in den bestehenden Frauenhäusern aufgrund ihrer Problematik nicht aufgenommen werden können.
Last but not least hat die Gleichstellungsstelle für Frauen gemeinsam mit dem Stadtarchiv ein Projekt initiiert, das jetzt zum Internationalen Frauentag das Licht der Öffentlichkeit erblickt und im Sommer in einer Veranstaltung ausführlich vorgestellt wird. Es hat das Ziel, frauenpolitisches Engagement sichtbar zu machen und sich damit der Tradition des Verschweigens entgegen zu setzen. Fehlende Denkmäler und Straßennamen sind nur die Spitze des Eisbergs, häufig wird frauenpolitisches Wirken öffentlich nicht wahrgenommen und für die Stadtgeschichte nicht dokumentiert. In den Video-Interviews des Projektes „Oral History. Frauen verändern Geschichte“ erzählen frauenpolitisch engagierte Frauen ihre Geschichte, ihre Lebenszusammenhänge, ihre Perspektiven und ihre Schlüsselerlebnisse. Der Trailer zu den Interviews vermittelt einen ersten Eindruck und ist abrufbar unter stadt.muenchen.de/infos/oralhistory.
Das Fazit der Gleichstellungsstelle nach 111 Jahren: „Dranbleiben lohnt sich, Frauen verändern Geschichte.“