Grüne-rote Totalelimination der Parkplätze und planwirtschaftliche Enteignung der Erdgeschoßflächen in der Altstadt?
Anfrage Stadträte Hans-Peter Mehling und Professor Dr. Hans Theiss (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 17.2.2023
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 17.2.2023 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird. Die verspätete Beantwortung Ihrer Anfrage bitten wir zu entschuldigen.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„In einem Medienbericht wird die Planungsreferentin Prof. Dr. (I) Elisabeth Merk auf einem Podium zitiert: ‚Alle Oberflächenparkplätze müssen weg. Es geht nicht anders. Zumindest in der Altstadt ist das so. Es geht um große räumliche Zusammenhänge. Dazu braucht es eine radikale Ent- scheidung.‘ Des Weiteren führte Frau Prof. Dr. (I) Elisabeth Merk wohl aus: ‚Dann habe ich aber noch einen ziemlichen Hardcore-Punkt, der heißt Erdgeschoßsteuer.
Also ich meine, dass bei einer Immobilie das Erdgeschoß zu einem Drittel wirklich der Öffentlichkeit, und zwar nicht kommerziell zur Verfügung gestellt werden sollte. Also so ein Incentive, und ja, wir haben ja genug Juristen, die sollen sich das mal ausdenken, wie wir das umsetzen können.‘“
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in der Anfrage die Äußerungen von Frau Prof. Dr. (Univ. Florenz) Merk in dem erwähnten Medienbericht aus dem Zusammenhang herausgegriffen sind, wodurch nun ein falscher Eindruck erweckt wurde. Insbesondere der in der Anfrage entwickelte Enteignungskontext ist nicht gegeben.
In der zitierten Veranstaltung „Innenstadt weiterdenken“, die im Rahmen der Jahresausstellung des Referats der Stadtplanung und Bauordnung „Öffentlicher Raum für alle“ am 2. Februar 2023 in der Rathausgalerie stattgefunden hat, wurden Visionen und Zukunftsbilder für die Münchner Innenstadt diskutiert, die über den Status Quo hinausreichen. Daher sind die Äußerungen der Stadtbaurätin nicht im konkreten Zusammenhang mit bereits im Stadtrat abgestimmten und beschlossenen Konzepten oder Planungen zu sehen.
Die Innenstadt München befindet sich in einer Transformation. Mit der aktuellen Fortschreibung des Innenstadtkonzeptes auf Basis eines Handlungsraumkonzeptes gelingt eine integrierte Betrachtung, die alle Aspektein einem Zukunftsbild für die Münchner Innenstadt bündelt. Die Äußerungen von Frau Prof. Dr. (Univ. Florenz) Merk sind vor dem Hintergrund dieser aktuellen stadtplanerischen Fachdiskussion sowie des Wunsches der Münchener Stadtbevölkerung nach mehr Aufenthaltsqualität und mehr Grün einzuordnen.
Im Rahmen von „Innenstadt weiterdenken – ein Zukunftsbild für München“ finden hierzu Bürgerbeteiligungen statt. Auch die Anforderungen an eine klimaresiliente Innen- und Altstadt und die bestehende Beschlusslage „Autofreie Altstadt“ sind hier zu berücksichtigen. Zudem sollen die Leitziele und Planungen für verschiedene Freiräume gemäß Beschlussvorlage (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 07388 vertagt vom PlanA am 8.3.2023, 29.3.2023 und für 3.5.2023 vorgesehen) des Freiraumquartierskonzeptes Innenstadt umgesetzt werden.
Vor diesem Hintergrund stellen Sie folgende Fragen:
Frage 1:
Sollen wirklich alle oberirdischen Parkplätze in der Altstadt gestrichen werden? Falls ja – bis wann ist dies beabsichtigt?
Antwort:
Auch in Zukunft muss die Innen- und Altstadt mit verschiedenen Verkehrsmitteln erreichbar bleiben und über einen gewissen Umfang an Stellplätzen für Anwohner*innen sowie Gewerbe verfügen. Im Sinn einer attraktiven und lebenswerten Innenstadt sollen der Autoverkehr und die oberirdischen Parkmöglichkeiten längerfristig deutlich reduziert werden (Grundsatzbeschluss „Autofreie Altstadt“ vom 10.5.2019; Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 14478).
Im Rahmen von Überlegungen zu mehr Grün und Raum in der Innen- und Altstadt sind die Interessen der Münchener Bevölkerung, der Gewerbetreibenden sowie von Anwohner*innen vor Ort in einen sachgerechten und langfristigen Ausgleich zu bringen.
Das Mobilitätsreferat führt hierzu aus:
„Das Mobilitätsreferat ist beauftragt, ein Städtebauliches Verkehrskonzept für den Parkraum in der Altstadt, in Zusammenarbeit mit weiteren Dienststellen der Stadtverwaltung, den Stadtwerken München/Münchner Verkehrsgesellschaft mbH und der Wirtschaft (Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, Handwerkskammer für München und Oberbayern, Handelsverband Bayern und CityPartnerMünchen e.V. etc.) zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit der Referate und Einbindung von Verbänden, Beiräten, Politik, Anwohner*innen sowie Unternehmen erfolgt wie imGrundsatzbeschluss ‚Autofreie Altstadt‘ und ‚Altstadt-Radlring‘ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 14478) am 26.6.2019 beschlossen.
Der Vergabebeschluss zu diesem Verkehrskonzept wurde am 8.11.2022 (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 08073) beschlossen. Die Konzeptvergabe erfolgte im April 2023. Das Mobilitätsreferat legt dem Stadtrat vrsl. 2024 ein räumliches Umsetzungskonzept vor.“
Frage 2:
Sind die Gespräche von Seiten der Landeshauptstadt München mit Vertreterinnen und Vertretern der Anwohnerschaft im Tal zu dessen Umgestaltung abgeschlossen und werden die Vorschläge der Anwohnerschaft respektiert?
Antwort:
Das Mobilitätsreferat führt hierzu aus:
„Tal-Bewohner*innen und die Bürgerinitiative Tal stehen mit unterschiedlichen Anliegen in Kontakt mit mehreren Dienststellen der Stadtverwaltung. In Bezug auf die Umgestaltung des Tals werden Öffentlichkeit, Anlieger*innen, Bewohner*innen, Gewerbe, Verbände, Bürgerinitiative Tal, etc. weiterhin eng einbezogen. Die Stadtverwaltung arbeitet mit Hochdruck an der Umsetzung des Stadtratsauftrags zum Tal (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 06570) vom 20.7.2022. Die aus dem Stadtratsbeschluss resultierenden Prüfaufträge sind in Arbeit. Alle Anmerkungen, Vorschläge und Rückmeldungen, die an die Stadtverwaltung herangetragen werden, werden wertschätzend aufgenommen und fließen, soweit umsetzbar, in die Planungs- und Entscheidungsprozesse mit ein.“
Frage 3:
Ist wirklich geplant, Erdgeschoßflächen in Teilen zu enteignen und auch gegen den Willen der Eigentümer der Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Wurden Juristen oder andere Mitarbeiter im Planungsreferat beauftragt, hier Vorschläge zu erarbeiten?
Antwort:
Nein. Es gibt keine Planungen Erdgeschossflächen gegen den Willen der Eigentümer*innen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder gar in Teilen zu enteignen. Es gibt auch keine Aufträge an Mitarbeiter*innen im Referat für Stadtplanung und Bauordnung entsprechende Vorschläge zu erarbeiten.Es handelt sich um Überlegungen, Erdgeschosszonen in den Innenstädten attraktiver zu gestalten und sie durch eine urbane Nutzungsmischung mehr zu beleben.
Die Öffentlichkeit wünscht sich mehr Aufenthaltsqualität und kleinteilige Erdgeschosszonen mit einem möglichst vielfältigen Kunst- und Kulturangebot sowie konsumfreien Räumen.
Zudem hat der Handel Ideen zu neuen, innovativen Konzepten.
Auswirkungen des Online-Handels, die Jahre der Corona-Pandemie sowie die Klimaveränderungen verändern die Münchner Innenstadt. Diese Transformation muss zielführend und nachhaltig begleitet, Lösungen entwickelt werden. Dies erfolgt im Rahmen der Fortschreibung des Innenstadtkonzeptes. Erdgeschosszonen und ihrer zukünftigen Nutzung kommt hierbei eine bedeutende Rolle zu. Sie vermitteln zwischen privatem und öffentlichem Raum und sind wichtige soziale Begegnungszonen.
Stadtbaurätin Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk lädt die Verfasser der Anfrage ein, sich auszutauschen und über konstruktive Lösungsansätze Innenstadtentwicklung zu beraten.
Frage 4:
Sind die Aussagen der Planungsreferentin mit der Stadtspitze und den Fraktionen von Die Grünen/Rosa Liste sowie SPD/VOLT abgestimmt oder handelt es sich um einen Alleingang?
Antwort:
Es wird auf die obigen Ausführungen verwiesen