Erneuerbare Energien statt neuem Gas- und Dampfkraftwerk (GuD3) am Standort Nord?
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Rathaus Umschau 78 / 2022, veröffentlicht am 25.04.2022
Erneuerbare Energien statt neuem Gas- und Dampfkraftwerk (GuD3) am Standort Nord?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner, Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) und Dirk Höpner, Nicola Holtmann, Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 17.11.2021
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 17.11.2021 führten Sie als Begründung aus:
„Neben der Nachricht über ein mögliches kurzfristiges Ende der Kohleverbrennung in München, konnte in der Presse der letzten Wochen auch vernommen werden, dass die Planungen für ein neues Gaskraftwerk am Standort Nord Geschichte sein könnten und stattdessen der Ausbau Er- neuerbarer Energien vorangetrieben werden könnte. Helge-Uve Braun aus der Geschäftsführung der Stadtwerke wird in der Süddeutschen Zeitung zitiert, dass die umstrittene Gas- und Dampfturbinenanlage ‚im Moment kein Thema‘ mehr sei. Laut Bericht fanden im September gemeinsame Gespräche zwischen den SWM und der Gemeinde Unterföhring statt, von denen der Stadtrat München bislang nicht informiert wurde. Anschließend hat die SPD-Unterföhring den Vorschlag einer gemeinsamen Geothermie-Anlage am Standort Nord ins Spiel gebracht. Von Seiten der SWM gibt es dazu positive Signale. Möglich ist, dass solche Vorschläge über die Zu- kunft des Standortes Nord zuvor auf dem gemeinsamen Gespräch besprochen wurden. Es ist nötig, dass auch der Stadtrat über die Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten wird. Eine Bearbeitung der Anfrage bis zur Vorstellung der Wärmestudie im Stadtrat am 7. Dezember 2021 wäre dafür wünschenswert.“
Die um Prüfung und Stellungnahme gebetene Stadtwerke München GmbH (SWM) teilte Folgendes mit:
Frage 1:
Haben die Stadtwerke München der Gemeinde Unterföhring als Alternative zur GuD3 u.a. eine neu zu errichtende Geothermieanlage am Standort HKW Nord vorgeschlagen?
Antwort:
Im Gemeinderat der Gemeinde Unterföhring erfolgte am 13.9.2021 die Vorstellung mehrerer Optionen für die Strom- und Wärmeerzeugung für den Standort Nord.Hierbei wird, entsprechend dem Ziel für eine möglichst zeitnahe ökologische Fernwärmeversorgung, seitens SWM auch eine Geothermieanlage als Option am Standort gesehen.
Frage 2:
Sind weitere Energie-Anlagen auf erneuerbarer Basis (z.B. Biomasse-(Holz-)Heizkraftwerke, Photovoltaik-Anlagen, Strom-Kessel auf Basis „grünem“ Stroms oder andere) für den bisherigen Standort der GuD3 geplant bzw. in der Diskussion mit der Gemeinde Unterföhring? Wenn ja, welche?
Antwort:
Neben einer Geothermieanlage sehen die SWM die Möglichkeit zur Nutzung von Biomasse am Standort Nord. Hierdurch soll, abhängig von der Erzeugungsleistung, fossiler Brennstoff im Block 2 reduziert werden. Ebenso werden Photovoltaik und Power to Heat (Elektro-Kessel) konzeptionell betrachtet. Diese Anlagen befinden sich auf dem Standort des HKW-Nord, aber nicht auf dem für die GuD3 vorgesehenen Standort. Dieser Standort dient als Vorhaltefläche für eine eventuelle Erneuerung der thermischen Abfallverwertung.
Frage 3:
Sind weitere Energie-Anlagen auf erneuerbarer Basis (siehe oben) am Standort Nord geplant und der Gemeinde Unterföhring vorgeschlagen?
Antwort:
Es existieren keine weiteren konkreten Planungen (siehe Frage 2).
Frage 4:
Bedeutet der Vorschlag der Stadtwerke München, dass sie künftig auf neue fossil-betriebene Anlagen im HKW Nord verzichten werden?
Antwort:
Die SWM haben für den Standort HKW Nord Vorschläge für neue Anlagen erarbeitet, die eine CO₂-neutrale Strom- und Wärmeerzeugung ermöglichen.
Jede zusätzliche erneuerbare Anlage ermöglicht eine weitere Reduktion des Einsatzes von fossilen Brennstoffen. Sollte jedoch nach Umsetzung der möglichen ökologischen alternativen Wärmeerzeugungsanlagen immer noch eine Deckungslücke vorhanden sein, sehen die SWM in zunächst fossil betriebenen Spitzenlast-Heizwerken zur Besicherung eine Lösung. Dies wurde im Übrigen durch das Öko Institut in der Wärmestudie ebensobeurteilt. Diese Heizwerke könnten, bei ausreichendem Vorhandensein zu wirtschaftlichen Konditionen auf Wasserstoff umgestellt werden.
Frage 5:
Ist der Bau eines Gas- und Dampfkraftwerkes (GuD3) am Standort des HKW Nord nun endgültig vom Tisch? Werden die Stadtwerke München das mit dem UVP-Scoping bereits begonnene BIm-SchG-Genehmigungsverfahren für eine neue GuD3 nunmehr mit sofortiger Wirkung auch öffent- lich und förmlich beenden?
Antwort:
Auf Grund der Systemrelevanz in der Stromversorgung und der Notwendigkeit des Block 2 für die Sicherstellung der Fernwärmeversorgung ist eine Abschaltung und ein damit verbundener Ausstieg aus der Steinkohlenutzung nicht ohne Ersatzanlage möglich. In einer neuen GuD, welche perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden sollte, sahen die SWM die bestmögliche ökologische Alternative.
Mit einer Umrüstung des Block 2 auf Erdgas könnte dann auf eine neue GuD am Standort Nord komplett verzichtet werden. Damit könnte auch mehr Zeit gewonnen werden, um alternative Konzepte für eine zum System passende nachhaltige Lösung zu entwickeln. Die Umstellung auf Gas wurde nun – aufgrund der durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine geprägten Lage an den Energiemärkten – zur Erhöhung der Versorgungssicherheit mit Zustimmung des Stadtrates zunächst um ein Jahr verschoben. Die SWM werden die Lage weiterhin beobachten und zu gegebener Zeit Vorschläge zum weiteren Vorgehen unterbreiten.
Frage 6:
Welche Gründe waren für diesen Sinneswandel der SWM ausschlaggebend? Ist der Bebauungsplan der Gemeinde Unterföhring der wesentliche Grund?
Antwort:
Wie bereits erläutert, halten die SWM eine effiziente GuD-Anlage, die bereits H2-ready konzipiert wird, für eine sinnvolle Lösung, die mit den Anforderungen der Bundesnetzagentur und den Klimaschutzzielen der LHM in Einklang stehen würde. Die Ablehnung vor Ort sowie die rechtlichen Schwierigkeiten haben die SWM jedoch dazu bewogen, der Gemeinde die oben geschilderten Vorschläge zu unterbreiten.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.