Anfrage Polizeieinsatz während der IAA Mobility 2021
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 29.9.2021
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihre Anfrage vom 29.9.2021 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Warum muss eine Messe massiver geschützt werden als ein internationaler Sicherheitsgipfel? Selbst die bauma, die größte Messe der Welt mit 627.603 Besucher*innen aus der ganzen Welt wird nicht mit so einem Polizeiaufgebot geschützt. Die einzigen Polizeiinformationen, die München zur bauma erhält, sind Hinweise auf Verkehrsbeeinträchtigungen. Zur Münchner Sicherheitskonferenz, zu deren Besucher*innen Angela Merkel, Sebastian Kurz, Mike Pompeo, Ilham Aliyev (*Unions-Smiley) und Justin Trudeau zählen, wurden gerade einmal 3.900 Einsatzkräfte aus München und Bayern eingesetzt.
Zur Mobility-Messe IAA, einer Fach- als auch Publikumsmesse kam es dann jedoch zum größten Polizeieinsatz seit 20 Jahren mit 4.500 Einsatz- kräften.
Wir bitten daher den Oberbürgermeister, als auch den Referenten des Kreisverwaltungsreferates und den Polizeipräsidenten Münchens, folgende Fragen zu beantworten:“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen teile ich Ihnen Folgendes mit:
Frage1:
Auf welcher Rechtsgrundlage und mit welcher Begründung wurde der Einsatz eines Überwachungsballons nahe einem Wohngebiet begründet? Mit welcher speziellen Begründung wurden die Wärmebildaufnahmen um das Messegelände und im Landschaftspark (Bürger*Innen in ihrer Freizeit) autorisiert?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Die damalig vorliegenden Lageerkenntnisse ließen den Schluss zu, dass der Eintritt eines gefährdenden Ereignisses aus dem Bereich der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) bei der IAA Mobility 2021 als sehr wahrscheinlich galt. Die offene polizeiliche Videobeobachtung mittels Wärme-bildkamera der Messe und deren Umfeld zur Nachtzeit diente der Erkenntnisgewinnung von möglichen Vorbereitungshandlungen für die Begehung von Störungen der IAA und Straftaten zum Nachteil der Messe sowie dort eingesetzter Einsatzkräfte. Die Messe ist durch ihre Lage am Stadtrand von einer Vielzahl nicht beleuchteter Anlagen, wie dem Riemer Park mit angrenzenden Freiflächen und dem Riemer Wäldchen, sowie dem Truderinger Umschlagbahnhof unmittelbar umgeben, was die Aufklärung durch Polizeikräfte vor Ort erheblich erschwerte.
Im weiteren Umfeld befinden sich insbesondere im südlichen und östlichen Nahbereich Felder, Wiesen und bewaldete Gebiete, die mit Streifenfahrzeugen nicht ohne weiteres befahren und auf Grund der Weitläufigkeit nicht überblickt werden konnten. Diese Flächen konnten gerade deshalb als konspirativer Treffpunkt für Straftäter*innen dienen, um Störaktionen, Anschläge oder Angriffe unbemerkt vorzubereiten (z.B. durch die Anlage von Depots) oder von dort auszuführen. Zudem konnten diese Flächen von Störern und Störerinnen mangels polizeilicher Einsicht für die unbemerkte Annäherung an die Messe genutzt werden.
Mittels des Ballons wurden keine Videoaufnahmen gefertigt. Dieser wurde lediglich zur mittels Kamera gestützten Beobachtung und nur zur Nachtzeit von 22 bis 6 Uhr eingesetzt. Die Einstellungen am Ballon wurden im Vorfeld explizit so gewählt, um Einblicke in privaten Wohnraum ausschließen und lediglich Übersichtsaufnahmen der o.g. Areale bereitstellen zu können. Rechtsgrundlagen: Art. 2, 30-33, 53 ff., 61-66 PAG, §§ 163, 163b, 100h, 483 ff. StPO, 53 Abs. 1 OWiG, Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO)“
Frage 2:
Wie steht die Polizei München als auch der Oberbürgermeister Münchens zu diesem Einsatz?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Aufgrund der im Vorfeld gesammelten Lageerkenntnisse wurde seitens des Polizeipräsidiums München der Einsatz eines polizeilichen Videoballons als erforderlich und verhältnismäßig erachtet, um einen störungsfreien Verlauf der Veranstaltung gewährleisten zu können.“
Antwort des Kreisverwaltungsreferates:
Die Stadtverwaltung ist für die getroffene Maßnahme nicht zuständig und insoweit über die der Maßnahme zugrundeliegenden Sachverhalte nicht informiert, daher kann eine Bewertung durch die Landeshauptstadt München nicht erfolgen.
Frage 3:
Wie wird mit dem gefilmten Material, den gesammelten Daten (Bewegungsdaten, Kennzeichen, etc.) im Rahmen des geltenden Datenschutzes umgegangen?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Der Ballon wurde lediglich zur Beobachtung der unter Frage 1 beschriebenen Areale eingesetzt. Aufzeichnungen wurden nicht angefertigt.“
Frage 4:
Wie rechtfertigt die Polizei München und auch der Oberbürgermeister die durch die Überwachung mit Polizeihubschraubern entstehende Lärmbelästigung über den Wohngebieten neben dem Messegelände – teils früh am Morgen oder mitten in der Nacht über den Häusern?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Bei Polizeihubschraubern handelt es sich um wesentliche Einsatzmittel, um auch in unübersichtlichen Einsatzlagen und größeren Versammlungen ein konkretes und ganzheitliches Bild der Situation vor Ort zu bekommen. Die Beobachtung aus der Luft trägt maßgeblich dazu bei, die Sicherheit aller Versammlungs-/Veranstaltungsteilnehmer*innen und letztendlich aller Bürger*innen zu gewährleisten, sowie Störaktionen und Straftaten bzw. Störer und Störerinnen frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden. Der Einsatz der Hubschrauberstaffel der Bayerischen Polizei wird stets, wie auch bei allen anderen Einsatzmitteln während der Einsatzvorbereitung insbesondere auch auf seine Verhältnismäßigkeit geprüft.“
Antwort des Kreisverwaltungsreferates:
Der Einsatz von Polizeihubschraubern ist ausschließliche eine polizeiliche Maßnahme, deren Beurteilung nicht der Landeshauptstadt München obliegt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme eine Abwägung zwischen dem einsatztaktischen Mehrwert und möglichen Belästigungen der Bevölkerung stattgefunden hat. Dem Kreisverwaltungsreferat liegen keine Beschwerden vor, die sich explizit auf den Einsatz von Polizeihubschraubern beziehen.
Frage 5:
Zu welchem Zeitpunkt gilt und/oder galt die Kameraüberwachung im weiteren Umfeld der Messe für beendet? Wann werden die entsprechenden Hinweise an Straßenlaternen, etc. entfernt?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Die Videobeobachtung wurde bis zum Ende der IAA am 12.9.2021 durchgeführt. Eine Weiterführung der Überwachung nach Beendigung der Veranstaltung ist nicht erfolgt.
Die Hinweise auf die Videoüberwachung wurden entfernt. Eine missverständliche Auffassung über den Überwachungszeitraum zwischen Ende der IAA Mobility 2021 bis zur anschließenden Abnahme der Hinweisschilder, ist auf Grund des aufgedruckten Zeitraumes auszuschließen.“
Frage 6:
Welche Größe hatte der gesamte Polizeieinsatz? Wie viele Einsatzkräfte, wie viele Einsatzfahrzeuge, welche Technik, etc. kamen zum Einsatz. Mit Bitte um detaillierte Auflistung.
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage DRs 18/18419 wird verwiesen.“
Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18419):
„1. a) Wie viele Einsatzkräfte der Polizei waren während der gesamten Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) im Einsatz?
Insgesamt waren täglich bis zu 4.500 Einsatzkräfte im Einsatz. b) Aus welchen Präsidien bzw. Einheiten aus Bayern kamen jeweils die Polizistinnen und Polizisten?
Das Polizeipräsidium (PP) München wurde durch alle Verbände der Bayerischen Polizei unterstützt.
2. a) Wie viele Polizeikräfte sind aus anderen Bundesländern im Einsatz gewesen (bitte nach Bundesland aufschlüsseln)?
b) Wie viele Polizeikräfte der Bundespolizei sind im Einsatz gewesen? Das PP München wurde durch 1.510 Einsatzkräfte aus Bund und Ländern unterstützt.
Die Aufschlüsslung der Kräfte kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Gesamt:
Baden-Württemberg 363
Berlin 75
Brandenburg 83
Hamburg 12Hessen 156
Niedersachsen 24
Nordrhein-Westfalen 205
Rheinland-Pfalz 11
Sachsen 98
Sachen-Anhalt 83
Schleswig-Holstein 135
Thüringen 72
Bundespolizei 193
Gesamt: 1.510
Im Hinblick auf den Einsatz von Kräften der Bundespolizei kann nur eine Aussage zu Unterstützungskräften für das PP München getroffen werden. Über den Kräfteansatz der Bundespolizei zur eigenen Aufgabenerfüllung liegen hier keine Erkenntnisse vor.
c) Wie viele Super-Recognizer waren im Einsatz?
Es waren täglich bis zu 13 Super-Recogniser im Einsatz.“
Frage 7:
Welche Kosten hat dieser Polizeieinsatz verursacht?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage DRs 18/18419 wird verwiesen.“
Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18419):
„6. Wie hoch waren die Kosten für den Einsatz von Polizeikräften während der IAA?
Die Erhebung von Kosten für Polizeieinsätze ist im (bayerischen) Kostengesetz, im (bayerischen) Polizeiaufgabengesetz und daneben in einer Vielzahl von (vor allem bundesgesetzlichen) Spezialrechtsnormen geregelt. Nach diesen Regelungen erhebt die Bayerische Polizei keine Kosten bei Großveranstaltungen, wie z.B. Sportveranstaltungen, Konzerten, Festzügen, Fronleichnamsprozessionen und auch Demonstrationen, wenn die Polizei im Zusammenhang mit diesen Veranstaltungen ‚nur‘ zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zur Abwehr von Gefahren tätig wird und an dieser Tätigkeit ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.So dient auch der Polizeieinsatz im Zusammenhang mit der IAA der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und erfolgt im überwiegenden öffentlichen Interesse. Es handelt sich dabei um eine Kernaufgabe der Bayerischen Polizei und soll sicherstellen, dass die Besucher ungestört an dieser Veranstaltung teilnehmen können und auch die Bevölkerung im Umfeld der Veranstaltung nicht über Gebühr durch Demonstration oder sonstige Störungen beeinträchtigt wird. Auch übernimmt die Polizei im Zusammenhang mit diesem Polizeieinsatz keine Ordnertätigkeiten, Einlasskontrollen oder Absperrmaßnahmen für die Aussteller. Da für den Polizeieinsatz im Zusammenhang mit der IAA nach der geltenden Rechtslage keine Kosten erhoben werden können, werden diese, um einen unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, nicht festgestellt und auch nicht gesondert ausgewiesen.“
Frage 8:
Wie viele Überstunden sind dadurch bei der Polizei angelaufen?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage DRs 18/18419 wird verwiesen.“
Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18419):
„b) Wie viele Überstunden haben die Einsätze während der IAA bei bayerischen Polizeieinsatzkräften verursacht?
Eine belastbare Aussage, in welchem Umfang Überstunden bzw. Mehrarbeitsstunden während der IAA Mobility 2021 entstanden sind, kann derzeit nicht verbindlich getroffen werden.“
Frage 9:
Gegenüber wie vielen Personen wurde ein Platzverweis ausgesprochen, bzw. ein Betretungsverbot für die IAA-Flächen (inkl. Open Spaces) ausgesprochen? Auf welcher Rechtsgrundlage basierten diese Betretungsverbote?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage Drs 18/18478 wird verwiesen.“Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18478):
„6. a) Wie viele Personen wurden mit einem Platzverweis bzw. Betretungsverbot für die Ausstellungsflächen der IAA 2021 belegt? Durch das Polizeipräsidium München wurde 91 Personen ein Bereichsbetretungsverbot beispielsweise für die Veranstaltungsfläche auf dem Messegelände oder dem Open Space erteilt. Gegen 15 weitere Personen wurden Platzverweise ausgesprochen.
b) Wie viele dieser Anordnungen stützten sich auf drohende Gefahr? c) Welche konkreten Sachverhalte führten jeweils zur Anordnung? Die vorgenannten Maßnahmen erfolgten im Zeitraum der Veranstaltung von 7. bis zum 12. September 2021 nach Maßgabe der Rechtsgrundlage Art. 16 Abs. 1 PAG.
Eine statistisch-automatisierte Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt bei der Bayerischen Polizei nicht. Entsprechend kann keine valide Beantwortung der Fragestellung erfolgen.
Darüber hinaus müsste für die Abfassung eines Antwortbeitrags zur den gegenständlichen Fragestellungen ein umfangreicher Auswerteauftrag an die nachgeordneten Polizeibehörden u.a. zur manuellen (Einzel-)Auswertung polizeilicher Akten und Datenbestände ergehen. Dies würde dort zu einem erheblichen, in der vorliegenden konkreten Situation nicht vertretbaren zeitlichen und personellen Aufwand führen und die Aufrechterhaltung der effektiven Aufgabenerfüllung der Bayerischen Polizei gefährden. Die Bayerische Polizei ist gefordert, sich zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und zu ihrer gesetzlich verankerten Aufgabenerfüllung, insbesondere der gefahrenabwehrenden Einsatzbewältigung und repressiven Strafverfolgung, auf die Kernaufgaben zu konzentrieren. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des sich aus Art. 13 Abs. 2, 16a Abs. 1 und 2 S. 1 Verfassung des Freistaates Bayern (BV) ergebenden parlamentarischen Fragerechts der Abgeordneten des Landtags kann daher eine Auswertung von Einzelakten u.ä. nicht erfolgen.
Allgemein kann jedoch mitgeteilt werden, dass für die Anordnung eines Bereichsbetretungsverbotes eine auf Tatsachen begründete Prognose erforderlich ist, die eine Beurteilung der allgemeinen Gefährdungslage und eine konkrete personenbezogene Gefährdungsbewertung umfassen muss. Allgemeine Kriterien können hierbei personenbezogene Aufklärungsergebnisse, Erkenntnisse aus Einsätzen oder personenbezogene Informationen aus früheren, ähnlichen Veranstaltungen sein. Zusätzlich müssen Tatsachen vorliegen, die eine von dem Betroffenen ausgehende Gefahr fürein bedeutendes Rechtsgut begründen und welche im Zuge einer Individualprognose unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bewertet werden.“
Frage 10:
Wie viele Personen insgesamt wurden während der gesamten Dauer der IAA polizeilichen Maßnahmen unterzogen? Wie viele Festnahmen gab es? Wie viele Ermittlungsverfahren und welcher Art wurden als Folge der polizeilichen Maßnahmen auf den Weg gebracht?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Maßnahmen werden nur bei Notwendigkeit einer Dokumentation erfasst und gespeichert. Dazu bedarf es insbesondere unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorgaben einer entsprechenden rechtlichen Voraussetzung. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, werden weder die Personalien noch die Daten der Maßnahme erhoben. Eine grundsätzliche Melde- pflicht jedweder im Stadtgebiet München durchgeführter polizeilicher Maßnahme besteht nicht. Im Rahmen der IAA wurden 74 Personen festgenommen. Es wurden insgesamt 216 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Art der Verfahren: 190 Strafverfahren, 26 Ordnungswidrigkeitenverfahren.“
Frage 11:
Wie viele verletzte Polizist*innen gab es während der Einsätze um die IAA und wie viele verletzte Demonstrierende?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage DRs 18/18737 wird verwiesen.“
Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18737):
„3.1 Wie viele Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden verletzt (bitte nach Schweregrad und Versammlung aufschlüsseln)? Dem Polizeipräsidium München liegen Erkenntnisse über zwei verletzte Versammlungsteilnehmer vor.
Im Rahmen der Versammlung mit der laufenden Nummer 13 (siehe An-
lage) klagte eine Person, welche einen Baum besetzte, über Gefühlsstörungen in den Beinen. Die Person wurde zur weiteren Abklärung in einKrankenhaus verbracht. Wie sich der weitere Sachverhalt gestaltete, ist nicht bekannt.
Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 4.1 bis 4.3 verwiesen. 3.2 Wie viele Polizistinnen und Polizisten wurden verletzt (bitte nach Schweregrad und Versammlung aufschlüsseln)?
Im Rahmen des polizeilichen Gesamteinsatzes anlässlich der IAA Mobility 2021 wurden insgesamt elf Polizeibeamtinnen und -beamte leicht verletzt. Eine detaillierte Aufschlüsselung nach einzelnen Versammlungen ist nicht möglich. Auf die Antwort zu Frage 1.3 wird diesbezüglich verwiesen.“
Frage 12:
Wie viele Polizeibeamt*innen haben während dem Einsatz zur IAA 2021 remonstriert?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Dem Polizeipräsidium München sind keine Fälle von remonstrierenden Einsatzkräften bekannt.“
Frage 13:
Welche Maßnahmen wurden wann genau im Vorfeld seitens der Polizei mit dem Kreisverwaltungsreferat und der Stadtspitze abgestimmt und kommuniziert?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Grundsätzliche polizeiliche Maßnahmen zur Deeskalation, wie auch hinsichtlich konsequentem Vorgehen gegen Straftäter*innen wurden sowohl dem KVR, der Stadtführung, aber auch der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Das Versammlungsbüro des Kreisverwaltungsreferats erlässt Versammlungsbescheide in enger Abstimmung mit dem Mobilitätsreferat, der Branddirektion, dem Gesundheitsreferat sowie der Polizei. Darüber hinausgehende polizeitaktische Maßnahmen werden nicht veröffentlicht.“
Antwort des Kreisverwaltungsreferates:
Im Hinblick auf Versammlungen wurden, abgesehen von verkehrlichen Sicherungsmaßnahmen für die Radsternfahrt, polizeiliche Maßnahmen während der Versammlungen nicht vorab mit dem Kreisverwaltungsreferat abgestimmt bzw. kommuniziert. Vor Durchführung der Versammlungen fand die übliche Kommunikation im Vorfeld von Versammlungen statt, um die sicherheitsrechtlichen Belange und ggf. notwendige Versammlungsbeschränkungen zu prüfen. Für die Radsternfahrt waren Verkehrssicherungsmaßnahmen im Rahmen der Kooperationsgespräche mit dem Veranstalter ein Thema, das besprochen wurde.Darüber hinaus fand eine Abstimmung zwischen dem Kreisverwaltungsreferat und dem Polizeipräsidium München hinsichtlich Erreichbarkeit und Zuständigkeit des Kreisverwaltungsreferats bezüglich möglicher sicherheitsrechtlicher Maßnahmen nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz statt.
Frage 14:
Ist mit dem Kreisverwaltungsreferat und vor allem der Polizei München vorab besprochen worden, dass Pressevertreter*innen mit gültigem Presseausweis bei Ausübung ihrer Arbeit geschützt werden müssen?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Der Schutz von Pressevertretern und Pressevertreterinnen und die Gewährleistung zur Ausübung der Pressefreiheit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben genießt beim Polizeipräsidium München hohe Priorität. Vorabsprachen mit dem Kreisverwaltungsreferat sind diesbezüglich nicht angezeigt.“
Antwort des Kreisverwaltungsreferates:
Vorabsprachen im Sinne der Fragestellung haben nicht stattgefunden. Den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung ist die Bedeutung der Pressefreiheit bewusst.
Frage 15:
Ist es richtig, dass einzelne Pressevertreter*innen festgesetzt wurden, weil sie äußerlich den Teilnehmenden des Klimacamps ähnelten (laut Presseberichten)?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Es wurden keine Maßnahmen gegen Pressevertreter*innen getroffen, weil sie Teilnehmenden des Klimacamps ähnelten.“
Frage 16:
Wie kam es dazu, dass Pressearbeit massiv behindert wurde? Es liegen Berichte vor von Androhungen der Beschlagnahme der Technik, Beleidigungen („Fotowixxxr“), Versuche das Smartphone zu entreißen und Pressevertreter*innen in der Gefangenensammelstelle.
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Dem Polizeipräsidium München liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich widerrechtlicher Beschlagnahmen oder solcher Androhungen durch Einsatzkräfte vor.Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage DRs 18/18736 verwiesen.“
Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18736):
„3. a) Aufgrund welcher Sachlage wurde der Journalist festgenommen (bitte exakt angeben)?
b) Wann genau erfolgte die Festahme?
c) Wie lange wurde in Gewahrsam genommen?
Der Beschuldigte wurde aufgrund des dringenden Tatverdachts eines Vergehens des Hausfriedensbruchs am Freitag, den 10.9.2021 um 14.39 Uhr festgenommen, nachdem er sich zu diesem Zeitpunkt widerrechtlich in dem besetzten Anwesen aufhielt. Der Beschuldigte wurde nach Abschluss der polizeilichen Sachbearbeitung um 17.05 Uhr entlassen.
Eine Ingewahrsamnahme auf Grundlage der präventiven Befugnisse des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes wurde zu keinem Zeitpunkt angeordnet, es handelte sich ausschließlich um strafprozessuale Maßnahmen. 4. a) Welchen Stand hat das Ermittlungsverfahren?
Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. b) Soweit die Verhaftung aufgrund des Verdachts auf Hausfriedensbruch erfolgte, wer stellte den entsprechenden Antrag nach § 123 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB)?
Auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 2 c wird verwiesen.
c) Wann genau wurde dieser Antrag gestellt?
Auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 2 c wird verwiesen.
5. a) Wieso wurde nach der Freilassung mit einem Betretungsverbot für die Flächen der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) 2021 belegt? b) Welche konkrete Gefahr oder drohende Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut sollte damit abgewehrt werden?
c) Wie beurteilt die Staatsregierung das Betretungsverbot vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit?
Nach Abwägung der zum Beschuldigten vorliegenden Erkenntnisse, insbesondere der durch ihn veröffentlichten Beiträge in allgemein zugänglichen Quellen und der Durchführung einer Individualprognose war insgesamt eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die wiederholte Begehung vergleichbarer Delikte und damit eine konkrete Gefahr für die Rechtsordnung gegeben. Aufgrund dieser Sachlage wurde gegen den Betroffenen ein polizeiliches Bereichsbetretungsverbot verhängt.Das Bereichsbetretungsverbot wurde wenige Stunden nach dessen Erteilung durch die Einsatzleitung des Polizeipräsidiums München wieder aufgehoben. Grund hierfür war die fortwährende Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter, wobei zum Zeitpunkt der Aufhebung kein klarer Überhang des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mehr bestand. Die Entscheidung wurde dem Beschuldigten sowohl mündlich als auch schriftlich mitgeteilt.
6. Wie bewertet die Staatsregierung insgesamt die Festnahme vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit?
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken gemäß Art. 5 Abs. 2 Grundgesetz (GG) in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Zu diesen Gesetzen gehören einerseits das Strafrecht und andererseits das darauf fußende Strafprozessrecht.
Im vorliegenden Fall liegt tatbestandsmäßig ein Vergehen des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Strafgesetzbuch vor. Die Polizei ist daher nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und alle notwendigen Maßnahmen zu Erforschung und Verfolgung der Straftat zu ergreifen. Hierzu zählte die vorläufige Festnahme des Beschuldigten.“
Frage 17:
Mit welcher Begründung wurden Menschen aufgrund von Handzetteln oder Aufklebern, die sie bei sich trugen, in die Gefangenensammelstelle gebracht und stundenlang festgehalten?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Sofern im Rahmen polizeilicher Maßnahmen eine weitere Abarbeitung notwendig ist, erfolgt diese grundsätzlich möglichst ortsnah bei mobilen Bearbeitungsstellen. Diese befinden sich je nach Einsatzanlass in der Nähe der Feststellungs- bzw. Versammlungsorte. Dadurch wird eine möglichst geringe Dauer der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen gewährleistet und die Entlassung erfolgt vor Ort. Nur wenn zwingende weitere Gründe hinzutreten, werden Personen in die stationäre Gefangenenstelle des Polizeipräsidiums München verbracht. Gründe hierfür können beispielsweise weitere notwendige Maßnahmen im Rahmen eines Strafverfahrens oder unverzichtbare Maßnahmen zur Feststellung der ungeklärten Identität sein. Hierunter fällt nicht das alleinige Mitführen von Handzetteln oder Aufklebern.“
Frage 18:
Wie schätzt die Polizei und die Stadt die Tatsache ein, dass Bürger*innen durch die massive Präsenz von gepanzerten Einsatzkräfte in Schutzmontur und durch ausufernde Vor-Kontrollen, eingeschüchtert wurden, an angemeldeten Versammlungen teilzunehmen?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Dem Polizeipräsidium München liegen keine Erkenntnisse vor, dass mögliche Versammlungsteilnehmer*innen aufgrund der polizeilichen Präsenz in der Stadt nicht an Versammlungen teilgenommen haben. Vorkontrollen wurden nur im Einzelfall und anlassbezogen durchgeführt.“
Antwort des Kreisverwaltungsreferates:
Die Durchführung von Versammlungen wird von der Polizei in ihrer Doppelfunktion als Versammlungs- und Strafverfolgungsbehörde betreut. Es entzieht sich dem Zuständigkeitsbereich des Kreisverwaltungsreferates, die polizeiliche Einsatztaktik zu bewerten, welche die Polizei aufgrund eigener Erkenntnisse und Erwägungen festlegt.
Frage 19:
Warum wurde in Situationen, in denen Aktivist*innen sich auf Bäumen in einer Höhe von über 180cm befanden, nicht auf das Eintreffen der entsprechend geschulten Einsatzkräfte gewartet, um die Lage zu beurteilen? Stattdessen haben anwesende Beamt*innen vor Ort massiv gesundheits- gefährdend und hoch risikobehaftet gehandelt, indem die Menschen von den Bäumen (über 180cm Höhe) gezogen wurden und so aus der Höhe stürzten? Dabei kam es auch zu Verletzungen, in mindestens einem Fall. a.Mit welcher Begründung wurde einer von einem Baum gestürzten Per- son die Erstversorgung durch Sanitäter*innen verweigert und stattdessen nach dem Sturz noch meterweise, ungesichert von Einsatzkräften weggezogen und getragen?
Frage 20:
Warum wurden Schlagstock und Pfefferspray eingesetzt, um Menschen davon abzuhalten auf Bäume zu klettern?
a.Welchen Straftatbestand oder Ordnungswidrigkeit erfüllt das Klettern auf Bäume in öffentlichen Grünflächen?
Frage 21:
Warum wurde in diesen Situationen nicht auf Deeskalation gesetzt?
Antwort des Polizeipräsidiums München zu den Fragen 19, 20 und 21:
„Aufgrund der Sachzusammenhänge werden die Fragen 19, 20 und 21 gemeinsam beantwortet: Auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage DRs 18/18737 wird verwiesen.“Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18737):
„4.1 Welche Kenntnisse liegen über eine verletzte Person vor, die bei einer Versammlung an der Karlstraße 20/22 einen Baum bestiegen hat? 4.2 Wurde die Person von Einsatzkräften der Polizei vom Baum entfernt? 4.3 Falls ja, auf welche Art und Weise (bitte exakt angeben)?
5.1 Auf welche Weise hat sich die Person die Verletzungen zugezogen (bitte exakt angeben)?
5.2 Wie wurde die Person im Anschluss transportiert und behandelt? 5.3 Welche Verletzungen wurden festgestellt?
Als sich die sich fortbewegende Versammlung mit der laufenden Nummer 13 am 10.9.2021 im Bereich der Karlstraße befand, stürmten mehrere Personen ein leerstehendes Haus und besetzten dieses. Gleichzeitig versuchten mehrere Personen, auf die vor dem Haus befindlichen Bäume zu klettern.
Aufgrund der im Zusammenhang mit der Erstürmung des Hauses stehenden strafbaren Handlungen sowie der Störungen für den friedlichen Verlauf der Versammlung wurden durch die Polizeikräfte vor Ort Maßnahmen veranlasst, um diese Aktionen zu unterbinden. Eine der auf einen Baum kletternden Personen wurde in diesem Zusammenhang durch Polizeikräfte am Fuß festgehalten und in der Folge kontrolliert zu Boden gebracht. Nachdem die Person zu Boden gebracht worden war, kamen Versamm-
lungsteilnehmer hinzu, die als Sanitäter gekennzeichnet waren, und untersuchten die Person. Die Person wurde anschließend von der Polizei aus dem Bereich herausgetragen und von den bereits vor Ort befindlichen Sanitätern weiter behandelt. Von diesen wurde in der Folge auch ein Rettungswagen bestellt, der die Person in ein nahegelegenes Klinikum verbrachte.
Erkenntnisse darüber, wie sich die Person ihre Verletzungen zuzog, liegen dem Polizeipräsidium München nicht vor. Weder wurden durch die Person vor Ort Vorwürfe gegen die eingesetzten Beamten geltend gemacht noch ergaben äußerliche Anzeichen Erkenntnisse auf eine bestehende Verletzung.
Die verletzte Person gab im Krankenhaus gegenüber den sie begleitenden Polizeikräften an, dass sie Schmerzen im Nackenbereich habe. Durch die diensthabenden Ärzte wurde die Diagnose ‚Schädelprellung‘ gestellt. Die betroffene Person verließ das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung noch am selben Tag.“
Frage 22:
Wie oft wurde während der IAA Pfefferspray eingesetzt, in welchen konkreten Situationen/an welchen Orten und – angesichts der Tatsache, dass es keine dokumentierten gewalttätigen Übergriffe auf Personen gegeben hat – mit welcher Begründung?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Insgesamt wurde im Rahmen des Polizeieinsatzes im Umfeld der IAA in folgenden Situationen Pfefferspray eingesetzt:
1. Im Rahmen der Einsatz- und Versammlungslage am 10.9.2021 um die Hausbesetzung in der Karlstraße 20, kam es zu Auseinandersetzungen mit Einsatzkräften. In diesem Zusammenhang musste unmittelbarer Zwang, u.a. durch Pfefferspray, angewendet werden.
2. Im Rahmen der Einsatz- und Versammlungslage auf der Theresienwiese am 10.9.2021 verließen hunderte mit Maleranzügen bekleidete Aktivisten und Aktivistinnen das Klimacamp und wollten die Theresienwiese verlassen. Aufgrund im Vorfeld getätigter Ankündigungen die Infrastruktur der IAA zu blockieren wurden die Aktivisten und Aktivistinnen gestoppt. Im Rahmen der daraus folgenden dynamischen Lage musste unmittelbarer Zwang, u.a. durch Pfefferspray, angewendet werden.
3.Im Rahmen der Versammlung Naturfreunde e.V. kam es am 11.9.2021 in der Luisenstraße zu Auseinandersetzungen mit den Einsatzkräften. In diesem Zusammenhang musste unmittelbarer Zwang, u.a. durch Pfef-
ferspray, eingesetzt werden.“
Frage 23:
Warum hat sich die Polizei nicht an gemachte Zusagen gehalten? Dies betrifft z.B. konkret einen Baumkletterer, dem an der Karlstraße freier Abzug versprochen wurde, der jedoch im weiteren Verlauf der Demonstration an der Theresienwiese kurz vor Eintreffen des Zuges im Klimacamp festgenommen wurde? Wie vereinbart sich dieses Verhalten mit einer zugesagten Deeskalationsstrategie gegenüber den Teilnehmenden des Mobilitätswende-Camps?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Der oben genannte Baumkletterer konnte ohne Identitätsfeststellung vom Baum klettern. Ob eine, von diesem Ereignis unabhängige (spätere) Kontrolle der Person stattfand, kann nicht rekonstruiert werden. An der o.g. Örtlichkeit (Karlstraße 20) wollte eine weitere Aktivistin auf einen Baum klettern. Dies konnte seitens der eingesetzten Kräfte unterbunden werden. Die Person gab an, dass sie Schmerzen habe, weshalb eine poli-zeiliche Begleitung ins Krankenhaus stattfand. Nach Feststellung der Identität wurde diese entlassen.“
Frage 24:
Warum wurden in unmittelbaren Zugangs-Bereich des Mobilitätswendecamps in den ersten beiden Tagen entgegen der ausverhandelten Deeskalationsabsprachen immer wieder Personenkontrollen durchgeführt? Angeblich hat die Polizeihierarchie hier nicht funktioniert und es seien aus- schließlich nicht-bayerische Beamt*innen gewesen, die diese Vorkontrollen durchgeführt haben. Falls dem so ist, warum war es dann ab Donnerstag möglich, die Absprachen einzuhalten und von weiteren Personenkontrollen im unmittelbaren Zugangsbereich zu der genehmigten öffentlichen Versammlung zu verzichten?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Seitens der Polizei wurde eine fortlaufende Beurteilung der Lage durchgeführt. Die Kontrollen von Personen aus dem Mobilitätswendecamp wurden an diese Lagebeurteilungen angepasst und fanden nur bei Vorliegen entsprechender (Gefährdungs-) Erkenntnisse statt. Pauschale Vorkontrollen wurden nicht durchgeführt.“
Frage 25:
Auf dem Odeonsplatz wurden mehrere Personen vorübergehend wegen des Aufhängens eines Transparentes wegen „Hausfriedensbruchs“ festgesetzt. Hausfriedensbruch ist ein Antragsdelikt – hat tatsächlich der Mieter (Mercedes) aus eigenem Antrieb diesen Vorfalls als Hausfriedensbruch eingestuft oder erfolgte das auf Empfehlung/Rücksprache mit Polizeibeamt*innen vor Ort? Die Frage stellt sich deswegen, weil Mercedes nach Vermittlung der parlamentarischen Beobachter*innen den Strafantrag wieder zurückgezogen hat.
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Am 10.9.2021 stürmten zunächst ca. 45 Aktivisten und Aktivistinnen den Open Space am Odeonsplatz. Der Zugang zum Stand von Mercedes-Benz wurde blockiert. Fünf Personen drangen in den Open Space ein und begaben sich auf das Dach des Standes.
Im Rahmen eines Kooperationsgespräches sicherten die Aktivisten und Aktivistinnen das Verlassen des Standes am Odeonsplatz zu, wenn kein Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt wird, woraufhin der Veranstalter von einer Strafantragstellung absah. Von der Durchführung von Anschlussmaßnahmen wurde daher abgesehen.“
Frage 26:
Mit welcher Begründung wurde ein Transparent mit einem Verweis auf Ferdinand Porsche und seine Hintergründe in der NS-Zeit beschlagnahmt und die Personen, die das Transparent zeigten, in Gewahrsam genommen?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Aufgrund der Aufschrift auf dem Transparent bestand der Anfangsverdacht einer Straftat nach dem StGB (§ 189 StGB – Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener). Der Beschuldigte wurde vorläufig festgenommen, in das PP München verbracht und dort nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen. Eine darüber hinausgehende Ingewahrsamnahme des Beschuldigten fand zu keinem Zeitpunkt statt.“
Frage 27:
Wie wird der gesamte Einsatz aufbereitet? Ist zu erwarten, dass die Münchner Polizei hier wieder zu einer Linie der Deeskalation zurückkehrt, statt bewusst falsche Einschätzungen im Vorfeld zu streuen, welche dann die Einsatzhöhe und die Massivität der Einsätze rechtfertigen (Selffullfilling-prophecy)?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Polizeiliche Einsätze werden grundsätzlich nachbereitet. Hierbei werden alle Einsatzphasen, also auch die Einsatzvorbereitung beleuchtet. Umfangreiche bundesweite Lageerkenntnisse sowie entsprechende Ankündigungen aus dem linksextremistischen Spektrum sowie im Vorfeld beispielsweise der Brandanschlag auf einen Stromverteiler im Münchner Osten, boten die Grundlage der polizeilichen Einsatzplanung.
Die im Vorfeld gewonnen Lageerkenntnisse konnten während des Einsatzes durch die Feststellung von diversen Aufrufen zu potentiellen Störaktionen u.a. in sozialen Medien sowie gewalttätigen Aktionen wie zum Beispiel eine Hausbesetzung oder Gewaltdelikte (Körperverletzungen, Widerstandshandlungen, etc.) bestätigt werden. Trotzdem konnten durch frühzeitig ergriffene Präventivmaßnahmen (zum Beispiel Sicherstellungen von Schlagringen, Sekundenklebern, Spraydosen etc.) Störaktionen sowie mögliche Straftaten verhindert werden.
Dem Vorwurf, die Polizei habe im Vorfeld ‚bewusst falsche Einschätzungen‘ gestreut, wird daher auch entschieden entgegen getreten. Losgelöst davon fanden auch friedliche Demonstrationen statt, wie im Messesee und am Wittelsbacher Platz, die polizeilicherseits ermöglicht wurden. Im Übrigen wird auf die schriftliche Anfrage DRs 18/18419 verwiesen.“Auszug aus der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian Siekmann, Katharina Schulze, Claudia Köhler, Christian Hierneis, Dr. Markus Büchler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (DRs 18/18419):
„8. Wie bewertet die Staatsregierung insgesamt den Einsatz der Polizei? Auf Grundlage des polizeilichen Einsatzkonzepts war eine sichere Durchführung der IAA Mobility 2021 jederzeit sichergestellt. Auch wurden mit der Veranstaltung im Zusammenhang stehende Versammlungen überwiegend friedlich und störungsfrei durchgeführt, sodass die Versammlungsfreiheit gewährleistet war und ein polizeiliches Einschreiten nicht erforderlich wurde.
Im Falle von Störungen schritten die polizeilichen Einsatzkräfte zunächst kommunikativ und deeskalierend ein. Im Einzelfall und unter der Voraussetzung, dass Mindermaßnahmen nicht zur Beseitigung von Störungen ausreichend waren, erfolgte stets unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit die Anwendung unmittelbaren Zwangs, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung wiederherzustellen. So wurde beispielsweise bei erheblichen Störungen, wie den gefährlichen Abseilaktionen auf Bundesautobahnen oder der kurzfristigen Besetzung eines Hauses in der Münchner Innenstadt konsequent eingeschritten, um dabei verwirklichte Straftatbestände schnellstmöglich zu unterbinden. Insgesamt war die polizeiliche Einsatzbewältigung anlässlich der IAA Mobility 2021 professionell und in Bezug auf die Auswahl polizeilicher Maßnahmen stets angemessen.“