Preisvergaben: Stadt fördert Münchens Film- und Kinoszene
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Rathaus Umschau 86 / 2023, veröffentlicht am 05.05.2023
Auch in diesem Jahr unterstützt und fördert die Stadt Münchens Film- und Kinoszene und vergibt Preise an den Regie-Nachwuchs für künstlerisch herausragende Projekte sowie an Programmkinos für einen kulturell anspruchsvollen Spielbetrieb. Über die Vergabe entschied der Kulturausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 4. Mai, auf Empfehlung einer Jury.
Die jährlich vergebenen und mit jeweils 8.000 Euro dotierten drei Starter-Filmpreise 2023 gehen an Nikita Gibalenko für „I See Them Bloom“, an Viktor Schimpf für „Machines of Loving Grace“ und an Marie Zrenner für „Alex in den Feldern“. Der Starter-Filmpreis / Produktion 2023, gestiftet von PHAROS – The Post Group, als geldwerte Leistung in Höhe von 8.000 Euro für die Postproduktion eines künftigen Films geht an Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko für „Aralkum“. Die Preisverleihung der Starter-Filmpreise findet in diesem Jahr wieder im Rahmen des Filmfestes München statt.
Die neun Kinoprogrammpreise werden in Höhe von jeweils 7.500 Euro vergeben an: City-Atelier (City-Kinos) – Bruno Börger und Heinrich-Georg Kloster, Filmtheater Sendlinger Tor – Fritz und Christoph Preßmar, Leopold Kino – Thomas Kuchenreuther, Monopol Kino – Markus Eisele und Christian Pfeil, NEUES MAXIM – Anne Harder, Neues Rottmann – Thomas Wilhelm, Studio Isabella – Louis Anschütz und Hermine Bek, Theatiner Film – Marlies Kirchner, Werkstattkino e.V. – Wolfgang Bihlmeir, Bernd Brehmer, Doris Kuhn und Erich Wagner.
Auszüge aus den Jurybegründungen der Starter-Filmpreise 2023: „Starter-Filmpreis 2023: ‚I SEE THEM BLOOM‘ – Nikita Gibalenko
Nastya und Eugenia sind Schwestern, die vor dem Krieg in der Ukraine nach München geflüchtet sind und bei einem jungen Studentenpaar unter- kommen. Übergangslos werden sie in ein anderes Leben katapultiert. Regisseur, Drehbuchautor und Editor Nikita Gibalenko, der die Ukraine bereits 2013 verlassen und an der HFF München studiert hat, weiß, wie es sich anfühlt, hier in Sicherheit zu sein und sich dafür schuldig zu fühlen. Dieses Dilemma lotet seine sensibel erzählte Geschichte ‚I SEE THEM BLOOM‘ aus. Während Nastya von der neuen Welt fasziniert ist, kann Eugenia nicht aus ihrer Haut und fühlt sich fremd. (…) Mit sensibler Kameraführung und klugen Bild-Ton-Verschränkungen fängt der Regisseur die Zerrissenheit ein und kontrastiert damit das friedliche Leben im Gastgeberland, ohne des- sen Sorglosigkeit moralisch zu bewerten. (...)
Starter-Filmpreis 2023: ‚Machines of Loving Grace‘ – Viktor Schimpf
München, September 2020: Auf von Autos verlassenen Straßen wachsen Pflanzen, Diversität ist selbstverständlich und die Menschen unterstützen sich gegenseitig. In einem Gewächshaus erschafft Forscherin Frances eine mächtige Künstliche Intelligenz. Je mehr diese über die Welt und die Menschen lernt, desto mehr entwickelt sie eine eigene Haltung zu den bestehenden Verhältnissen. (...) Visuell beeindruckend, mit klug gewählten Erzählperspektiven, zeigt uns ‚Machines of Loving Grace‘ eine Welt, in der die Würde und Individualität jedes Menschen respektiert wird. (…) Eine Welt, die vielsprachig, grün und von einem humanistischen Weltbild ge- prägt ist. Das alles schafft Regisseur Viktor Schimpf mit einer spielerischen Selbstverständlichkeit, ohne erhobenen Zeigefinger. (...)
Starter-Filmpreis 2023: ‚Alex in den Feldern‘ – Marie Zrenner
Da kommt einer. Woher? Warum? Er kommt über die Felder. Ein junger ‚Stranger‘, eher ein Milchgesicht als ein Starker. Er kommt zu einem Hof, zur Schweinemast, wo er auf einen anderen trifft, der zur Resozialisierung hier ist. Er ist stärker, gewöhnt an die Arbeit in der Landwirtschaft und sich bewusst, dass Verstöße gegen die Regeln gravierende Folgen haben können. Die beiden umkreisen sich. Regisseurin Marie Zrenner ist in ‚Alex in den Feldern‘ ein behutsames und kluges Psychogramm gelungen, das von beobachteten Gesten und Unausgesprochenem lebt. (...) Zwei junge Boys, zwei Seelen, zwei Lebenswege. Und wenn in der abgedunkelten Dorfkneipe einer der beiden tanzt, alkoholisiert, gänzlich für sich, lächelnd, mit der Kippe in der Hand, lost in music, mit grandioser Kameraarbeit abgebildet, gespiegelt im Blick des anderen – dann gehört dies zu den einprägsamsten und schönsten Kinoszenen der letzten Zeit. Ein sehr klug inszenierter Film einer Regisseurin, von der wir mehr sehen wollen!
Starter-Filmpreis/Produktion 2023: ‚Aralkum‘ – Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko
Das Verschwinden selbst, das Alleinsein des Menschen im Anthropozän, fasst ‚Aralkum‘ weit über sein spezifisches Anschauungsobjekt, den Aralsee, hinaus in Bilder. Etwas ziemlich Unfilmbares also. Nicht Landschaft, sondern Tierpräparate stehen am Anfang, später sehen wir resistente Wüs- tenpflanzen, dann erst Menschen, die weniger leben als ihr Dasein fristen. In ‚Aralkum‘ durchzieht das Vergangene die Gegenwart mit fossilen Spu- ren, nur durch die Bild-Ton-Montage ist die Vergangenheit zu reanimieren. Ein Film als Essay, der den Zuschauer mit drängenden Fragen zurücklässt. Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko haben ‚Aralkum‘ mit viel Recher- che und wenig Geld produziert. (…) Die Werke der beiden Studenten der Hochschule für Fernsehen und Film sind mehr als filmische Versprechen, sie sind künstlerisch ausgereift – und von einer Konsequenz, wie sie in der heutigen Filmlandschaft nur noch schwer zu realisieren ist. (...)“ Die vollständigen Jurybegründungen der Starter-Filmpreise können unter www.muenchen.de/starter-filmpreis und der Kinoprogrammpreise unter www.muenchen.de/kinoprogrammpreis nachgelesen werden.