Wiesn: Rettet das Kleine Riesenrad (Russenrad)
Antrag Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP) vom 4.10.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
In Ihrem o.g. Antrag bitten Sie den Oberbürgermeister, sich beim Bundesgesetzgeber dafür einzusetzen, dass in Deutschland, wie offenbar in anderen EU-Staaten, eine Bestandsschutzregel erlassen wird, die einen Weiterbetrieb von traditionsreichen Fahrgeschäften, wie dem auf Münchner Volksfesten betriebenen Kleinen Riesenrad (Russenrad) ermöglicht, ohne unverhältnismäßige Umbauten zu erfordern.
Weiter wird die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt München gebeten zu prüfen, ob das Kleine Riesenrad als bewegliches Denkmal nach Art. 1, 2,10 Bayerisches Denkmalschutzgesetz einzustufen ist. Dann solle es zumindest auf der Oidn Wiesn weiterbetrieben werden.
Die Inhalte des Antrags betreffen den Vollzug der Bayerischen Bauordnung und des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes und damit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Den Terminverlängerungen vom 4.2., 21.9.2020 sowie 26.3.2021 wurde zugestimmt.
Zum Antrag teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Die DIN EN 13814 wurde bereits vor vielen Jahren in Fachgremien und Normenausschüssen als Nachfolgeregelung für die bisherige Statiknorm für fliegende Bauten DIN 4112 erarbeitet und diskutiert. Zum 1.1.2013 wurde sie bauaufsichtlich eingeführt. Da außerhalb Deutschlands weitgehend kein klares Genehmigungsverfahren für Fahrgeschäfte geregelt war, enthält die Norm teilweise auch Verfahrensvorschriften nach deutschem Vorbild. Diese Teilbereiche wurden aber in Deutschland nicht bauaufsichtlich eingeführt, da diese Inhalte bereits in anderen Verordnungen geregelt waren. Die Norm enthält für die Statik neue Berechnungsverfahren, die auch z. B. bei der Materialermüdung höhere Anforderungen stellen. Auch zu Sicherungs- und Überwachungssystemen wurden die Anforderungen aktualisiert. Die Vorgängernorm ist in weiten Teilen aus 1983, in Teilberei-chen noch älter. Entsprechend „veraltet“ waren manche der darin enthaltenen Regelungen.
Da die Ausführungsgenehmigung bundeseinheitlich immer nur befristet erteilt wird, um z. B. eine Grundlage für sicherheitsrechtliche Weiterentwicklungen zu haben, besteht grundsätzlich kein Bestandsschutz. Dies hat zur Folge, dass theoretisch mit der nächsten Verlängerung der Ausführungsgenehmigung eine Nachrüstung auf die aktuelle Normenlage erforderlich wäre.
Da die vollständigen Änderungen auf die neue Norm bei manchen Betrieben erhebliche Auswirkungen hätte, gab es Auslegungshilfen und Erleichterungen, nach denen, je nach Betriebstyp, die Anpassungen auf bestimmte Teilbereiche beschränkt wurden und über mehrere Jahre gestreckt werden konnten.
In den Jahren um die Einführung der neuen Norm gab es wohl einige Unfälle, die ggf. mit zur Folge hatten, dass der Gesetzgeber Initiativen zum Bestandsschutz oder zu anderen Regelungen, die eine Anpassung nicht erforderlich machen würden, negativ gesehen hat.
Unter diesen gegebenen Umständen wird daher eine Initiative durch den Oberbürgermeister beim Bundesgesetzgeber wegen mangelnder Erfolgsaussichten als nicht sinnvoll erachtet.
Hinsichtlich der Prüfung der Denkmalwürdigkeit des Kleinen Riesenrads ergibt sich folgende Situation:
Die Untere Denkmalschutzbehörde hat Ihren Antrag mit Schreiben vom 6.11.2019 an die alleine für die Prüfung der Denkmalwürdigkeit zuständige Fachbehörde, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD), weitergeleitet. Ergänzende Angaben zu den Eigentumsverhältnissen und dem Lagerort wurden nach Recherche nachgereicht. Das BLfD nahm daraufhin mit den Eigentümern Kontakt auf, woraufhin diese dort schriftlich die Prüfung der Denkmaleigenschaft für das Kleine Riesenrad als Bewegliches Denkmal im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayDSchG beantragten. Dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung teilte das BLfD am 19.6.2020 mit, dass es der Angelegenheit auf Grund der hohen Bedeutung für die Geschichte der Volksfeste und damit der Volkskultur in Bayern nachgehe. Es ließe sich schon jetzt die geschichtliche und volkskundliche Bedeutung im Sinne des Art. 1 BayDSchG annehmen. Eine abschließende Prüfung zur Teilliste C, Bewegliche Denkmäler, könne aber erst im aufgebauten, insbesondere imBetrieb befindlichen Zustand vorgenommen werden. Auf die Zwischennachricht vom 13.11.2019 sowie die o.g. Anträge auf Terminverlängerung mit jeweiligen Sachstandsmitteilungen dürfen wir verweisen. Die erforderliche abschließende Prüfung im laufenden Betrieb konnte das BLfD pandemiebedingt noch nicht vornehmen. Sobald dies die Umstände erlauben, ggf. anlässlich einer der ersten Auer Dulten im nächsten Jahr, solle dies erfolgen.
Ungeachtet einer möglichen Denkmalwürdigkeit müssen wir jedoch als Untere Bauaufsichtsbehörde auch darauf hinweisen, dass zwar für die Inbetriebnahme noch eine bis 31.12.2021 gültige Ausführungsgenehmigung gem. Art. 72 Abs. 2 BayBO vorliegt, jedoch für einen weiteren, dauerhaften Betrieb technische Nachrüstungen zur Verlängerung der Betriebserlaubnis erforderlich sein können.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung geht davon aus, dass mit der Annahme des Prüfungsantrags durch das BLfD und der bisher getroffenen fachlichen Einschätzung, auch im Sinne des Antrags, diesem hinreichend Rechnung getragen ist. Über die endgültige Entscheidung des zuständigen BLfD werden wir Sie umgehend informieren.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten.