Der diesjährige Theaterpreis der Stadt München wird an die Performancekünstlerin Ruth Geiersberger vergeben. Dies beschloss der Kulturausschuss der Landeshauptstadt München auf Empfehlung der Jury in seiner Sitzung am Donnerstag, 4. Mai.
Der Theaterpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle drei Jahre für das herausragende Gesamtkunstwerk von Persönlichkeiten oder Ensembles vergeben, die in München oder der Region München leben bzw. ihre Wirkungsstätte haben und/oder deren Arbeit mit dem Theaterleben Münchens eng verknüpft ist. Ausgezeichnet werden besondere Leistungen in allen Bereichen des Theaterschaffens und Persönlichkeiten, die München als Theaterstadt Geltung und Ansehen verschaffen.
Die Begründung der Jury:
„Ruth Geiersberger ist seit über 30 Jahren eine Institution der freien Münchner Theater- und Performanceszene. Die Theatermacherin, Autorin, Sprecherin, Performerin und Produzentin ihrer eigenen Stücke entwickelt mit großem Ideenreichtum und bemerkenswertem Durchhaltevermögen seit Jahrzehnten ortsspezifische, partizipative und inklusive Arbeiten. Für ihre künstlerischen Projekte, ‚Verrichtungen‘, wie sie es selbst nennt, verbündete sie sich stets mit anderen Künstler*innen, Musiker*innen, Tänzer*innen, Expert*innen und Laien verschiedener Generationen und Hintergründe. Auf innovative und gleichzeitig unterhaltsame Weise gelingt es ihr, überraschende Verbindungen zwischen Kunst und Alltag herzustellen, feinsinnig Bedeutungskontexte zu verschieben und alle nur denkbaren öffentlichen und privaten Räume – in ihren Worten ‚Alltagsparadiese‘ – für sich und ihr Publikum neu zu erschließen.
Ihre Anfänge als Performerin liegen in der Münchner Off-Theater Szene bei Projekten mit Manfred Killer, der Comedia Opera Instabile und Gert Neuner. 1988 tritt sie mit anderen Münchner Künstler*innen bei der Olympiade in Seoul auf. Seit 1990 zeigt sie eigene Arbeiten, wie die Performances ‚Geharnischte Engel oder Wie schreibt man Gemütlichkeit‘, ‚Habseligkeiten – Stand der Dinge‘, das ‚Rollatorenkonzert‘ mit Senior*innen im Stadtraum oder ‚auf Räumen‘, eine Wohnungsbegehung mit Publikum. Legendär ist die Arbeit ‚Im Abseits – Boxenstopp‘, ein Serviceangebot für Fans der Fußball WM 2006. Im Hoch X lädt sie zu ‚Kettenreaktion‘, einem Dialog zwischen zwei Vertreter*innen verschiedener Generationen ein und in der Reihe ‚Wortwechsel und Widerworte‘ im Theater am Sozialamt bringt sie jeweils eine*n Handwerker*in und eine*n Künstler*in ins Gespräch, um dann nach einer kurzen Pause in einer unglaublichen Wort-, Gesangs- und Stimmkaskade das vorher Gehörte als gesungenes und gesprochenes ‚Protokoll‘ mit musikalischer Begleitung vorzutragen. Ruth Geiersbergers künstlerisches Schaffen ist auch der lebendige Nachweis dafür, dass freie Szene nicht nur frei von finanzieller Absicherung bedeutet, sondern von einer Experimentierfreude zeugt, die ästhetische Erlebnisse und Ergebnisse ermöglicht, die in einem starren, institutionellen Rahmen kaum herstellbar sind. Denn ihre konzeptionellen Ansätze sind so vielfältig wie ihre Formate und tragen doch eine unverkennbar eigen- ständige Handschrift: immer beginnt alles sehr konkret, an einem Ort, mit einem Satz, mit einem Gegenüber, einer Verbündeten. Immer geht es um
das Eröffnen neuer Kommunikationssituationen, das Erweitern von Denkräumen und das Herstellen außergewöhnlicher Begegnungen. Verbunden mit der ungeahnten Virtuosität ihrer Laut- und Sprachakrobatik stellt sie vielschichtige, fragile und unvergessliche künstlerische Momente her.“ Weitere Informationen zum Preis unter www.muenchen.de/theaterpreis.