Gleichbehandlung aller Geflüchteten aus der Ukraine
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 7.3.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihrem Antrag vom 7.3.2022 fordern Sie, dass die Ausländerbehörde München im Kreisverwaltungsreferat beauftragt wird, schnellstmöglich ein Verfahren zu entwickeln, demgemäß die Anwendung des § 24 AufenthG auf Geflüchtete aus der Ukraine nicht davon abhängt, ob die betroffenen Personen die ukrainische Nationalität besitzen. Sollte das nicht im Ermessensspielraum der Ausländerbehörde umsetzbar sein, bitten Sie Herrn Oberbürgermeister Reiter, sich schnellstmöglich bei den entsprechenden bayerischen und Bundesbehörden für eine Gleichbehandlung aller Geflüchteten aus dem Kriegsgebiet einzusetzen.
Die Begründung Ihres Antrages lautet:
„Laut Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration plant die Bundesregierung die Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine auf Grundlage der sog. Massenzustrom-Richtlinie der EU, demzufolge nach § 24 AufenthG zunächst ein Jahr befristetes Aufenthaltsrecht erteilt werden kann, ohne ein Asylverfahren einzuleiten.
Aufgrund der massiven Angriffe russischer Truppen auf verschiedene Städte in der Ukraine ist ein Abschwellen der Massenflucht aus den Kriegsgebieten in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Menschen, die aus der Ukraine vor dem Krieg fliehen, haben jedoch nicht ausschließlich uk- rainische Ausweise. Insbesondere in Universitätsstädten gab es ein reges Austauschprogramm mit Studierenden aus aller Welt. Zudem gab es auch in der Ukraine zahlreiche migrantische Arbeitskräfte, wie auch Geflüchtete aus aller Welt. So lebten dort vor Kriegsbeginn 5.000 afghanische Geflüchtete. Es gibt immer wieder Berichte, dass dieser Personenkreis benachteiligt wird, teilweise sogar rassistischen Anfeindungen unterliegt. Das beginnt bei Belegung der knappen Plätze in Bussen und Bahnen raus aus der Ukraine und zieht sich durch über Grenzkontrollen bis hin zur behördlichen Abwicklung in deutschen Ankunftsstätten. Hier mehren sich Rückmeldungen von People of Color (PoC) aus der Ukraine, die vereinzelt abgewiesen werden mit der Begründung ‚wir sind nur für Ukrainer zuständig‘. Wer zum Ausbruch des Krieges seinen Lebensmittelpunkt zufällig in der Ukraine hatte ist von den gleichen Kriegshandlungen und Kriegsfolgen betroffen wie alle Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft. München als sicherer Hafen muss Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten gleichbehandeln.“Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft den Vollzug des Aufenthaltsgesetzes und eine Initiative des Oberbürgermeisters gegenüber Bundes- und Landesbehörden. Mithin ist Gegenstand Ihres Antrages eine laufende Angelegenheit im Sinne von Art. 37 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO sowie eine Initiative des Oberbürgermeisters. Für beides ist nicht der Stadtrat zuständig, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag auf dem Schriftweg zu beantworten.
Die Ausländerbehörde München hat bereits ein Verfahren etabliert, um allen Personen, die vom Anwendungsbereich des Beschlusses des Rates der EU vom 4. März 2022 (EU) 2022/382 umfasst sind, schnellstmöglich die Beantragung eines Aufenthaltstitels nach § 24 AufenthG zu ermöglichen. Hierfür hält die Ausländerbehörde innerhalb der bewährten Strukturen des Fachbereichs „Asyl“ in der Seidlstraße 27, also in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, eine Sonderarbeitsgruppe vor.
Der Kreis der Antragsberechtigten umfasst dabei nicht nur ukrainische Staatsbürger*innen, sondern auch
-Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittstaaten, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder eine gleichwertige nationale Schutzgewährung genossen haben,
-Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittstaaten, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine einen unbefristeten Aufenthaltstitel innehatten und nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückzukehren,
-Familienangehörige der genannten Personengruppen, wobei der Familienbegriff hier weiter gefasst ist als im deutschen Ausländerrecht und mehr als die Kernfamilie umfasst.
Noch nicht entschieden ist die Anwendung auf Staatsangehörige anderer Drittstaaten, die einen befristeten Aufenthaltstitel für die Ukraine innehatten. Hier prüft die Bundesregierung noch, ob auch diese Personen antragsberechtigt sein sollen. Jedoch ist auch diese Personengruppe keinesfalls schutzlos. Alle Drittstaatsangehörigen, die internationalen Schutz begehren, können sich unterschiedslos im Rahmen der etablierten und bewährten Strukturen an die Ausländerbehörde wenden. Dort werden sie zu ihren Möglichkeiten, insbesondere der Asylantragsstellung beraten.Aktuell sind Personen, die sich vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben, zudem gegenüber Geflüchteten aus anderen Krisengebieten in besonderer Weise privilegiert. Gemäß der „Verordnung zur vorübergehenden Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels von anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen (Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung – UkraineAufenthÜV)“ sind alle Ausländer*innen, die sich vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und bis zum 23. Mai 2022 in das Bundesgebiet eingereist sein werden, bis zum 23. Mai 2022 rückwirkend vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Diese Personen können zudem ohne Nachholung eines Visumverfahrens einen Aufenthaltstitel im Inland beantragen.
Damit ist dem vorliegenden Antrag im Ergebnis bereits entsprochen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.